# taz.de -- Krakaus Bürger stimmen gegen Olympia: Im Westen nichts Teures
       
       > Auch Krakaus Bürger stimmen gegen eine Bewerbung für Olympia 2022. Gibt
       > es die Spiele bald nur noch in Autokratien?
       
 (IMG) Bild: Olympische Absage: In Krakau (hier der Marktplatz) hat man keinen Bock auf das kostspielige Mega-Event
       
       Das IOC hat ein Problem. Der Westen verabschiedet sich von den Spielen. Am
       Wochenende hat auch die Bevölkerung von Krakau nein gesagt. 69,7 Prozent
       der Bürger stimmten gegen die Olympiabewerbung ihrer Stadt für die
       Winterspiele 2022. Mit einer Wahlbeteiligung von nahezu 36 Prozent ist das
       Referendum gültig. Wahrscheinlich zieht das Organisationskomitee der
       polnischen Stadt nun seine Bewerbung zurück.
       
       Krakau ist kein Einzelfall. Immer wieder heißt es in demokratisch
       verfassten Nationen: zu teuer, zu megaloman, zu fremdgesteuert. Die
       Olympischen Winterspiele drohen bei all der Zurückhaltung des Westens mehr
       und mehr zu einer Leistungsschau von autokratischen Regimen zu verkommen.
       Wo die Gewalt gemeinhin vom Volke ausgeht, wird es schwieriger für die
       Verwalter des größten Sportfestes der Welt.
       
       Im November des vergangenen Jahres hatten die Bürger Münchens und der
       Gemeinden Traunstein, Berchtesgaden und Garmisch-Partenkirchen etwas gegen
       einen Deal mit dem IOC. Ein ähnliches Bild bot sich im schweizerischen
       Graubünden: Vor gut einem Jahr votierten fast 53 Prozent gegen eine
       Bewerbung ums milliardenteure Winterspektakel 2022.
       
       Auch die Stockholmer hatten keine Lust auf ein Mega-Event im Zeichen der
       fünf Ringe. „Es ist immer angenehmer ja als nein zu sagen, aber wir müssen
       nun mal harte Entscheidungen treffen“, sagte Stockholms Bürgermeister Sten
       Nordin seinerzeit. „Ich finde es gut, große Events dieser Art auszurichten,
       aber wir haben Zweifel, was das veranschlagte Budget angeht“, sagte
       Sportministerin Lena Adelsohn. Unter den Eindrücken der Sotschi-Spiele, die
       alles in allem etwa 40 Milliarden Euro gekostet haben, wird mehr denn je
       abgewogen, ob es nicht sinnvoller ist, ins Schulsystem zu investieren statt
       in eine neue Rodelbahn.
       
       ## IOC-Präsident nicht begeistert
       
       Das sehen sogar die wintersportverrückten Norweger so. Oslo hat sich
       gleichfalls um die Winterspiele 2022 beworben. Aber aus der mehrheitlichen
       Zustimmung, die noch im Herbst 2013 messbar war, ist mittlerweile
       Olympiaskepsis geworden. Nur noch ein Drittel der Osloer soll für die
       Spiele sein, ermittelte die Tageszeitung Klassekampen in einer Umfrage.
       
       IOC-Präsident Thomas Bach, der kürzlich im Land der Schären war, zeigte
       sich wenig begeistert vom Ergebnis dieser Befragung. Auf die ablehnende
       Haltung der Osloer Bürger angesprochen, sagte der deutsche Sportfunktionär:
       „Wir sind noch ein Jahr von der Entscheidung entfernt, da ist es viel zu
       früh, aus einer Meinungsumfrage ein Urteil abzulesen. Dem IOC ist es aber
       wichtig, die Athleten in ein Land zu schicken, in dem sie auch willkommen
       sind.“
       
       Also eher nicht nach Norwegen, denn auch in der Politik finden die
       Winterspiele wenig Unterstützung: Eine der beiden Regierungsparteien, die
       Fortschrittspartei, hat sich gegen eine Staatsbürgschaft von 34 Milliarden
       norwegischen Kronen (4 Milliarden Euro) ausgesprochen. Sie argumentierte,
       das Geld solle besser in Infrastruktur, Steuererleichterungen und Bildung
       gesteckt werden.
       
       ## Vorbehalte und Lustlosigkeit
       
       Thomas Bach findet aber nicht, dass Olympia für westliche Staaten besonders
       teuer ist, denn hier sei ja infrastrukturell nicht so viel zu leisten wie
       in Schwellenländern. „Die Menschen haben den Eindruck, dass die Olympischen
       Spiele mehr und mehr kosten, vor allem in Verbindung mit Sotschi – das ist
       falsch“, sagte Bach, der mit seinem Altherrenklub im nächsten Jahr in Kuala
       Lumpur über die Vergabe der Winterspiele 2022 entscheidet.
       
       Obwohl die Deutschen, Schweden, Norweger, Polen und Schweizer Vorbehalte
       oder gar keine Lust mehr auf Winterolympia 2022 haben und Lwiw als
       Prätendent der krisengeschüttelten Ukraine wohl chancenlos ist, sind noch
       zwei heiße Eisen im olympischen Fegefeuer: Peking und Almaty. In Kasachstan
       und China gibt es eher weniger Probleme mit Neinsagern.
       
       In Peking mit dem Alpin-Ableger Zhangjiakou liegt die Pro-Quote bei über 90
       Prozent, Almaty kann über 60 Prozent Olympiabegeisterte vorweisen und
       obendrein die kürzesten Wege von allen. Die berühmte Eisschnelllaufbahn
       Medeo kennen nicht nur die IOC-Bosse, und was den Funktionären ebenfalls
       gefallen dürfte: Seit 1991 wird der neuntgrößte Flächenstaat der Erde vom
       mittlerweile 73 Jahre alten Präsidenten Nursultan Nasarbajew autokratisch
       regiert.
       
       26 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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