# taz.de -- Sportförderung für Schach gestrichen: Ein Bauernopfer
       
       > Schach ist kein Sport, findet das Bundesinnenministerium und streicht die
       > Fördergelder von 130.000 Euro. Die Szene ist empört.
       
 (IMG) Bild: Sehr sportlich: Schachaficionados in der Ukraine.
       
       Am kommenden Sonntag wird Daniel Fridman, deutscher Schach-Großmeister und
       derzeitige Nummer 140 der Weltrangliste, wieder Geld für einen guten Zweck
       sammeln. Wie schon in den vergangenen zwei Jahren nimmt Fridman an einem
       Simultanschach-Turnier in Bochum teil. Gegen 24 Gegner gleichzeitig dreht
       er immer wieder seine Runden. Zug um Zug geht er von Brett zu Brett.
       
       „In der Regel treiben mir höchstens gegnerische Spielzüge die Schweißperlen
       auf die Stirn, aber man sollte die körperliche Anstrengung nicht
       verachten“, sagt er. „Dazu kommt die hohe Konzentration über einen so
       langen Zeitraum.“ Sportlich, sportlich, sollte man meinen. Das
       Bundesministerium des Innern (BMI) scheint das anders zu sehen.
       
       Dort hat man dem Deutschen Schachbund (DSB) vor knapp zwei Wochen die
       Fördergelder gestrichen. Auf null. Rund 130.000 Euro gab es in der
       Vergangenheit jährlich. Das Geld kam den rund 2.200 Vereinen und
       insbesondere der Talentförderung zugute. Begründet hat man diese
       Entscheidung mit der fehlenden „notwendigen motorischen Eigenleistung“. Es
       stellt sich also die Frage: Ist Schach kein Sport?
       
       Beim Schachverband stößt diese Argumentation auf großes Unverständnis. „Wir
       werden dieses Kriterium mit allem angreifen, was möglich ist. Das ist doch
       völliger Unsinn!“, sagt Herbert Bastian, Präsident des DSB. „Nach unserer
       Auffassung hat das in einer zeitgemäßen Definition für Sport nichts mehr zu
       suchen.“ Auch Fridman widerspricht energisch: „Für mich ist diese
       Begründung nicht nachzuvollziehen. 80 Jahre lang waren wir Sport und
       plötzlich nicht mehr? Was hat sich geändert?“
       
       ## Ausnahme vom DOSB
       
       Sowohl vom Internationalen Olympischen Komitee als auch vom Deutschen
       Olympischen Sportbund (DOSB) wird Schach offiziell als Sportart anerkannt.
       Das Innenministerium scheint dem Schach diesen Status mit seiner
       Entscheidung nun abzusprechen. Beim BMI selbst will man sich dazu jedoch
       nicht weiter äußern. Anfragen der taz blieben bis Donnerstag unbeantwortet.
       
       Auf Seiten des Schachbundes ist man erleichtert, dass man wenigstens auf
       die Unterstützung des DOSB bauen kann. Dieser versicherte unlängst in einer
       offiziellen Stellungnahme, dass die Mitgliederversammlung für die
       sogenannte Förderwürdigkeit des Schachsports votiert habe. In den neuen
       Förderrichtlinien ist ein expliziter Bestandsschutz zwar nicht mehr
       enthalten, allerdings hat man sich dafür ausgesprochen, „für den
       Schachsport eine Ausnahme zu machen und ihn weiterhin zu fördern“.
       
       Ob das Innenministerium jedoch tatsächlich der Empfehlung des DOSB
       nachkommen wird und die Förderung fortsetzen wird, scheint fraglich.
       Wahrscheinlicher ist es, dass auch andere Sportfachverbände den Rotstift
       des BMI fürchten müssen. Inwieweit diesen ebenfalls die Sporttauglichkeit
       abgesprochen wird, bleibt abzuwarten.
       
       Wie die Zukunft des DSB aussieht, sollten die Fördergelder tatsächlich
       komplett wegfallen, ist noch ungewiss. Beim Schachverband versucht man sich
       mit dem Worst-Case-Szenario noch nicht auseinandersetzen. „Wir wollen um
       unseren Platz in diesem Sportsystem kämpfen“, betont Bastian beherzt, „aber
       eigentlich geht es für uns um viel mehr. Für uns geht es darum, dass Schach
       eine vollwertige Sportart ist.“
       
       Daniel Fridman wird im August an der 41. Schacholympiade in Norwegen
       teilnehmen, um die zuletzt guten Leistungen zu bestätigen. Er versichert,
       dass es dort sehr sportlich zugehen wird und die Chancen, ins Schwitzen zu
       kommen, noch größer sind, auch wenn er nicht so viel laufen muss wie am
       kommenden Sonntag.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Honekamp
       
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