# taz.de -- NSA-Whistleblower Snowden: Schlagabtausch mit Weißem Haus
       
       > Edward Snowden will nach Hause, aber nicht in den Knast. US-Außenminister
       > Kerry findet: Der „Feigling“ soll sich „wie ein Mann der Justiz stellen“.
       
 (IMG) Bild: Leide unter russischem Kulturschock: Exilant Edward Snowden im US-Fernsehinterview.
       
       BERLIN taz | Sie saßen nicht im gleichen Raum, nicht einmal im gleichen
       Land – und doch haben der Ex-NSAler und derzeit prominenteste Whistleblower
       der Welt, Edward Snowden, und US-Außenminister John Kerry sich am Mittwoch
       öffentlich einen Schlagabtausch geliefert.
       
       Snowden gab in Moskau dem US-Fernsehsender NBC News ein ausführliches
       Interview – Kerry reagierte auf dem Sender CBS. Snowden erklärte, natürlich
       würde er gern in die USA zurückkehren, nur eingesperrt wolle er nicht
       werden. Kerry erklärte, Snowden solle sich „wie ein Mann“ verhalten und
       sich der Justiz stellen. Snowden wiederholte, er habe als Patriot
       gehandelt, weil er durch die NSA-Überwachungspraktiken die US-Verfassung in
       ihrem Kern bedroht gesehen habe. Nicht immer sei legal, was richtig sei,
       sagte Snowden. Kerry entgegnete, Snowden sei ein „Feigling“ und „Verräter,
       der sein Land betrogen“ habe.
       
       Der hingegen ist überzeugt, den USA zu dienen. „Wie kann man behaupten, ich
       hätte meiner Regierung nicht gedient, wenn alle drei Staatsgewalten wegen
       meiner Arbeit Reformen eingeleitet haben?“, fragte er.
       
       Snowden berichtete im Interview darüber, wie einfach es gewesen sei, in den
       Sicherheitseinstufungen immer weiter aufzusteigen, auch als er längst kein
       Regierungsmitarbeiter mehr gewesen sei, sondern für eine private
       Vertragsfirma gearbeitet habe. Er habe im Übrigen die NSA mehrfach über
       seine Bedenken informiert – die Antwort jedoch sei immer gleich gewesen: In
       bester Bürokratensprache sei ihm beschieden worden, er möge aufhören,
       solche Fragen zu stellen.
       
       ## Er sei zwar nicht frei, könne aber ruhig schlafen
       
       Mit den Veröffentlichungen seiner Erkenntnisse aufgrund der Daten, die er
       dem britischen Guardian und der Washington Post zur Verfügung gestellt
       habe, habe er zwar seine Bewegungsfreiheit eingebüßt, könne aber wenigstens
       wieder ruhig schlafen.
       
       Im Übrigen aber versicherte Snowden, dass er mit der russischen Regierung
       nichts zu tun habe, von Moskau nicht unterstützt werde und vor allem kein
       Spion für Russland sei. Auch Informationen habe er nicht an Russland
       weitergegeben – all seine Daten habe er ja gar nicht dorthin mitgenommen.
       Ihm tue es weh, in einem Land Zuflucht suchen zu müssen, das die
       Bürgerrechte so verletze.
       
       Er fühle sich in Russland fremd und erleide einen ständigen Kulturschock.
       Allerdings mache es das Internet möglich, auch in Moskau ein bisschen wie
       ein Amerikaner zu leben. Er sehe beispielsweise gerade die Fernsehserie
       „The Wire“ – die zweite Staffel sei allerdings nicht so gut. Aber er
       vermisse seine Familie und seine Heimat.
       
       Im Juli läuft das russische Asyl für Snowden aus – wie es dann weitergeht,
       weiß derzeit niemand. Es scheint, als seien Gespräche auch mit der
       US-Regierung im Gange. Snowdens Anwalt Wolfgang Kaleck hatte im Spiegel der
       letzten Woche bekräftigt, eine einvernehmliche Lösung sei erstrebenswert.
       Auf die Frage aber, ob er auf Gnade oder Amnestie vonseiten der
       US-Regierung hoffe, sagte Snowden, es sei nicht an ihm, darüber zu
       befinden. Offizielle Signale vonseiten der US-Regierung gibt es, zumindest
       öffentlich, in diese Richtung bisher allerdings nicht. Und Snowden geht
       weiter nicht davon aus, dass er in den USA einen fairen Prozess erwarten
       könne.
       
       In seiner außenpolitischen Grundsatzrede in der Militärakademie West Point
       hatte Präsident Obama Snowden nicht namentlich und die NSA nur am Rande
       erwähnt. „Wir werden weniger Partner haben und weniger effektiv sein, wenn
       sich die Wahrnehmung durchsetzt, dass wir einfache Bürger ausspionieren“,
       sagte er – kündigte aber keine Konsequenzen aus dieser Einsicht an.
       
       29 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) NSA-Affäre
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) John Kerry
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Christian Flisek
 (DIR) Asyl
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) NSA
 (DIR) NSA-Untersuchungsausschuss
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Presseschau Jahrestag Snowden-Leaks: Verschlüsseln und sich ärgern
       
       Seit der Veröffentlichung der ersten Snowden-Infos ist ein Jahr vergangen.
       Wie berichten die hiesigen Medien zum Jahrestag? Eine Presseschau.
       
 (DIR) Keine Einladung nach Berlin: Opposition prüft Klage für Snowden
       
       Die Regierung verweigert Sicherheitsgarantien für den NSA-Whistleblower und
       unterstreicht ihr Nein zu einer Berlin-Anhörung. Opposition will diese
       notfalls erklagen.
       
 (DIR) Brasilien dementiert Snowden-Statement: Kein Asylantrag eingegangen
       
       Nach Angaben des brasilianischen Außenministeriums hat Edward Snowden noch
       keinen Antrag auf Asyl gestellt. Er hatte das zuvor in einem Interview
       behauptet.
       
 (DIR) Snowden hofft auf Asyl in Brasilien: Sehnsucht nach Amerika
       
       Das politische Asyl Edward Snowdens in Russland endet Anfang August. Nun
       hat der US-Whistleblower einen neuen Antrag gestellt – in Brasilien.
       
 (DIR) NSA widerspricht Edward Snowden: Eine E-Mail, aber keine Kritik
       
       Hat Edward Snowden vor seinen Enthüllungen über die Überwachungswut des
       US-Geheimdienstes intern Kritik geübt? Er behauptet das. Die NSA sagt:
       Stimmt nicht.
       
 (DIR) Sitzung des Untersuchungsausschusses: Böse NSA? Böser BND!
       
       Die Abhörpraxis des deutschen Auslandsgeheimdiensts sei nicht besser als
       die der USA, bemängeln Sachverständige. Es fehle eine rechtliche Grundlage.
       
 (DIR) Fragen und Antworten zum NSA-Buch: Ansichten eines Heldenjournalisten
       
       Edward Snowden wandte sich mit seinem Wissen an Journalist Glenn Greenwald,
       der darüber ein Buch schrieb. Spannend, aber ohne neue Erkenntnise.
       
 (DIR) Sicherheitskreise zur NSA-Spionage: US-Regierung hält weiter hin
       
       Kanzlerin Angela Merkel wird Anfang Mai zu Gesprächen mit Barack Obama nach
       Washington reisen. Neben Russland wird die NSA-Affäre ein wichtiges Thema.