# taz.de -- Drei Jahre nach Fukushima: Angst vor einem neuen „Unfall“
       
       > Japans Ex-Regierungschef Kan warnt vor einer erneuten Atomkatastrophe.
       > Die Sicherheitsmaßnahmen im Land seien nach wie vor „nicht ausreichend“.
       
 (IMG) Bild: Die neuen Sicherheitsvorschriften für Atomkraftwerke in Japan sind, laut dem ehemaligen Ministerpräsidenten Kan, nicht die schärfsten der Welt.
       
       TOKIO dpa/afp | Japan droht im Falle eines neuen schweren Erdbebens nach
       Ansicht des früheren Ministerpräsidenten Naoto Kan eine zweite nukleare
       Katastrophe wie in Fukushima. „Die Stromkonzerne sollen zwar hohe Mauern
       gegen Tsunami bauen und ein Stromversorgungsfahrzeug auf Anhöhen postieren.
       Dennoch bleibt die Wahrscheinlichkeit eines sehr großen Erdbebens
       unverändert bestehen, und die Sicherheitsmaßnahmen, die bislang getroffen
       wurden, sind überhaupt nicht ausreichend“, sagte Kan in einem Interview in
       Tokio.
       
       Am 11. März 2011 hatten ein schweres Erdbeben und ein Tsunami die
       nordöstliche Region Tohoku heimgesucht. In der Folge war es im
       Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zu einem Super-Gau gekommen. Die
       Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass es bei einem schweren Erdbeben in der
       Region Tokai südlich der Hauptstadt Tokio „zu einem ebensolchen Unfall (wie
       in Fukushima) beziehungsweise zu einem noch größeren Unfall kommt“, warnte
       Kan.
       
       Experten schätzen das Risiko, dass es innerhalb der nächsten 30 Jahre im
       Raum Tokai zu einem noch gewaltigeren Erdbeben als vor drei Jahren kommt,
       auf 70 bis 80 Prozent. Kan übte zugleich scharfe Kritik an der Atompolitik
       der amtierenden Regierung. Die neuen Sicherheitsvorschriften für
       Atomkraftwerke seien entgegen der Behauptung der Regierung nicht die
       schärfsten der Welt, sagte Kan.
       
       „Die Regierung sagt einfach, die Meiler, die die strengen
       Sicherheitsauflagen erfüllen, könnten wieder hochgefahren werden, und
       behauptet, damit sei auch die Sicherheit der Bürger gewährleistet. Das hat
       keine Substanz, man kann das sogar eine Lüge nennen“, so Kan.
       
       ## 1,5 Kilometer langer Eiswall
       
       Desweiteren haben an der havarierten japanischen Atomanlage Fukushima am
       Montag die Bauarbeiten für ein gigantisches Projekt zur Begrenzung der
       radioaktiven Verseuchung des Grundwassers begonnen. Die
       Betreibergesellschaft Tepco will mit 1550 unterirdisch zu verlegenden
       Rohren einen 1,5 Kilometer langen Eiswall errichten, der das aus der
       Umgebung ins Grundwasser unter den Unglücksreaktor vordringende Wasser
       zurückhält.
       
       Die japanischen Behörden sehen sich mit Sorgen des Auslands konfrontiert,
       das kontaminierte Wasser aus dem Atomkraftwerk Fukushima könne in großen
       Mengen unbehandelt in den Pazifischen Ozean strömen. Nach einem Erdbeben
       und Tsunami im März 2011 kam es in drei der vier Fukushima-Reaktoren, die
       an der Pazifik-Küste liegen, zur Kernschmelze. Derzeit ist die Behandlung
       des verseuchten Wassers das akuteste Problem.
       
       Mehr als 435.000 Kubikmeter verstrahlten Wassers werden bereits auf dem
       Kraftwerksgelände gelagert. Mit Hilfe des unterirdischen Eiswalls soll
       verhindert werden, dass fortwährend neues Grundwasser unter die defekten
       Reaktoren strömt, wodurch sich die Menge des kontaminierten Wassers ständig
       vergrößern würde. Es ist vorgesehen, das nicht kontaminierte Wasser
       außerhalb des gefrorenen Walls abzupumpen.
       
       Das aktuelle Bauprojekt mit den mehr als 1500 Rohren soll bis zum März 2015
       abgeschlossen sein. In die Rohre wird ein Kühlmittel mit Temperaturen weit
       unter dem Nullpunkt gepumpt, die das Grundwasser gefrieren lasen. Ähnliche
       Anlagen wurden bereits im Tunnelbau verwendet, um unterirdische Wasserwege
       umzuleiten – allerdings nicht in dieser Größenordnung.
       
       2 Jun 2014
       
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