# taz.de -- Sozialgericht kassiert Hartz IV-Regel: Weniger Geld für Heizung
       
       > Der Berliner Senat zahle Hartz IV-Empfängern zu viel Heizkosten, sagt das
       > Bundessozialgericht. Der Sozialsenator muss nun die Leistungen
       > reduzieren.
       
 (IMG) Bild: Immer schön kühlen Kopf bewahren, gilt ab jetzt für Hartz IV-Empfänger.
       
       Viele Hartz-IV-Empfänger müssen im nächsten Winter die Heizung runterdrehen
       – oder in eine günstigere Wohnung umziehen: Das Bundessozialgericht hat am
       Mittwoch die Verordnung des Senats über die Wohnkosten für unwirksam
       erklärt. Die Richter bemängeln, dass die vom Senat erlaubten Beträge
       „Ausdruck für zu hohe Heizkosten sind und die Leistungsberechtigten
       grundsätzlich begünstigen“. Das Urteil ist rechtskräftig, der Senat kann es
       nicht mehr anfechten. Das Urteil gilt für rund 400.000 Empfänger von Hartz
       IV, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter.
       
       Im Bundessozialgesetzbuch ist festgelegt: Der Staat zahlt für Bedürftige
       die Kosten für Wohnung und Heizung, „soweit diese angemessen sind“. Welcher
       Betrag in welcher Stadt angemessen ist, legen Länder und Gemeinden fest.
       Nach Ansicht des Bundessozialgerichts können die vom Land Berlin erlaubten
       Heizkosten aber nicht mehr als „angemessen“ bezeichnet werden – sie sind zu
       hoch.
       
       Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hatte 2012 eine neue Berechnungsgrundlage
       für die Wohnkosten vorgelegt. Die Werte stiegen im Vergleich zu denen, die
       Linken-Sozialsenatorin Carola Bluhm noch erlaubt hatte, um rund fünf
       Prozent. Die Zahl der Zwangsumzüge sank innerhalb eines Jahres von 1.337
       auf 612.
       
       Die von Czaja erlaubten Mietkosten werden aus zwei Bestandteilen berechnet:
       der Bruttokaltmiete und den Heizkosten. Die Kaltmiete darf bei einer Person
       343,50 Euro betragen, bei zwei Personen 412,20 Euro, bei vier Personen
       547,40 Euro. Bei den Heizkosten ist es komplexer: Sie hängen von der Größe
       des Hauses und von der Heizungsanlage ab. Drei Personen in einer
       Doppelhaushälfte mit Ölheizung dürfen für 137,25 Euro im Monat heizen, die
       gleichen drei Personen in einem Mehrfamilienhaus mit Gasheizung aber nur
       für 100,50 Euro.
       
       Die Werte übernahm Czaja aus dem bundesweiten Heizspiegel. Dort werden die
       tatsächlichen Heizkosten von zehntausenden Wohnungen verglichen und in vier
       Kategorien angegeben. Die sparsamsten 10 Prozent kommen in die Kategorie
       „niedrig“, die nächsten 40 Prozent in die Kategorie „mittel“, es folgt die
       genauso große Kategorie „erhöht“ und die teuersten 10 Prozent ergeben die
       Kategorie „zu hoch“.
       
       Czaja übernahm die Werte aus der Kategorie „zu hoch“ und erlaubte den
       Hartz-IV-Empfängern und anderen Bedürftigen damit, so teuer zu heizen wie
       die obersten 10 Prozent der bundesweiten Bevölkerung. Alternativ konnten
       die Betroffenen ihre Heizkosten auch auf ein Normalmaß reduzieren und das
       gesparte Geld für eine höhere Kaltmiete ausgeben.
       
       Jetzt muss Czaja eine neue Berechnungsgrundlage vorlegen, welche Wohnkosten
       in Berlin allgemein als „angemessenen“ gelten. Wie genau die Heizkosten
       dabei zu berechnen sind, hat das Bundessozialgericht nicht vorgegeben. Der
       Betrag wird aber niedriger liegen als bisher. Falls Czaja den Mittelwert
       aus dem Heizkostenspiegel nimmt, würde der Betrag für Heizkosten um rund
       ein Drittel niedriger ausfallen. Der Richtwert für drei Personen mit
       Gasheizung im Mehrfamilienhaus würde zum Beispiel von 100,50 Euro auf 66,80
       Euro sinken.
       
       Nichts zu befürchten hat nur, wer jetzt schon deutlich billiger wohnt als
       erlaubt. Wer dagegen bisher nur knapp unter dem Richtwert wohnt, bekommt es
       bald mit dem Amt zu tun. Vor einem Jahr lagen 63.600 Haushalte über den
       Obergrenzen. Bei der Mehrheit der vom Amt geprüften Haushalte wurde eine
       Härtefallklausel angewandt – etwa wegen Krankheit, alleinerziehender Eltern
       oder wenn Mieter einfach auf dem Markt keine günstigere Wohnung finden.
       
       Die Mieter können auch gegenüber dem Amt begründen, warum im Einzelfall
       doch ein höherer Wert angemessen ist – zum Beispiel wegen besonders
       schlecht gedämmter Wände oder alten Fenstern. Oder die Betroffenen senken
       die Kosten, was 16.500 von 63.000 Haushalten gelang. 612 Haushalte mussten
       umziehen.
       
       6 Jun 2014
       
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