# taz.de -- Hartz-IV in Berlin: Nur halb so viele Zwangsumzüge
       
       > Deutlich weniger Hartz-IV-Empfänger mussten die Wohnung wechseln. Der
       > Senator sieht lobt die neuen Mietobergrenzen. Der Mieterverein
       > widerspricht.
       
 (IMG) Bild: Wegen zu hoher Miete zwangsweise umziehen mussten nur halb so viele Hartz-IV-Bezieher wie im Vorjahr.
       
       BERLIN taz | Im vergangenen Jahr mussten 612 Hartz-IV-Haushalte zwangsweise
       umziehen. Die Zahl hat sich damit innerhalb eines Jahres halbiert, sagte
       Franciska Obermeyer, Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) auf
       taz-Anfrage. Sie sieht dafür mehrere Ursachen.
       
       „Die Zahl der der Bedarfsgemeinschaften ist zurückgegangen“, so Obermeyer:
       Weil es mehr Jobs in Berlin gibt, ist die Zahl der Hartz-IV-Empfänger
       gesunken. „Außerdem liegt es an der Wohnungsaufwendungsverordnung“, sagt
       Obermeyer. Der Senat hatte in dieser Verordnung vor einem Jahr neu
       geregelt, wie teuer Hartz-IV-Empfänger wohnen dürfen.
       
       Im Jahr 2011 mussten noch 1.337 Haushalte wegen zu hohen Mietkosten
       umziehen. Von den 318.600 Hartz-IV-Haushalten wohnten 106.000 zu teuer.
       Ursache dafür kann eine Mieterhöhung sein. Oder wenn bei einer Familie die
       Kinder ausziehen – für die verbleibenden Erwachsenen ist die Wohnung dann
       zu teuer. Oder wenn jemand arbeitslos wird und dann neu in Hartz IV
       rutscht. 60.000 dieser Haushalte wurden vom Amt überprüft. Bei rund 35.000
       lag ein Härtefall vor, bei dem auch die höhere Miete bezahlt wurde.
       
       Ein Härtefall ist etwa Krankheit, alleinerziehende Eltern oder wenn Mieter
       einfach keine Wohnung innerhalb der Obergrenze finden. Bei weiteren 25.000
       Haushalten war es möglich, die Kosten zu senken, etwa durch Untermieter
       oder Verhandlungen mit dem Vermieter. Rund ein Prozent der Haushalte, die
       zu teuer wohnten, mussten umziehen.
       
       ## Klare Kriterien für Zwangsumzüge
       
       Im Mai 2012 trat die neue Verordnung des rot-schwarzen Senats in Kraft. Die
       erlaubten Obergrenzen für die Miete stiegen ungefähr um fünf Prozent. Jetzt
       liegen nur noch 63.600 Haushalte über den Obergrenzen. Davon konnten 16.500
       die Mietkosten senken – und nur 612 mussten umziehen.
       
       Wibke Werner vom Mieterverein vermutet, dass die Zahl der Zwangsumzüge
       gesunken ist, weil die Hartz-IV-Empfänger auch zu den erhöhten Preisen
       schlichtweg keine neue Wohnung finden. „Wir gehen auch davon aus, dass mehr
       Mieter sich auf kleinerem Wohnraum einrichten, als ihnen eigentlich
       zusteht, weil sie keine günstigen und großen Wohnungen finden.“
       
       Martin Beck, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, fordert mehr
       Informationen vom Senat: „Ob die Zahl der Zwangsumzüge wegen der neuen
       Verordnung gesunken ist, kann man noch nicht sagen.“ Die Grünen fordern ein
       Moratorium für Zwangsumzüge. Beck: „Wir haben den Eindruck, dass es keine
       gemeinsame Linie der einzelnen Behörden gibt und dass der Einzelfall nicht
       genug geprüft wird.“ Es brauche klare Kriterien für Zwangsumzüge, etwa nur
       bei betrügerischem Missbrauch der Sozialsysteme oder viel zu großen
       Wohnungen.
       
       Als die neue Verordnung in Kraft trat, war Ülker Radziwill,
       sozialpolitische Sprecherin der SPD, noch skeptisch, ob die Zahl der
       Zwangsumzüge dadurch wirklich sinkt. Jetzt sagt sie: „Die Zahlen sind
       erfreulich.“ Die Verordnung müsse „weiter Bestand haben.“
       
       14 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
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