# taz.de -- Häftlinge in israelischen Gefängnissen: Hungerstreik beendet
       
       > Keine Anklage, kein Prozess: Deshalb traten rund hundert palästinensische
       > Häftlinge in Hungerstreik. Nun haben sie ihren Protest beendet.
       
 (IMG) Bild: Protest für die Freilassung gefangener Palästinenser in Nablus, Westjordanland.
       
       JERUSALEM taz | Einer der längsten Hungerstreiks palästinensischer
       Häftlinge in israelischen Gefängnissen ist vorbei. Rund einhundert
       sogenannte Administrativhäftlinge hatten seit dem 24. April die
       Nahrungsaufnahme verweigert.
       
       „Einen großartigen Sieg haben wir nicht errungen“, resümierte der frühere
       palästinensische Minister Kadura Fares am Mittwoch vor Journalisten in
       Ramallah. Immerhin sei in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für das
       Problem geschaffen worden. Sobald die Häftlinge wieder bei Kräften sind,
       wollen sie selbst die Einzelheiten der Einigung bekannt geben.
       
       Grund für das Streikende dürfte der bevorstehende muslimische Fastenmonat
       Ramadan sein. Außerdem waren die Häftlinge mit der Entführung dreier junger
       Israelis im Westjordanland und der massiven Suchoperation der Armee ins
       Abseits der Berichterstattung geraten.
       
       Die anfängliche Vermutung nach dem Verschwinden der drei Schüler war, die
       Entführer würden die Absicht verfolgen, ihre Geiseln gegen palästinensische
       Häftlinge auszutauschen. Im Herbst vor drei Jahren erzwang die Hamas die
       Freilassung von über tausend inhaftierten Palästinensern im Gegenzug für
       die Freilassung des jahrelang gewaltsam im Gazastreifen festgehaltenen
       israelischen Soldaten Gilad Schalit. Fast zwei Wochen nach der Entführung
       der Teenager gibt es jedoch weder eine Forderung der Entführer noch ein
       Lebenszeichen ihrer Geiseln.
       
       ## Rund 5.000 Palästinenser im Gefängis
       
       Die Häftlinge zielten mit ihrem Protest auf die von Israel praktizierte
       Administrativhaft ohne Anklage oder Prozess, die jeweils um sechs Monate
       verlängert werden kann. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte während
       des Streiks an Israel, die Häftlinge vor Gericht zu stellen oder sie zu
       entlassen.
       
       Nach Auskunft des palästinensischen Häftlingsverbandes Addameer stieg die
       Zahl der Administrativhäftlinge in den vergangenen zwei Wochen der
       Militäroperation „Kommt zurück, Brüder“ von 239 auf heute 343. Die Zahl der
       palästinensischen Häftlinge – Männer, Frauen und Minderjährige –liegt bei
       rund 5.000.
       
       Im verganenen Jahr hatte der Hungerstreik des Häftlings Samir Issawi
       (August 2012 bis April 2013) mit der Übereinkunft geendet, dass seine
       Administrativstrafe nicht mehr verlängert werde. Randa Wahda von Addameer
       unterstellt Israel jedoch, niemals „die ernsthafte Absicht“ gehabt zu
       haben, „das Abkommen einzuhalten“. Issawi war zunächst entlassen worden,
       sitzt aber inzwischen wieder hinter Gittern.
       
       Seit 2009 habe es nicht mehr so viele Administrativhäftlinge gegeben wie in
       diesen Tagen. Die palästinensische Anwältin kritisiert auch die harten
       Bedingungen im Tel Aviver Sheba-Krankenhaus. „Die Streikenden waren 24
       Stunden am Tag an den Füßen gefesselt und 12 Stunden lang auch an den
       Händen.“
       
       Israel hält an der Administrativhaft als Mittel im Kampf gegen den Terror
       fest. Laut Gefängnisbehörde hätten die Streikenden nicht mehr erreicht, als
       straffrei den Protest zu beenden. Das während des Streiks verhängte
       Besuchs- und Fernsehverbot werde umgehend wieder aufgehoben.
       
       Erst vor zwei Wochen stimmte die Knesset in erster Lesung für eine
       innerhalb Israels heftig umstrittene Gesetzesreform, die in Einzelfällen
       bei akuter Todesgefahr eine Zwangsernährung möglich machen würde. Während
       ihres Streiks stimmten die Häftlinge nur der Aufnahme von Vitaminen,
       Mineralien und Zucker zu.
       
       25 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Israel
 (DIR) Palästina
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Israel
 (DIR) Westmächte, Israel
 (DIR) Gaza
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Administrativhaft in Israel: Sich in die Freiheit hungern
       
       Die Administrativhaft ist sowieso umstritten. Ihre langfristige Anwendung
       wie im Fall Mohammed Allaan muss unbedingt gestoppt werden.
       
 (DIR) Verwaltungshaft in Israel: Wenn Hungerstreiks zur Waffe werden
       
       Die Militärstaatsanwaltschaft versucht Hungerstreiks gegen die
       Verwaltungshaft zu beenden. Im Negev weigern sich weitere Häftlinge zu
       essen.
       
 (DIR) Israel und Gaza: Luftangriffe auf die Hamas
       
       Seit Freitag gab es mehrere Zusammenstöße zwischen palästinensischen und
       israelischen Kräften. Dabei wurden in Gaza zwei Menschen getötet.
       
 (DIR) Hungerstreik gefangener Palästinenser: Zwangsernährung per Erlass
       
       In Israel berät das Parlament über eine gesetzliche Regelung zur
       Zwangsernährung von Häftlingen. Bürgerrechtler und Ärzte protestieren
       dagegen.
       
 (DIR) Debatte Entführungen in Palästina: Hilflos im Westjordanland
       
       Mit ihrem Militäreinsatz in der Westbank will die israelische Regierung die
       Einigung der Palästinenser torpedieren. Sie provoziert einen Flächenbrand.
       
 (DIR) Entführte Jugendliche in Israel: Fieberhafte Suche
       
       Unbekannte haben drei Jugendliche aus Siedlungen im Westjordanland
       entführt. Israel reagiert mit Verhaftungen und einer großangelegten Suche.