# taz.de -- Crowdfunding für Grundeinkommen: Ein Vorbild per Losverfahren
       
       > Grundeinkommen muss man ausprobieren, findet Michael Bohmeyer – und
       > sammelt Geld, um es einer Person ein Jahr lang zu ermöglichen.
       
 (IMG) Bild: Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen auf zu neuen Ufern?
       
       BERLIN taz | Was würde passieren, wenn wir alle jeden Monat ein
       bedingungsloses Grundeinkommen vom Staat bekämen? Niemand würde mehr
       arbeiten, ist das Hauptargument vieler Grundeinkommensgegner_innen. Wir
       können es nicht wissen, bis wir es ausprobieren, ist das Argument von
       Michael Bohmeyer. Deshalb hat der junge Vater aus Berlin-Kreuzberg die
       Plattform [1][mein-grundeinkommen.de] geschaffen. Eine Person soll ein Jahr
       lang erfahren können, wie es ist, unabhängig von Lohnarbeit zu leben. Dafür
       sammelt er mittels Crowdfunding 12.000 Euro (ein Jahresgrundeinkommen), die
       dann verlost werden sollen.
       
       An der Verlosung teilnehmen kann jede_r, egal ob er oder sie vorher
       gespendet hat. Bohmeyer selbst ist von der Verlosung ausgeschlossen.
       
       Auch Bohmeyer ist sich im Klaren, dass sein Experiment nicht repräsentativ
       ist: Auf einem Menschen lastet der gesellschaftliche Druck, der Einzige zu
       sein, und er muss auch an seine berufliche Zukunft nach dem Jahr denken.
       Doch Bohmeyer möchte mit seiner Aktion die Idee bekannter machen und die
       gesellschaftliche Debatte voranbringen, denn „politisch passiert nichts“.
       Vor allem gehe es ihm darum, zum Nachdenken anzuregen, was wir mit unserer
       Zeit und unseren Potenzialen tun würden, wenn es den Zwang zur Lohnarbeit
       nicht gäbe – und das tatsächlich erfahrbar zu machen.
       
       Von Netzwerk Grundeinkommen habe er bisher nur zögerlich Unterstützung
       erhalten. In der Piratenpartei, welche das bedingungslose Grundeinkommen
       als einzige Partei voll unterstützt, waren die Reaktionen gespalten.
       Dennoch kam in nur zwei Wochen schon über die Hälfte der angestrebten
       12.000 Euro zusammen. Bis zum 18. September ist noch Zeit.
       
       Bei seiner Idee, ein Grundeinkommen zu verlosen, so Bohmeyer, hätten viele
       Angst, dass es der oder die Falsche bekomme. Ihm aber gehe es gerade darum,
       nicht zu bewerten, was die Person mit dem Geld macht.
       
       ## „Frei wie nie“
       
       Und wenn sie damit die rechtsextreme Szene unterstützt? Das täte sie mit
       oder ohne Grundeinkommen, lautet Bohmeyers Argument. Er ist überzeugt, dass
       das Grundeinkommen gesellschaftliche Entwicklung und einen
       „Kreativitätsschub“ mit sich bringen würde, denn „Neues entsteht nur da, wo
       Freiräume sind“. Insofern sei das Konzept sogar für
       Wirtschaftsvertreter_innen interessant.
       
       Bohmeyer selbst bezieht ein bescheidenes Grundeinkommen als Teilhaber von
       zwei Internet-Start-ups, die er mitaufgebaut und aus denen er sich nun
       zurückgezogen hat. Es sei ein „total neues Leben“, erzählt der
       Technikspezialist, während er durch den Spielplatzsand schlendert und ein
       Auge auf seine kleine Tochter wirft. Am Anfang sei es schwierig gewesen,
       jeden Tag wie ein weißes Blatt vor sich liegen zu haben. Doch jetzt fühle
       er sich „so frei wie nie“. Er müsse nicht immer erreichbar sein, seine
       Gesundheit habe sich verbessert, er lese mehr, stelle mehr Dinge infrage,
       arbeite an vielen Non-Profit-Projekten, unter anderem an einem freien Radio
       und einem Podcast.
       
       Er liebe Arbeit, doch worum es ihm beim Grundeinkommen gehe, sei, den Zwang
       abzuschaffen – und unseren derzeitigen Arbeitsbegriff zu überdenken. Arbeit
       sei das, was Menschen tun, sagt der 29-Jährige. Die schwierigste Arbeit,
       die er je getan habe, sei für ihn, ein Kind großzuziehen. Und auch diese
       wichtige Arbeit an der Gesellschaft sollte wertgeschätzt und entlohnt
       werden.
       
       21 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://mein-grundeinkommen.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lou Zucker
       
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