# taz.de -- Netzpolitik der Bundesregierung: Viele Löcher in der Agenda
       
       > Gleich drei Ministerien arbeiten an der „Digitalen Agenda“. Der geleakte
       > Entwurf erntet heftige Kritik: Der Verbraucherschutz kommt nicht vor.
       
 (IMG) Bild: So viel Internet, wo bleibt die Verbraucherin?
       
       BERLIN taz | In einem Monat soll sie offiziell vorgestellt werden, die
       „Digitale Agenda“ der Bundesregierung – doch das Portal [1][Netzpolitik.org
       hat jetzt bereits einen Entwurf enthüllt]. In sieben Kapiteln beschreibt
       die Bundesregierung dort ihr netzpolitisches Regierungsprogramm, allerhand
       von Green IT bis Breitbandausbau. Konkretes ist darin wenig zu finden – und
       genau das stößt auf Kritik.
       
       Dabei waren die Erwartungen hoch: Bereits auf der IT-Messe Cebit im März
       hatten gleich drei Minister den Fahrplan für die Digitale Agenda
       angekündigt: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Innenminister Thomas
       de Maizière (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU), zuständig für digitale
       Infrastruktur. Ein Querschnittsthema sei das Digitale, betonten sie damals
       in Hannover, daher die breite Zuständigkeit.
       
       Michaela Zinke vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert nun,
       dass die Zuständigkeit zwar breit, aber dennoch keineswegs vollständig sei.
       Es fehle nämlich das Verbraucherschutzministerium. Und das sei auch zu
       merken: „In dem Entwurf ist wenig bis kein Verbraucherschutz drin“, sagt
       Zinke.
       
       Beispiel Netzneutralität, also die Praxis, dass Provider alle an die Nutzer
       zu transportierenden Daten gleich behandeln. Gesetzlich festgeschrieben ist
       die bislang nirgends. Aber seitdem die Telekom vor einem Jahr ankündigte,
       eigene Dienste bevorzugen zu wollen, ist das Thema zumindest auf der
       gesellschaftlichen Agenda – und beunruhigt viele Experten. Nur auf der
       Agenda der Bundesregierung bleibt es vage.
       
       ## Störerhaftung unberücksichtigt
       
       „Wir werden die Gewährleistung der Netzneutralität als Regulierungsziel
       gesetzlich verankern, am besten auf europäischer Ebene“, heißt es in dem
       Entwurf. Bis wann das passieren soll und vor allem, wie viel
       Verhandlungszeit auf EU-Ebene vergehen muss, bis man sich doch für ein
       nationales Gesetz entscheidet –, das bleibt offen. Ohne Gesetz können
       Provider jedoch entscheiden, beispielweise große zahlende Anbieter von
       Inhalten gegenüber kleinen, nicht zahlenden zu bevorzugen und die Daten des
       zahlenden schneller zu transportieren.
       
       Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft sieht noch weitere
       Kritikpunkte. Zum Beispiel bei der sogenannten Störerhaftung. Nach dieser
       gesetzlichen Regelung müssen Betreiber von freien WLANS hohe Strafen
       befürchten, wenn jemand darüber etwa urheberrechtlich geschützte Dateien
       anbietet.
       
       Der Entwurf sieht nun vor, neben Providern wie der Telekom, die schon
       bislang nicht haften, ausdrücklich auch Angebote im „öffentlichen Bereich“
       wie in Cafés und auf Flughäfen auszunehmen. Was fehlt: private Betreiber
       offener WLANs. Dabei ermöglichten gerade diese etwa Menschen mit geringem
       Einkommen, das Internet zu nutzen – und sollten auch unterstützt werden,
       fordert Sander.
       
       In weiteren Bereichen kritisiert der Geschäftsführer der Digitalen
       Gesellschaft das Fehlen von Zahlen und Zeitplänen: etwa beim E-Government,
       bei intelligenten Produktionssystemen, Barrierefreiheit im Netz oder bei
       Verschlüsselungstechnologien. All das soll gefördert werden. Offen bleibt
       dabei, ob und in welchen Fällen „fördern“ tatsächlich bedeuten wird, dass
       Geld fließt.
       
       ## „Eine lächerliche Summe“
       
       Konkret wird es dagegen beim Thema Breitbandausbau. 10 Millionen Euro will
       die Bundesregierung bis 2018 investieren. „Eine lächerliche Summe“,
       kritisiert Sander. Während der Koalitionsverhandlungen sei von einer
       Milliarde jährlich die Rede gewesen. Sein Fazit daher: „Ganz grundsätzlich
       Daumen runter, aber hoffentlich tut sich bis August noch einiges.“
       
       Egal ob Cloudspeicher, App oder intelligenter Kühlschrank – am Ende seien
       es die Verbraucher, die neue Angebote nutzen und ihnen daher vertrauen
       müssten, sagt Verbraucherschützerin Zinke. „Digitaler Wandel funktioniert
       nur, wenn man den Verbraucherschutz mitdenkt und nicht nur
       Wirtschaftsinteressen.“
       
       Doch auch von Wirtschaftsseite gibt es Kritik: In dem Entwurf fehlten
       Aspekte, die im Koalitionsvertrag bereits festgehalten seien, merkt Florian
       Nöll vom vom Bundesverband Deutsche Start-ups an – etwa steuerliche
       Anreizsysteme für junge Unternehmen oder ein neues Börsensegment.
       
       27 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://netzpolitik.org/2014/wir-praesentieren-den-entwurf-der-digitalen-agenda/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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