# taz.de -- Betrugsskandal bei Alternativmarke: Razzien bei Neuland-Fleisch
       
       > Eine Staatsanwaltschaft prüft Betrugsvorwürfe, die sich jetzt auch gegen
       > eine Vertriebsfirma des Siegels für Fleisch aus „artgerechter Haltung“
       > richten.
       
 (IMG) Bild: Glücklich Freilandhühner?
       
       BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat die Ermittlungen wegen
       des Etikettenschwindels beim Tierschutzlabel Neuland ausgeweitet. „Wir
       ermitteln inzwischen auch gegen einen Verantwortlichen einer
       Vermarktungsgesellschaft, und zwar wegen des Verdachts des
       Kennzeichnungsverstoßes und Betrugs“, teilte Behördensprecherin Frauke
       Wilken am Donnerstag der taz mit.
       
       Die Oberstaatsanwältin nannte keine Namen. Neuland-Funktionäre bestätigten
       aber, dass es sich um den Geschäftsführer der für Norddeutschland
       zuständigen Vertriebsfirma des Siegels für Fleisch aus „besonders
       artgerechter und umweltschonender Tierhaltung“ handelt.
       
       Das neue Verfahren ist Wilken zufolge aus den Ermittlungen gegen einen
       Landwirt und Schlachthofinhaber entstanden. Er soll jahrelang [1][normales
       Hähnchenfleisch als teurere Neuland-Ware] an die Vermarktungsgesellschaft
       verkauft haben. „Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hat sich der
       Verdacht ergeben, dass das bei der Vermarktungsgesellschaft bekannt gewesen
       sein könnte“, sagte Wilken.
       
       Um die Sache zu klären, hätten die Behörden am Mittwoch an fünf Orten Räume
       durchsucht und unter anderem in Bad Bevensen, Bonn und Sachsen-Anhalt
       „Datenmaterial und Unterlagen beschlagnahmt“. In Bad Bevensen sitzt die
       Vertriebsfirma, in Bonn der Neuland-Verein. Ihm gehört das Siegel, er
       stellt die Regeln auf.
       
       ## Niemand soll es etwas gemerkt haben
       
       Der Verdacht der Staatsanwaltschaft stellt die [2][Darstellung des Falls
       durch Neuland] selbst infrage: Der Verein hatte mitgeteilt, eine von ihm in
       Auftrag gegegebene Sonderprüfung durch die Zertifizierungsfirma GfRS habe
       "keine Anhaltspunkte für ein Mitwissen von Mitarbeitern der
       Neuland-[Vertriebs]-GmbH beim Betrug ergeben". Niemand soll gemerkt haben,
       dass der beschuldigte Landwirt mehr Hähnchen lieferte, als nach den
       Neuland-Regeln möglich war. Um Agrarindustrie-Farmen auszuschließen,
       schreibt der Verein vor, dass ein Betrieb maximal rund 80.000 Hähnchen pro
       Jahr erzeugen darf. Doch zuweilen lag die Liefermenge bei etwa 100.000.
       
       Trotz der Ermittlungen will der Aufsichtsratsvorsitzende der
       Neuland-Vertriebsgesellschaft, Gerhard Bohm, deren Chef weiterhin nicht von
       seinem Posten entfernen. Es gebe nichts Neues, sagte er der taz. Ähnlich
       äußerte sich Jochen Dettmer, Bundesgeschäftsführer des Neuland-Vereins. Er
       sieht auch keinen neuen Grund, der Vertriebsfirma die Lizenz für die
       Nutzung des Siegels zu entziehen. Schließlich wolle man die Lizenzverträge
       ohnehin neu aushandeln.
       
       Neuland schreibt zum Beispiel mehr Platz im Stall als in konventioneller
       Haltung und bei Schweinen Stroh als Einstreu vor. Anders als bei
       Biobetrieben darf das Futter aber mit Pestiziden und Kunstdüngern erzeugt
       werden. Neuland hatte bislang in der Ökoszene auch deshalb großes Gewicht,
       weil der Verein von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der
       Umweltorganisation BUND und dem Deutschen Tierschutzbund getragen wird.
       Aber: Der Marktanteil ist mit unter 0,5 Prozent gering.
       
       1 Aug 2014
       
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