# taz.de -- Geheimdienstexperte über den BND: „Auch China wird auspioniert“
       
       > Erich Schmidt-Eenboom ist nicht überrascht, dass der BND die Türkei
       > ausspäht. Man kooperiere mit Staaten und forsche sie gleichzeitig aus.
       
 (IMG) Bild: BND-Station bei Rheinhausen: „Es gibt immer Spionage gegen engste Verbündete.“
       
       taz: Herr Schmidt-Eenboom, am Wochenende wurde bekannt, dass der BND die
       Türkei ausspäht. So steht es im Auftragsprofil der Bundesregierung für den
       Auslandsgeheimdienst. Überrascht Sie das? 
       
       Erich Schmidt-Eenboom: Nein, überhaupt nicht. Es ist eine Banalität, dass
       der BND mit nachrichtendienstlichen Mitteln auf die Türkei angesetzt wird,
       und zwar nicht nur auf die jetzt eingeräumten Ziele – also die kurdische
       PKK, die organisierte Kriminalität oder die Tätigkeit von türkischen
       Verbänden in Deutschland. Es gibt eine Vielzahl weiterer Ziele.
       
       Welche? 
       
       Die massive Einflusspolitik der Türkei in den zentralasiatischen Republiken
       zum Beispiel. Dann ist die Türkei natürlich eine wichtige regionale
       Mittelmacht mit Grenzen zu Syrien, dem Irak und Iran und kontrolliert die
       Dardanellen im Mittelmeer. Zudem ist die Türkei Anwärter auf eine
       EU-Mitgliedschaft. Da will die Bundesregierung wissen, wie die inneren
       Verhältnisse im Land sind, ob es zum Beispiel diesen tiefen Staat noch
       gibt, das heißt diesen illegalen Einfluss von Militär und
       Nachrichtendienst.
       
       Aber die Türkei ist ein Nato-Land, also eigentlich ein Partner. Ist das
       kein Hindernis? 
       
       Nein, im nachrichtendienstlichen Gewerbe gibt es immer diese
       Doppelgleisigkeit, man kooperiert mit Staaten und forscht sie gleichzeitig
       aus. Mit China zum Beispiel hat der BND eine intensive Kooperation auf dem
       Sektor der fernmeldeelektronischen Aufklärung, aber natürlich wird China
       ausspioniert, wie es die Chinesen auch tun.
       
       Glauben Sie, dass weitere Nato-Länder ausgespäht werden? 
       
       Natürlich. Uns liegt eine Aufklärungsprioritätenliste für den BND aus der
       Ära Kohl vom Ende der achtziger Jahre vor. Da werden die EG-Politik
       Großbritanniens und Frankreichs aufgeführt und die Außenpolitik der USA –
       mit der Zielpriorität 2. Das heißt: hohes Interesse, vorrangiger Einsatz
       von Kapazitäten. Es gibt immer Spionage gegen engste Verbündete.
       
       Auch heute? 
       
       Ja, der Bundesnachrichtendienst hat auch heute die Aufgabe, die
       Bundesregierung über die Ziele der amerikanischen Außenpolitik zu
       informieren.
       
       Und setzt dabei Spionage ein? 
       
       Nicht mit dem Einsatz von Agenten in den USA, dazu ist er viel zu
       risikoscheu. Aber nachrichtendienstliche Mittel der funkelektronischen
       Aufklärung …
       
       … also das Abhören von Telefonen, das Ausspähen von Mails und so weiter. 
       
       Genau, diese Mittel werden intensiv eingesetzt. Deshalb ist es auch nicht
       überraschend, dass der BND Gespräche der ehemaligen US-Außenministerin
       Clinton und ihres Nachfolgers Kerry als Beifang aufgenommen hat.
       Diplomatische Quellen werden auch abgeschöpft. Aber diesen letzten harten
       Einsatz, also Agenten im US-amerikanischen Regierungsapparat anzuwerben,
       diesen Weg ist der BND noch nie gegangen.
       
       Nun hat Markus R., der Mitarbeiter des BND, der Informationen an die USA
       verkauft hat, den Mitschnitt des Gesprächs mit Clinton übermittelt. Kerry
       hat prompt diesen Mitschnitt in einem Gespräch mit seinem deutschen
       Kollegen Steinmeier eingesetzt, als es um die Überwachung des Handys der
       Kanzlerin ging. Nach dem Motto: Was regt ihr euch auf, ihr macht das doch
       auch. Sind die Vorwürfe vergleichbar? 
       
       Nein, nur bedingt. Der BND ist ein kleiner Dienst, der sich auf
       Kernaufgaben konzentriert, auf politische und wirtschaftspolitische Fragen
       in den USA. Diese globale weitgefächerte Spionage, wie sie die USA zum
       Beispiel in sozialen Netzwerken betreiben, dazu reichen die Kapazitäten gar
       nicht. Und die politische Zielvorgabe ist auch nicht entsprechend.
       
       19 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
       ## TAGS
       
 (DIR) BND
 (DIR) BND-Spitzelaffäre
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) China
 (DIR) USA
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Die Linke
 (DIR) BND
 (DIR) BND
 (DIR) USA
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) BND-Spitzelaffäre
 (DIR) Bundestag
 (DIR) BND
 (DIR) BND
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Kritik am Geheimdienst: Im Schleppnetz des BND
       
       Die Linke und die Grünen haben zu Recht ein Problem mit dem deutschen
       Auslandsgeheimdienst. Groß ändern können sie ihn aber nicht.
       
 (DIR) Medienbericht über US-Spion beim BND: Brisante Infos
       
       Der enttarnte BND-Mann hat weitreichende Informationen an die USA gegeben.
       Namen und Adressen von Agenten seien dabei, ebenso wie Gesprächsprotokolle.
       
 (DIR) Deutsche Spionageziele: Auch Albanien wird bespitzelt
       
       Am Donnerstag wird Albaniens Ministerpräsident Rama in Berlin zur
       Westbalkan-Konferenz erwartet. Nun enthüllt der „Spiegel“: Sein Land soll
       Spionageziel des BND sein.
       
 (DIR) BND-Überwachung der US-Regierung: Keine Zeile wert
       
       Die USA kommentieren Berichte über die Überwachung von Ministern durch den
       BND nicht. Ex-BND-Chef Wieck glaubt nicht, dass der Geheimdienst
       eigenständig handelte.
       
 (DIR) Überwachung der Türkei: „Abhöraktionen verzeihen wir nicht“
       
       Nach Berichten über BND-Spionage in der Türkei erwarten Linke und Grüne
       Antworten der Kanzlerin. Die türkische Regierung bestellt indes den
       deutschen Botschafter ein.
       
 (DIR) Kommentar BND-Spionage: Schnüffeln richtet Schaden an
       
       Der Bundesnachrichtendienst ist kein Opfer der NSA. Im Gegenteil: Er
       versucht dem US-Geheimdienst nachzueifern. Das wird Konsequenzen haben.
       
 (DIR) BND hörte Türkei ab: Der Blick für den Elefanten
       
       Der NSA-Ausschuss soll das Ausmaß von US-Spähangriffen in Deutschland
       klären. Jetzt stellen Politiker auch Fragen zur Rolle des
       Auslandsgeheimdienstes BND.
       
 (DIR) Bespitzelung der Türkei wohl bestätigt: Regierung räumt Spionage ein
       
       Seit 2009 ist die Türkei im „Auftragsprofil“ des Bundesnachrichtendienstes,
       berichten Medien. Die Regierung rechtfertigt das Ausspähen der Türkei .
       
 (DIR) Nicht nur Hillary Clinton wurde belauscht: BND soll Türkei ausspioniert haben
       
       Laut dem „Spiegel“ wird das Nato-Partnerland seit 2009 als Aufklärungsziel
       geführt. Auch US-Außenminister Kerry soll „zufällig“ abgehört worden sein.