# taz.de -- Krise in der Ukraine: Ohne Neuwahl keine Reformen
       
       > Präsident Poroschenko will mit der angekündigten Wahl im Herbst das
       > Parlament „reinigen“. Die Separatisten empfinden das als Provokation.
       
 (IMG) Bild: Ukrainisches Parlament: In den vergangenen Monaten sind Reformvorhaben immer wieder am Widerstand der Rada gescheitert.
       
       BERLIN taz | Am 26. Oktober sind die Ukrainer aufgerufen, eine neue Rada zu
       wählen. Präsident Petro Poroschenko begründete die Entscheidung, das
       Parlament aufzulösen, auf seiner Webseite so: „Viele Abgeordnete, die in
       der Werchowna Rada sitzen, sind direkte Sponsoren oder Komplizen, sprich
       Verbündete, der militanten Separatisten.“ Nun solle das Parlament
       „gereinigt“ werden, schrieb er am Montag.
       
       Überraschend kommt das nicht. Poroschenko hat seinen Wunsch nach Neuwahlen
       schon vor Wochen kundgetan. Die Gründe liegen auf der Hand: Im Parlament
       sitzen immer noch jene Abgeordneten, die am 16. Januar 2014 – und damit
       unter der Ägide seines Vorgängers Wiktor Janukowitsch – höchst umstrittene
       Gesetze durchgewinkt hatten, die das Demonstrationsrecht und die
       Medienfreiheit massiv beschneiden sollten.
       
       Seither sind Reformvorhaben immer wieder am Widerstand der Rada
       gescheitert. Vor einem Monat zerbrach die Regierung von Arsenij Jazenjuk,
       weil ihm der Rückhalt im Parlament fehlte. Vergangene Woche warf
       schließlich Wirtschaftsminister Pawlo Scheremeta hin – ermüdet vom „Kampf
       gegen das System von gestern“, wie er wissen ließ.
       
       Inwieweit die Wähler für die von Poroschenko gewünschte „gereinigte“
       Volksvertretung sorgen werden, muss sich erst noch zeigen. Solidarnost, die
       Partei des Präsidenten, liegt mit Umfragewerten zwischen 17,5 und 22,4
       Prozent unangefochten an der Spitze. Die Partei der Regionen von
       Exstaatschef Janukowitsch dürfte keine größere Rolle mehr spielen: Von
       einst 187 Abgeordneten ist ist die Fraktion nach Austritten auf 77
       geschrumpft; zudem hat die Partei eine Million ihrer 1,5 Millionen
       Mitglieder verloren. Sie kann den Umfragen zufolge nur noch zwischen 2,5
       und 4 Prozent der Stimmen erwarten.
       
       ## VerbotSverfahren gegen Kommunisten
       
       Die Kommunisten (KPU) dürften höchstens knapp über 5 Prozent erzielen.
       Allerdings ist fraglich, ob die Partei überhaupt antreten kann, da gegen
       sie derzeit ein Verbotsverfahren läuft – wegen angeblicher Unterstützung
       der Separatisten im Donbass. Die rechtsradikalen Parteien Swoboda und
       Rechter Sektor dürfen mit 3 bzw. 1 Prozent deutlich an der Fünfprozenthürde
       scheitern.
       
       Ungemach dräut jedoch von einem anderen Rechtsausleger – Oleg Ljaschko. Der
       41-Jährige, den der ukrainische Politologe Anton Schechowzow einmal als
       „Populisten ohne Ideologie“ bezeichnete, erreichte bei den
       Präsidentenwahlen 8,3 Prozent der Stimmen. Bereits mehrfach fiel Ljaschko
       übel auf: So war er im vergangenen Mai an Misshandlungen eines
       prorussischen Aktivisten in der Nähe des Flughafens von Mariupol beteiligt,
       was auf Videoaufnahmen festgehalten ist. Seine Gruppierung „Partei Oleg
       Ljaschko“ könnte auf bis zu 10 Prozent kommen und zweitstärkste Fraktion
       werden.
       
       Der Neuanfang könnte noch aus einem anderen Grund schwierig werden: Die
       Separatisten im Osten bezeichneten die angekündigte Wahl am Dienstag als
       „Provokation“ und kündigten an, dass es im Donbass keine Abstimmung geben
       werde.
       
       26 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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