# taz.de -- NSU-Enquete in Baden-Württemberg: Zwischen Blamage und Aufklärung
       
       > Die SPD ringt sich nun doch dazu durch, einen Untersuchungsausschuss zum
       > Versagen bei der Aufdeckung der NSU-Verbrechen mitzutragen.
       
 (IMG) Bild: Der Mord an der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter im April 2007 wird den NSU-Ausschuss beschäftigen.
       
       STUTTGART taz | Die baden-württembergische Landespolitik stand in Sachen
       NSU-Aufklärung vergangene Woche kurz vor einer bundesweit beachteten
       Blamage: Die zögerlich angepackte Aufarbeitung in einer Enquetekommission
       drohte zu scheitern. Der Vorsitzende Willi Halder (Grüne) war nach einer
       Gutachtenaffäre zurückgetreten, die CDU kündigte wegen eines
       Vertrauensbruchs einen Boykott an.
       
       Fehlt es den Baden-Württembergern also an Aufklärungswillen? Als Entgegnung
       auf diese Frage ließ die SPD jetzt ihren Widerstand gegen einen
       NSU-Untersuchungsausschuss fallen. Damit ist der Weg frei, auch in
       Baden-Württemberg – wie schon im Bund und in anderen Bundesländern – das
       Versagen der Behörden bei der Aufdeckung des Nationalsozialistischen
       Untergrunds (NSU) aufzuarbeiten.
       
       Die Fraktion der Grünen atmet auf. Sie hat seit Langem den
       Untersuchungsausschuss gewollt. Er sei „das richtige Instrument“, sagt
       Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann. FDP und CDU werden den
       Untersuchungsausschuss mittragen, teilen sie mit.
       
       Die CDU will auch betrachten, wie die grün-rote Landesregierung nach dem
       Auffliegen des NSU 2011 mit dem Thema umgegangen ist. Dem könne man
       entsprechen, heißt es aus der SPD.
       
       Damit lenkt die CDU den Blick auf den SPD-Innenminister Reinhold Gall, der
       sich bislang gegen die parlamentarische Aufklärungsarbeit gewehrt hatte.
       Gall hielt es für ausreichend, dass Polizisten und Experten des
       Innenministeriums in einer „Ermittlergruppe Umfeld“ NSU-Bezüge ins Land
       untersucht hatten.
       
       ## Auklärung durch Parlamentarier
       
       Mit dem Ergebnis: Die in Heilbronn ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter
       sei ein Zufallsopfer, es habe kein NSU-Unterstützer-Netzwerk in
       Baden-Württemberg gegeben. Nun aber wolle Gall die Aufklärungsarbeit durch
       Parlamentarier statt Polizisten „nach Kräften unterstützen“, teilt der
       SPD-Landeschef Claus Schmiedel mit.
       
       Der Sinneswandel in der SPD ist der „versemmelten“ Enquete geschuldet.
       Schmiedel glaubt aber nicht, dass der Untersuchungsausschuss neue
       Erkenntnisse bringen wird – und wird für diese Prognose von der FDP
       kritisiert. Es gehe ihm, so der Vorwurf der Liberalen, um den reinen
       Machterhalt von Grün-Rot.
       
       Auch der Juso-Landesvorsitzende Markus Herrera Torrez sagt, die
       Parlamentarier müssten „wirklichen Aufklärungswillen an den Tag legen“,
       sonst drohe einem Ausschuss dasselbe Schicksal wie der Enquetekommission.
       
       ## Pause für NSU-Enquete
       
       Im Untersuchungsausschuss wird die SPD-Fraktion turnusgemäß den
       Ausschussvorsitzenden stellen und schlägt den Juristen Wolfgang Drexler
       vor, der als Vize-Landtagspräsident bei allen Fraktionen anerkannt ist. Die
       SPD hat den anderen Fraktionen angeboten, sich ihrem Antrag anzuschließen.
       Darüber wurde am Dienstagnachmittag in den Fraktionssitzungen beraten. Der
       Landtag könnte schon am 5. November über den Antrag entscheiden.
       Gleichzeitig wird das Parlament vermutlich die NSU-Enquete in eine Pause
       schicken.
       
       In Thüringen vergingen zwischen konstituierender Sitzung und Beratung des
       Abschlussberichts zweieinhalb Jahre. Dem baden-württembergischen
       Untersuchungsausschuss bleiben nicht einmal eineinhalb Jahre für die
       Aufklärungsarbeit. Das sogenannte Diskontinuitätsprinzip verbietet es, den
       Ausschuss über die Landtagswahl 2016 hinaus fortzuführen.
       
       In der kurzen Zeit könne man nur vorhandenes Aktenmaterial sichten,
       prophezeit der CDU-Mann und Ex-LKA-Mitarbeiter Karl Zimmermann. Daraus
       ergebe sich aus seiner Sicht kein Fehlverhalten der Polizei. Der
       Polizistenmord von Heilbronn sei ausermittelt worden, die Polizei habe
       „hervorragend gearbeitet“.
       
       21 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Müssigmann
       
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