# taz.de -- Mittel gegen Gentrifizierung: Länder bremsen Mieten
       
       > Schleswig-Holstein begrenzt Mieterhöhungen und tut es so den Stadtstaaten
       > gleich: Bremen will eine flächendeckende Mietpreisbremse einführen.
       
 (IMG) Bild: Wer gemietet hat, profitiert von der Preisbremse: Klingelschilder.
       
       HAMBURG taz | Der Schutz der Mieter vor dem überschießenden Immobilienmarkt
       kommt in Schwung. Immer mehr Länder nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten,
       während zugleich mit der Mietpreisbremse eine neue geschaffen wird, die im
       kommenden Jahr in Kraft treten soll. Hamburg arbeitet bereits mit einem
       umfangreichen Instrumentenkasten. Geht es nach den in Bremen mitregierenden
       Grünen, sollen auch dort zusätzliche Hebel gegen die Gentrifizierung in
       Bewegung gesetzt werden.
       
       Ein im vergangenen Jahr geschaffener Hebel ist gerade ins Bewusstsein
       gerückt: die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen. Für Gebiete mit einem
       „angespannten Wohnungsmarkt“, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit
       Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, dürfen die
       Mieten nicht mehr 20, sondern nur noch 15 Prozent in drei Jahren steigen.
       Obergrenze ist dabei immer die ortsübliche Vergleichsmiete.
       
       Schleswig-Holstein hat am Dienstag für 15 Kommunen eine darauf fußende
       Verordnung erlassen (siehe Kasten). „Wir wollen verhindern, dass Menschen
       in begehrten Wohnlagen aus ihren Wohnungen verdrängt werden, weil sie die
       Miete nicht mehr bezahlen können“, sagte Innenminister Stefan Studt (SPD).
       Das Land hat dafür mit Hilfe seines Mietgutachtens von 2013 und des
       Instituts für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) alle Kommunen mit
       Punkten bewertet: Darin flossen Informationen über die Miethöhen, den
       Anteil billiger Wohnungen, den Leerstand, den Anteil der Ferienwohnungen
       aber auch der Anteil der Sozialhilfebezieher und eine Haushaltsprognose
       ein.
       
       Das Land Bremen hatte die Kappungsgrenze für das Gebiet der Stadt Bremen
       schon im September flächendeckend eingeführt. Für Bremerhaven wäre das
       unsinnig. Dort droht eher Leerstand. Hamburg hat noch früher reagiert und
       schon am 1. September 2013, fünf Monate nach Inkrafttreten des
       Mietrechtsänderungsgesetzes, die Verordnung erlassen.
       
       Weitgehend beschlossene Sache ist die Mietpreisbremse, nach der die Miete
       bei einer Neuvermietung nur noch höchstens zehn Prozent über der
       ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Am 7. November befasst sich der
       Bundesrat erstmals mit dem entsprechenden Gesetzentwurf der schwarz-roten
       Bundesregierung. Der Bremer Bausenator Joachim Lohse (Grüne) begrüßte das.
       „Eine bundeseinheitliche Regelung ist besser als das Abwälzen des Problems
       auf die Länder“, sagte er und kündigte an, die Mietpreisbremse in der Stadt
       Bremen flächendeckend einzuführen.
       
       Die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde hält sich dagegen zurück. Noch sei
       nicht klar, wie sich der Gesetzentwurf verändern werde. „Wenn sie auf
       Bundesebene beschlossen ist, wird die Umsetzung in Hamburg im Bündnis für
       das Wohnen mit den Mietervereinen und der Wohnungswirtschaft diskutiert“,
       teilte die SPD-geführte Behörde mit.
       
       Während die Wohnungswirtschaft vor einem Erlahmen des Wohnungsbaus warnt,
       kritisierte die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft, auch zehn Prozent
       seien noch eine Erhöhung. Es dürfe keine Mieterhöhungen ohne Steigerung des
       Wohnwerts geben, verlangte die Linke. „Die Miete zu erhöhen allein aufgrund
       der Tatsache, dass die Wiedervermietung einer Wohnung stattfindet“, lehne
       sie ab.
       
       In Bremen, wo wie in Hamburg 2015 gewählt wird, erhöhen die Grünen den
       Druck auf ihren Koalitionspartner. Obwohl in Bremen der Wohnungsmarkt noch
       nicht so angespannt ist wie in Hamburg, steigen auch hier die Mieten.
       Einkommensschwache Menschen wandern zunehmend in die äußeren Stadtteile ab.
       „Das ist nicht mehr nur ein Problem der Geringverdiener, sondern zu einem
       der Mittelschicht geworden“, sagt Susanne Wendland, sozialpolitische
       Sprecherin der Bremer Grünen-Fraktion.
       
       Gleich mit mehreren Hebeln wollen sie einer Gentrifizierung in der Stadt
       entgegenwirken: Etwa über die Soziale Erhaltungsverordnung, die der Stadt
       in ausgewiesenen Milieu-Schutzgebieten ein Vorkaufsrecht für Immobilien
       einräumt und auch Abrisse und Nutzungsänderungen genehmigungspflichtig
       machen würde. Das soll Luxussanierungen und damit Mietpreissteigerungen
       vorbeugen und eine sozialen Spaltung verhindern. – Hamburg nutzt dieses
       Instrument schon lange.
       
       Vor dem Bau neuer Wohnungen soll der Bremer Senat auf den eigenen
       Grundflächen stärker den Finger haben: Grundstücke sollen transparenter und
       in kleineren Einheiten auch an Bauprojekte vergeben werden, fordert
       Wendland. So will Wendland verhindern, dass der Verkauf eines Grundstückes
       an einen Investor bereits vor Ausschreibung feststeht und neue
       Hochpreis-Siedlungen entstehen. Ebenso sollen mehr Flächen verpachtet statt
       verkauft werden.
       
       Der Senat soll wieder mehr sozialen Wohnraum ankaufen. Die Verträge für die
       bisher über 10.000 Sozialwohnungen laufen nach und nach aus und 2020 werden
       es weniger als 7.000 sein. Doch die Möglichkeiten in einem
       Haushaltsnotlageland wie Bremen sind begrenzt. Erste Schritte hatte der
       Bremer Senat bereits mit dem Wohnbauförderungprogramm 2012/2013
       unternommen: Fördermittel für bis zu 700 neue Sozialwohnungen wurden zur
       Verfügung gestellt, jede vierte Neubauwohnung muss einen Mietpreis unter
       6,50 Euro pro Quadratmeter haben.
       
       Die Hamburger backen hier deutlich größere Brötchen. 2013 hat der Senat mit
       6.400 erstmals die selbst gesetzte Zielmarke von 6.000 neuer Wohnungen im
       Jahr überschritten. Darunter waren aber nur rund 700 Sozialwohnungen. Die
       Zielmarke des Senats hier liegt bei 2.000.
       
       29 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
 (DIR) Gernot Knödler
       
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