# taz.de -- Verdeckte Ermittlerin in der Roten Flora: Im Auftrag des Staates gespitzelt
       
       > Der Hamburger Senat räumt ein: „Iris Schneider“ hat sechs Jahre im
       > Auftrag der Bundesanwaltschaft die linke Szene beobachtet. Es ging um
       > Terror-Verdacht.
       
 (IMG) Bild: Nicht immer so deutlich erkennbar: Polizisten beim Einsatz vor der Roten Flora.
       
       HAMBURG taz | Der Einsatz der verdeckten Ermittlerin Iris P. vom Hamburger
       Landeskriminalamt (LKA) in der linken Szene unter der Legende und
       Tarnidentität „Iris Schneider“ geht auf das Konto der Bundesanwaltschaft
       (BAW). Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken
       hervor. Die heute 41-jährige Iris P. war von 2000 bis 2006 vor allem im
       Umfeld des autonomen Zentrums Rote Flora und des Radios „Freies Sender
       Kombinat“ (FSK) aktiv, um die Aktivisten in ihrer persönlichen Umgebung und
       Intimsphäre zu bespitzeln.
       
       Der Einsatz der „nicht offen eingesetzten Polizeibeamtin“ sei damals vom
       Staatsschutz (LKA 8) zu Beginn als „gefahrenabwehrende Maßnahme angeordnet
       worden“, schreibt der Senat. „Die eingesetzte Beamtin ist wenige Monate
       nach Beginn bis zum Ende des Einsatzes als verdeckte Ermittlerin auf der
       Grundlage von gerichtlichen Beschlüssen“ nach der Strafprozessordnung in
       „Ermittlungsverfahren eingesetzt gewesen, die durch die Bundesanwaltschaft
       geführt wurden“, heißt es weiter. Was die Grundlage der damaligen Verfahren
       der „außerhamburgischen Behörden“ war, könne der Senat nicht beantworten.
       
       Dass „Iris Schneider“ beim FSK gespitzelt und gegen die Rundfunkfreiheit
       verstoßen habe, hält der Senat für nicht brisant. „Grundsätzlich ist eine
       Tätigkeit eines verdeckten Ermittlers im Rahmen seiner Legende bei einem
       Radiosender nicht ausgeschlossen“, heißt es.
       
       Für die Innenpolitikerinnen Antje Möller (Grüne) und Christiane Schneider
       (Linke) ist die Senatsantwort unzureichend, denn es ergäben sich aus der
       Antwort weitere Ungereimtheiten und Fragen. Am 9. Dezember ist das Thema
       darum erneut Gegenstand des Innenausschusses der Bürgerschaft.
       
       Die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage legt den Verdacht nahe, dass
       der „Iris Schneider“-Einsatz aus heutiger Sicht rechtswidrig gewesen ist,
       da er unter dem Verdacht „Bildung einer terroristischen Vereinigung“
       (Paragraf 129a StGB) geführt wurde. Dass es sich um einen
       Staatsschutzeinsatz handelte, bestätigt auch BAW-Sprecher Marcus Köhler der
       taz.
       
       ## Eine Frage der Kategorien
       
       In jenen Jahren neigte der damalige Generalbundesanwalt Kay Nehm dazu,
       politisch motivierte Sachbeschädigungen in die Kategorie Terror-Verdacht
       einzuordnen und die Ermittlungen an sich zu ziehen. So war 1999 der
       Dienstwagen des damaligen Hamburger Innensenators Hartmuth Wrocklage (SPD)
       vor seinem Privathaus angezündet worden. Ein Jahr später ging ein
       Lufthansa-Dienstwagen in Flammen auf, kurze Zeit später flogen Farbbeutel
       auf das Wohnhaus des Lufthansa-Chefs Jürgen Weber.
       
       Als Ende Dezember 2006 wenige Monate vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm das
       Privatauto der Ehefrau von Bundes-Finanzstaatssekretär Thomas Mirow (SPD)
       in Hamburg-Winterhude in Flammen aufging und die Hausfassade mit
       Farbbeuteln beschädigt wurde, schrieb die neue Generalbundesanwältin Monika
       Harms die Verdächtigen als mutmaßliche Terroristen nach § 129a zur Fahndung
       aus.
       
       Dieses Denken gipfelte am 9. Mai 2007 in einer großangelegten Razzia, bei
       der elf Wohnungen und Büroräume in Hamburg und Bremen von mutmaßlichen
       G-8-Gipfel-Gegnern durchsucht wurden. Danach waren die Wohnungen heimlich
       verwanzt und die Telefone angezapft worden.
       
       Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte später die BAW-Maßnahmen für
       rechtswidrig. Brandstiftungen an PKWs und Farbanschläge auf Hausfassaden
       seien nicht als Terrorismus einzustufen, da sie die Staats- und
       Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik nicht erschüttern. Deshalb hätte
       durch die BAW nicht der Paragraf 129a zur Anwendung kommen dürfen, sondern
       allenfalls der Paragraf 129 StGB einer kriminellen Vereinigung. Für diese
       Art der Vergehen sei die BAW jedoch nicht zuständig gewesen, sondern die
       Ermittlungsbehörden vor Ort.
       
       19 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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