# taz.de -- Lithium-Vorkommen in Bolivien: Der weiße Schatz wird gehoben
       
       > Lithiumbatterien sollen Boliviens Wirtschaft fördern. Nach Problemen bei
       > der Lithiumförderung sind nun die ersten Akkus im Einsatz.
       
 (IMG) Bild: Die Hälfte des weltweiten Lithium-Vorkommens soll sich unter der Kruste des Salzsees Salar de Uyuni verbergen.
       
       Rund fünfzig Zentimeter hoch ist die aluminiumfarbene, mit einer schwarzen
       verschraubten Abdeckung versehene Lithiumbatterie. Ein reflektierender
       Aufkleber in den bolivianischen Nationalfarben ist an der linken Ecke
       oberhalb der Ladeanzeige angebracht. Die Batterie gehört zu den ersten aus
       bolivianischer Produktion. In La Palca, nahe der alten Silberstadt Potosí,
       befindet sich die Pilotfabrik für die Herstellung kleiner und größerer
       Batterien sowie Akkus für Mobiltelefone.
       
       „Das ist unser Sprungbrett zur Serienproduktion. Hier kooperieren wir mit
       chinesischen Experten, lernen, wie wir Akkus und kleinere Batterien für
       Solaranlagen montieren – auch mit Teilen aus dem Ausland“, erläutert Luís
       Alberto Echazú.
       
       Der Ingenieur ist seit 2010 Direktor des Lithium-Programms des staatlichen
       Bergbaukonzerns Comibol und verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: die Produktion
       von Lithiumbatterien im industriellen Maßstab und den Export in die Region.
       
       In dreieinhalb Jahren soll das laut Echazú Realität sein, wenn alles wie
       geplant abläuft. Rund lief es allerdings in den letzten Jahren selten bei
       der Lithium-Revolution, die Präsident Evo Morales bereits 2008 ausrief. Das
       erklärte Ziel ist, das weiße Leichtmetall, das unter der dicken Kruste des
       im Süden Boliviens liegenden Salzsees Salar de Uyuni liegt, en gros zu
       fördern.
       
       Doch nicht der traditionelle Rohstoffexport wie von Silber oder Zinn in der
       Vergangenheit wird angestrebt, sondern die Weiterverarbeitung im Land.
       Batterien für Mobiltelefone, Elektrogeräte, aber auch für Autos sollen das
       Signet „Hecho en Bolivia“ tragen, wenn es nach Morales geht.
       
       Der träumt davon, große Batterien für Elektroautos von Toyota und Co. zu
       produzieren. Davon ist Bolivien jedoch noch weit entfernt. Dem
       aufstrebenden Land fehlt es nicht nur an Technologie, sondern es fehlen
       auch Experten mit ausreichend Know-how, so Juliana Ströbele-Gregor vom
       Berliner Lateinamerika-Institut, die gerade eine neue Analyse des
       Lithium-Programms beendet hat.
       
       ## Steigende Nachfrage
       
       Das macht sich schon bei der Förderung des Alkalimetalls bemerkbar, denn es
       kommt nicht ungebunden vor, führt bei Hautkontakt zu Verätzungen und
       oxidiert an der Luft. Wie soll das Leichtmetall, dessen Verbrauch sich seit
       dem Jahr 2000 verdoppelt hat, gefördert werden?
       
       In Bolivien sind die Verhältnisse deutlich anders als im benachbartem
       Chile. Dort verdunstet die lithiumreiche Salzlösung über Monate in der
       Sonne, und zurück bleibt Lithiumcarbonat. Das funktioniert theoretisch auch
       in Bolivien, nur herrscht rund um den Salzsee von Uyuni zwischen Ende
       Dezember und Anfang März Regenzeit. „Die Becken würden also voll laufen,
       sodass es Produktionsausfälle geben würde“, erklärt Jaime Claros von der
       Universität Potosí, die sich nicht allzu weit entfernt vom Salzsee
       befindet.
       
       Der Ingenieur hat in Kooperation mit der Bergakademie Freiberg ein
       alternatives Verdampfungsverfahren entwickelt. „Dabei wird die
       lithiumhaltige Salzlösung über mannshohe Kegel geleitet und verdampft, bis
       ein erntefähiges Konzentrat übrig bleibt“, schildert Claros das relativ
       simple Verfahren, mit dem auch in den Dörfern am Rande des 10.000
       Quadratkilometer großen Sees Lithiumcarbonat hätte gewonnen werden können.
       
       ## Große Verdunstungsbecken
       
       Bei den Experten der Comibol kam das Verfahren aber nicht gut an. „Das
       Problem bei den Kegeln ist, dass man extrem viele hätte aufstellen müssen
       und dass deren Betreuung sehr arbeitsintensiv gewesen wäre“, moniert José
       Bustillos. Der Ingenieur ist für die Abläufe rund um den Salzsee
       verantwortlich, und dort hat man sich für die herkömmliche Technologie mit
       den großen Verdunstungsbecken entschieden, die in Chile, aber auch bei den
       anderen großen Lithiumlieferanten wie Australien oder China im Einsatz ist.
       „Wir brauchen automatisierbare Prozesse und wollen neben dem Lithium auch
       andere Stoffe wie Kalium, Magnesium und Bor gewinnen“, erklärt Bustillos
       die Prämissen des Unternehmens.
       
       Kaliumchlorid soll ab Ende 2015 in großen Mengen als Düngemittel produziert
       werden. Derzeit wird es bereits in einer Pilotanlage hergestellt. „Eines
       unserer Etappenziele“, so der Verantwortliche des Lithium-Programms Luis
       Alberto Echazú. Der gibt allerdings zu, dass es durchaus Probleme und
       Verzögerungen bei der Umsetzung des ehrgeizigen Programms gegeben hat.
       Strom- und Wasseranschluss gibt es noch nicht und sollen erst 2018 kommen.
       
       Auch administrative Hürden hat es bei dem fast 900 Millionen US-Dollar
       schweren Programm gegeben. So sind von den 22 Kilometern an Becken, die für
       die Lithiumcarbonat-Förderung gebaut werden, derzeit vier Kilometer fertig,
       so Bustillos. In Bolivien hofft man zudem auf einen schnelleren
       Verdampfungsprozess aufgrund der klimatischen Bedingungen auf 3.600 Meter
       Höhe. Das hätten Studien ergeben, so Bustillos.
       
       ## Knowhow fehlt noch
       
       Wichtiger ist jedoch laut Ströbele-Gregor ein Patent des koreanischen
       Kooperationspartner Kores und Posco. Die haben ein Verfahren entwickelt,
       wie sich Lithiumcarbonat schneller gewinnen lässt, und es ist durchaus
       möglich, dass sich die Comibol entschieden hat, das Patent zu kaufen oder
       Lizenzgebühren zu zahlen, um die nationale Produktion endlich
       voranzutreiben.
       
       Kooperationen sind derzeit die einzige Option, die Defizite auszugleichen,
       die erst mittelfristig über Stipendienprogramme und universitäre
       Kooperation ausgeglichen werden sollen. So wird mit dem chinesischen
       Unternehmen Linyi Gelón die Pilotanlage für die Batterieproduktion
       betrieben, mit Kores und Posco, Korea, werden die für die
       Batterieproduktion wichtigen Lithiumkathoden produziert.
       
       „Für die Kathoden ist es nötig, Lithium mit hoher Reinheit zu produzieren.
       Das ist uns endlich gelungen“, berichtet Luis Alberto Echazú zufrieden. Ein
       Durchbruch für den obersten Lithiumverantwortlichen Boliviens.
       
       In drei bis vier Jahren, so Echazú, soll die industrielle
       Batterieproduktion in Bolivien anlaufen. Allerdings nicht wie einst erhofft
       in Eigenregie, sondern in Kooperation mit technologisch kompetenten
       Partnern.
       
       24 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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