# taz.de -- Am 1. Januar kommt der Mindestlohn: Ein Gesetz, zahlreiche Ausnahmen
       
       > Jeder Arbeitnehmer hat ab 2015 Anspruch auf mindestens 8,50 Euro brutto
       > pro Stunde - theoretisch. Aber Vorsicht: Es gibt zahlreiche
       > Sonderregelungen.
       
 (IMG) Bild: Der Mindestlohn soll branchenübergreifend zu besserer Vergütung führen.
       
       KÖLN taz | Mit dem Jahreswechsel bessert sich die wirtschaftliche Lage für
       viele Niedriglöhner: Ab dem 1. Januar gibt es in der Bundesrepublik
       erstmalig eine allgemeingültige flächendeckende Lohnuntergrenze.
       
       „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines
       Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber“,
       heißt es in Paragraf 1 des im Sommer beschlossenen Mindestlohngesetzes
       (MiLoG). Mindestens 8,50 Euro brutto pro Stunde müssen künftig herumkommen,
       das entspricht einem Bruttomonatsgehalt von 1.473 Euro.
       
       Damit hat die Große Koalition eines der zentralen Wahlversprechen der SPD
       umgesetzt. Das neue Gesetz gilt sowohl für Vollzeitbeschäftigte als auch
       für Minijobber und Saisonkräfte. 3,7 Millionen Menschen werden davon
       profitieren, hat das Bundesarbeitsministerium errechnet.
       
       Dabei dürfte der Zuwachs für manchen Niedriglöhner jedoch geringer
       ausfallen als erhofft: Sowohl Weihnachts- als auch Urlaubsgeld werden
       angerechnet, wenn sie anteilig mit dem monatlich fälligen Mindestlohn
       ausgezahlt werden. Ob sonstige Zuschläge, wie beispielsweise
       Schichtzulagen, tatsächlich nicht anrechnungsfähig sind, wie das
       Arbeitsministerium verkündet, werden wohl die Gerichte klären müssen. Im
       MiLoG fehlt jedenfalls eine entsprechende unzweideutige Regelung. Das
       werden die Chefs auszunutzen wissen.
       
       ## Mindestlohn-Hotlines
       
       Auch sonst bieten die Arbeitgeberverbände ihren Mitgliedsunternehmen
       bereits Hilfestellungen an, den Mindestlohn trickreich zu unterlaufen. Für
       Arbeitnehmer, die sich über den Tisch gezogen fühlen, hat das
       Arbeitsministerium eine Mindestlohn-Hotline eingerichtet: 030-60 28 00 28.
       Auch der DGB bietet ab dem 2. Januar eine Hotline an, um Fragen rund um den
       Mindestlohn zu beantworten (0391-40 88 003). Wer Verstöße gegen das
       Mindestlohngesetz feststellt, kann sich - auch anonym - bei der
       [1][Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)] des Zolls melden.
       
       Trotz Mindestlohngesetz werden in Deutschland auch weiterhin Menschen für
       weniger als 8,50 Euro arbeiten müssen. Zwar heißt es im Gesetz, jeder
       Arbeitnehmer habe Anspruch auf den Mindestlohn – es gibt aber zahlreiche
       Ausnahmen: Dazu gehören 18-Jährige ohne Berufsabschluss ebenso wie
       Auszubildende.
       
       Pflichtpraktika und freiwillige Praktika, die nicht länger als drei Monate
       dauern, fallen auch raus. Wer ein Jahr erwerbslos war, dem braucht sechs
       Monate lang kein Mindestlohn gezahlt zu werden – was die Gefahr birgt, dass
       er danach durch einen neuen Langzeitarbeitslosen ausgetauscht wird.
       
       Hinzu kommen branchenspezifische Sonderregelungen: Zeitungszusteller haben
       zunächst nur Anspruch auf 75 Prozent des Mindestlohns, also 6,38 Euro. Ab
       dem 1. Januar 2016 müssen sie mindestens 7,23 Euro erhalten. Erst Anfang
       2017 sind 8,50 Euro fällig. Nun werden die Austräger bisher aber nach der
       Zahl der verteilten Exemplare bezahlt. Derzeit ermitteln die Pressehäuser
       durchschnittliche Wegezeiten für die einzelnen Zustellbezirke, nach denen
       sie künftig entlohnt werden sollen. Wer nicht schnell genug verteilt, wird
       weniger bekommen.
       
       Auch die Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau
       werden noch etwas länger auf den Mindestlohn warten müssen. Ihre
       Gewerkschaft, die IG Bauen-Agrar-Umwelt, hat mit dem Arbeitgeberverband
       Ende August einen Tarifvertrag vereinbart, der für die Beschäftigten zum 1.
       Januar nur ein Mindestentgelt von 7,40 Euro im Westen und 7,20 Euro im
       Osten vorsieht. Auf Antrag der Tarifparteien hat das
       Bundesarbeitsministerium diese Vereinbarung Mitte Dezember für
       allgemeinverbindlich erklärt. Damit ist diese Branche für die kommenden
       zwei Jahre vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen.
       
       Auch die IG Metall und Verdi haben Ausnahmen möglich gemacht: Die in
       Ostdeutschland Beschäftigten der Textil- und Bekleidungsindustrie werden
       noch bis November 2016 weniger verdienen. Im Friseurhandwerk kommt der
       Mindestlohn erst ab August 2015.
       
       30 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Bekaempfung-der-Schwarzarbeit-und-illegalen-Beschaeftigung/Ansprechpartner/ansprechpartner_node.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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