# taz.de -- Gesetz und Wirklichkeit: Mindestlohn mit Schlupflöchern
       
       > Trotz massiver Erhöhung der Fahrpreise zahlt kein Bremer Taxiunternehmen
       > den seit Januar geltenden gesetzlichen Mindestlohn, sagt die IG
       > Taxifahrer.
       
 (IMG) Bild: Auch Taxifahrern steht jetzt, offiziell zumindest, der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu.
       
       BREMEN taz | Seit dem 1. Januar müssen ArbeitgeberInnen, die nicht unter
       eine der zahlreichen Ausnahmeregelungen fallen, ihren Angestellten
       Stundenlöhne von mindestens 8,50 Euro bezahlen. Dazu gehören auch
       Taxi-UnternehmerInnen. Doch die, behauptet die Bremer
       Interessengemeinschaft (IG) der Taxifahrer, interessiert das wenig – obwohl
       die Fahrpreise um rund 15 Prozent ansteigen sollen.
       
       Viel zu viel sei das, sagt Marco Bark, Sprecher der IG: „Wir wissen zwar,
       dass Bremen im Gegensatz zu anderen Städten die Preise noch moderat erhöht,
       aber trotzdem werden wir viele Fahrgäste verlieren.“ Unterm Strich bedeute
       das keinerlei Änderung für die FahrerInnen, die keinen Stundenlohn
       erhalten, sondern 35 bis 40 Prozent ihres Umsatzes. „Schriftlich werden 40
       Wochenstunden für einen Stundenlohn von 8,50 Euro abgerechnet – aber in
       Wahrheit arbeitet der Fahrer für das gleiche Geld 70 Stunden.“
       
       Auch Schwarzarbeit sei in der Branche ein großes Thema: „Angeblich
       geringfügig Beschäftigte fahren fünf, sechs Tage in der Woche.“ Mit solchen
       Tricksereien halten die UnternehmerInnen laut Bark nicht hinterm Berg: „Da
       wurde KollegInnen ganz stumpf gesagt: Mindestlohn wird es nicht geben.“
       Einem Kollegen, ebenfalls IG-Mitglied, sei sogar gekündigt worden, weil er
       auf sein Recht auf Mindestlohn bestanden habe.
       
       Für die Kontrolle des Mindestlohngesetzes ist die Bundeszollverwaltung
       zuständig. „Aktuell haben wir bundesweit rund 6.500 Beschäftigte bei der
       Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die wegen des Mindestlohngesetzes aber bis
       2019 um jährlich 320 Beschäftigte aufgestockt werden soll“, sagt Sarah
       Garbers von der Finanzdirektion Nord, zu der auch das Hauptzollamt Bremen
       gehört. Grundsätzlich müsse jedes Unternehmen mit Kontrollen rechnen, „aber
       unsere Schwerpunkte liegen in den Branchen Bau, Pflege, Gebäudereinigung,
       Gastronomie und Beförderung“.
       
       Letzteres sieht Bark anders: „Ich fahre seit 22 Jahren Taxi und bin nur
       einmal vom Zoll kontrolliert worden.“ Während extrem selten FahrerInnen
       kontrolliert würden, geschehe das bei UnternehmerInnen nie: „Ich weiß aus
       anderen Städten, dass dort Computer-Server in Taxizentralen überprüft
       wurden, weil dort sämtliche Fahrer erfasst sind, in Bremen jedoch ist das
       noch nie passiert.“
       
       Daneben sieht Bark ein Problem in der Nutzung der Taxi-Konzessionen: „Die
       Unternehmer besetzen immer alle Taxen, obwohl beispielsweise montags nur
       die Hälfte von ihnen notwendig ist – jedes von ihnen braucht aber einen
       Fahrer, der manchmal stundenlang nur steht.“ Rechnen würde sich dieses
       „Geschäftsmodell“ wiederum durch Schwarzarbeit. Und nicht nur die Sorge
       dafür, dass es unter den TaxifahrerInnen wenig Geschlossenheit gebe: „Die
       meisten Kollegen haben Angst, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich
       beschweren – besser wenig verdienen als arbeitslos werden.“
       
       Jeder könne sich bei Verstößen an das Zollamt wenden, sagt Sarah Garbers:
       „Wir nehmen auch anonyme Hinweise ernst und gehen ihnen nach.“ Auch die
       Gewerkschaften bieten Hilfe an, zusätzlich zu ihren Sprechzeiten haben sie
       eine telefonische „Mindestlohn-Hotline“ eingerichtet. „Viele Menschen
       wissen nicht, wie sie mit Verstößen ihrer Arbeitgeber umgehen sollen –
       ihnen fehlt das soziale Umfeld und das Selbstbewusstsein“, sagt Tim Voss
       vom DGB-Verband Bremen-Elbe-Weser. „Unser zentrales Anliegen ist aber, dass
       8,50 Euro nur ein Anfang, nicht aber das Ende der Fahnenstange sein darf.“
       
       6 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
       
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