# taz.de -- Stilllegung des AKW Biblis: Maulkorb gelockert
       
       > Ein wichtiger Zeuge darf nun doch im Untersuchungsausschuss aussagen. Er
       > warnte schon früh vor rechtlichen Risiken.
       
 (IMG) Bild: Biblis zu stoppen ist gelungen. Offen ist aber, ob dabei alles mit rechten Dingen zuging.
       
       BERLIN taz | Die Kritik blieb nicht ohne Wirkung: Bundesumweltministerin
       Barbara Hendricks (SPD) will einem ehemaligen Referatsleiter ihres
       Ministeriums nun doch erlauben, im hessischen Untersuchungsausschuss
       auszusagen, der mögliche Fehler bei der Stilllegung des Atomkraftwerks
       Biblis aufklären soll. In [1][der taz] hatte Hendricks den Maulkorb zuvor
       damit begründet, eine Aussage untergeordneter Mitarbeiter sei zur
       Aufklärung nicht erforderlich und zudem steige dadurch das Risiko von
       Schadenersatzzahlungen für den Bund.
       
       Nun rudert die Ministerin zurück: Aufgrund der „unredlichen Debatte“, in
       der der hessische CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier ihr „mangelndes
       Aufklärungsinteresse“ unterstellte, habe sie nun entschieden, den
       ehemaligen Mitarbeiter aussagen zu lassen, erklärte Hendricks am
       Donnerstagabend. Befragt werden soll er allerdings nur in nichtöffentlicher
       Sitzung.
       
       Der Untersuchungsausschuss in Hessen soll klären, wer die Verantwortung
       dafür trägt, dass es bei der Stilllegung des AKW Biblis nach dem GAU im
       japanischen Fukushima 2011 zu rechtlichen Fehlern kam, die zu
       Schadenersatzzahlungen in Höhe von 225 Millionen Euro an den Betreiber RWE
       führen könnten.
       
       Dazu dürfte der zunächst vom Aussageverbot betroffene Zeuge viel
       beizutragen haben. Es handelt sich um Gerrit Niehaus, der seinerzeit im
       Bundesumweltministerium das Referat „Bundesaufsicht bei Atomkraftwerken“
       leitete. Ende 2011 holte ihn der baden-württembergische Umweltminister
       Franz Untersteller (Grüne) als Chef der Atomaufsicht nach Stuttgart.
       
       Mit der Presse darf Niehaus derzeit nicht über die damaligen Vorgänge
       reden. Doch einen Eindruck davon, was er zur Aufklärung beitragen kann,
       geben interne Dokumente aus dem Untersuchungsausschuss, aus denen am
       Donnerstag zuerst das ARD-Magazin „[2][Monitor]“ zitierte. Demnach warnte
       das Referat von Niehaus frühzeitig vor „rechtlichen und finanziellen
       Risiken“ des Atom-Moratoriums. Gegen den Rat der zuständigen Mitarbeiter
       entschieden sich der damalige CDU-Umweltminister Norbert Röttgen und sein
       Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer, der zuvor für die Atomwirtschaft tätig
       war, die Abschaltung nicht mit konkreten Risiken, sondern mit einem
       allgemeinen „Gefahrenverdacht“ zu begründen.
       
       Aufgrund ihrer abweichenden Meinung durfte die eigentlich zuständige
       Arbeitsgruppe nicht an der Begründung für das Atommoratorium mitarbeiten.
       Dagegen protestierten nach taz-Informationen mehrere Mitarbeiter
       schriftlich beim Minister. Auch das dürfte im Untersuchungsausschuss zur
       Sprache kommen. Die Linken im hessischen Landtag, aber auch der frühere
       Atom-Abteilungsleiter des Bundesumweltministeriums, Wolfgang Renneberg,
       vermuten, dass die Stilllegung vorsätzlich fehlerhaft erfolgte, um den
       Konzernen Klagen auf Schadenersatz zu ermöglichen.
       
       6 Feb 2015
       
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