# taz.de -- Kommentar Neues Kopftuchurteil: Pegida wird jubeln
       
       > Das Verfassungsgericht erteilt der Ungleichbehandlung der Religionen in
       > der Schule eine Absage. Endlich. Aber es hat Türen für einen Kulturkampf
       > geöffnet.
       
 (IMG) Bild: Besser als dieses Urteil wäre eines gewesen, das Lehrerinnen keine Bekleidungsvorschriften macht.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat mit [1][seinem Urteil] endlich einen
       unhaltbaren Zustand beendet – und zugleich einen neuen erzeugt. Lehrerinnen
       dürfen laut dem Urteil in der Schule so lange ein Kopftuch tragen, wie der
       Schulfrieden nicht konkret gestört wird.
       
       Damit bekommen die Bundesländer, die vorher mit eiernden Formulierungen
       versuchten, Kopftücher aus der Schule zu verbannen, christliche Bekundungen
       aber zu erlauben, erstmal gründlich Bescheid gesagt. Ausnahmen für Kreuze
       und Nonnentrachten darf es nämlich nicht geben, meint das Gericht. Wenn
       diese den Schulfrieden stören, müssen sie auch verschwinden.
       
       Das Verfassungsgericht erteilt der Ungleichbehandlung der Religionen in der
       Schule also eine Absage. Endlich. Aber es hat damit auch die Schultüren für
       einen Kulturkampf geöffnet. Denn nun können alle, die es wollen, den
       Schulfrieden stören, indem sie Lehrerinnen anfeinden, wie diese ein
       Kopftuch tragen. Die paradoxe Wirkung: Nach rassistischen Angriffen auf
       eine Kopftuch-Lehrerin muss diese als Konsequenz ihr Kopftuch ablegen.
       Pegida wird jubeln.
       
       Den Bedürfnissen einer multireligiösen Gesellschaft wird das Urteil nicht
       gerecht. Eine solche würde wohl eher dafür werben, dass religiöse
       Kleidungsstücke auch in Bildungsinstitutionen getragen werden dürfen – und
       die Kinder sich damit auseinandersetzen können. Schließlich unterrichten
       bis heute auch Nonnen im Habit an staatlichen Schulen, ohne dass der
       Schulfrieden bisher in Gefahr geriet. Eltern, die damit gar nicht leben
       konnten, schickten ihre Kinder schlicht auf eine andere Schule.
       
       Und das Argument, dass das islamische Frauenbild mit Kopftuch der
       Gleichberechtigung im Grundgesetz widerspricht? Das könnte in einzelnen
       Auslegungen so sein, aber nicht in allen. Es gibt auch feministische
       Musliminnen mit Kopftuch, die die volle Gleichberechtigung der Frau
       befürworten und auch leben. Übrigens hat eine Befragung unter
       Lehramtsstudentinnen mit Kopftuch genau diese Haltung zutage gefördert.
       Und: In der katholischen Kirche herrscht ein weitreichendes Berufsverbot
       für Frauen, das wohl auch kaum mit dem Grundgesetz im Einklang steht.
       
       Besser als dieses Urteil wäre eines gewesen, das Lehrerinnen keine
       Bekleidungsvorschriften macht. Und sie vor allem nicht den lokalen
       Islamfeinden ausliefert.
       
       12 Mar 2015
       
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