# taz.de -- „Sea Watch“-Initiator über Flüchtlinge: „Wir fahren da jetzt einfach hin“
       
       > Eine Privatinitiative will mit der „Sea Watch“ ins Mittelmeer fahren, um
       > gegen die Politik der EU zu demonstrieren. Initiator Höppner erklärt die
       > Gründe.
       
 (IMG) Bild: „Sea Watch“ will sie unterstützen: Flüchtlinge im Mittelmeer.
       
       taz: Herr Höppner, Sie wollen mit einem Schiff ins Mittelmeer fahren um zu
       verhindern, dass dort noch mehr Menschen ertrinken. Wie wollen Sie das
       anstellen? 
       
       Harald Höppner: Wir werden eine Art Telefonzelle auf hoher See sein, auf
       der es auch einen Erste-Hilfe-Koffer gibt. Das heißt, dass wir
       stellvertretend SOS-Signale senden und auf Flüchtlingsboote in Seenot
       aufmerksam machen wollen. Wir haben Rettungsinseln, Schwimmwesten und
       Funkgeräte an Bord. In akuten Notfällen können wir auch medizinische
       Notversorgung leisten.
       
       Flüchtlinge werden Sie nicht aufnehmen? 
       
       Das ist nicht geplant. Sollten wir von der Seenotrettung dazu aufgefordert
       werden, würden wir das aber auch machen.
       
       Und was ist, wenn Sie auf ein sinkendes Boot treffen mit hundert
       Flüchtlingen und die Küstenwache nicht erreichen? 
       
       Das ist dann die Entscheidung des jeweiligen Kapitäns. Wir sind da
       grundsätzlich sehr vorsichtig und würden nur im Not- und Ausnahmefall
       weitere Menschen als die Crew an Bord nehmen. Aber wir haben Rettungsinseln
       für 500 Leute mit, die wir zu Wasser lassen können und auch jede Menge
       Schwimmwesten.
       
       Hinter der Initiative stecken vor allem Sie, Ihre Frau und ein Freund und
       Geschäftspartner. Ist das nicht eine arg kleine Besatzung? 
       
       In unserer Unterstützerkartei haben wir mittlerweile über 60 Menschen,
       darunter viele Seeleute, Rechtsanwälte, Ärzte, die mitfahren wollen. Wir
       selber werden gar nicht die ganze Zeit an Bord sein, eine ausgebildete Crew
       wird das Schiff fahren.
       
       Warum machen Sie das? 
       
       Wir wollen nicht länger zuschauen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken.
       Die Idee für das Projekt entstand im vergangenen Herbst, rund um die
       Feierlichkeiten zur Maueröffnung und die gleichzeitige erneute
       Flüchtlingswelle durch die Gewalt des Islamischen Staates in Syrien. Ich
       lebe in Berlin, für mich war die innerdeutsche Grenze viele Jahre sehr real
       und konkret. Die EU-Außengrenze ist auch eine deutsche Grenze. Heute
       sterben dort die Menschen bei dem Versuch, sie zu bezwingen. Wir dachten
       uns: Wir fahren da jetzt einfach mal hin. Wir brauchen ein Schiff, dann
       geht’s los!
       
       Die Initiative wird zunächst durch Ihr Privatgeld finanziert. Wieso stecken
       Sie Ihr Vermögen in so ein Projekt? 
       
       Wir haben in den letzten 20 Jahren im Einzelhandel ein bisschen Geld
       verdient, das wir dafür nutzen wollen. Ich habe auf meinen Geschäftsreisen
       nach Indien und Indonesien viel Gastfreundschaft erlebt und will davon
       gerne etwas zurückgeben. So ein Schiff kostet ja nun auch nicht die Welt,
       und die Crew wird in erster Linie ehrenamtlich arbeiten.
       
       Eigentlich seltsam, dass noch niemand vor Ihnen auf die Idee gekommen ist. 
       
       Irgendjemand muss anfangen. Aber im Ernst, unsere Idee ist schon, auch
       andere anzustecken. Warum fahren nicht alle deutschen Jachteigner zum
       Beispiel mit ihren Schiffen da runter?
       
       Am Freitag wird die „Sea Watch“ getauft. Wie geht es weiter? 
       
       Mitte April geht es los. Wir sind weder Berufsaktivisten noch
       Berufsseeleute und haben erst im Januar angefangen, das Projekt konkret zu
       planen. Deshalb liegt noch sehr viel Organisation vor uns. Zum Beispiel
       steht noch nicht fest, welche Crew in welchem Zeitraum fahren wird.
       
       Wer entscheidet das? 
       
       Ob jemand als Kapitän geeignet ist, wird von Kapitänen entschieden. Wir
       gucken uns alle Leute an, die sich bei uns melden und entscheiden dann.
       
       Wie lange wird die „Sea Watch“ unterwegs sein? 
       
       Erstmal ist nur eine Saison geplant. Wir werden in zwei Wochen losfahren
       und rechnen etwa einen Monat für die Überfahrt nach Malta. Dann wollen wir
       dort drei Monate lang unterwegs sein. Auf Malta haben wir eine kleine Ecke
       auf einem Campingplatz gemietet, die wir als Basisstation nutzen wollen. Ob
       es im nächsten Jahr weitergeht, ist unklar. Vielleicht ändert sich ja
       etwas. Wenn die EU ihre Hilfsmaßnahmen aufstocken sollte, drehen wir wieder
       um.
       
       27 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Lübbert
       
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