# taz.de -- Neue Leitung der Volksbühne Berlin: Die Feinde erstmal umarmen
       
       > Chris Dercons erster Auftritt in Berlin: Mit Charme und rhetorischem Witz
       > stellte sich der designierte Intendant der Presse vor.
       
 (IMG) Bild: Chris Dercon erklärt sich.
       
       BERLIN taz | Natürlich war der Presseraum im Roten Rathaus mit seinen 70
       Plätzen für Journalisten zu klein, als Berlins Bürgermeister und
       Kultursenator Michael Müller am Freitag Chris Dercon als designierten
       Intendanten der Volksbühne ab 2017 präsentierte. Gekommen waren auch Leute
       aus der freien Tanz- und Theaterszene, neugierig auf den Mann, dem soviel
       Theaterdonner vorausging.
       
       Er habe eine spannende Zeit hinter sich, begann Chris Dercon, zurzeit
       Leiter der Tate Modern in London, seine Rede (auf deutsch), in der er mit
       offenen Armen auf die Theaterleute zuging, die mit seiner Nominierung das
       Ensemble- und Repertoire-Theater bedroht sahen. Ebenso wie Michael Müller
       lag ihm sichtlich viel an der Versicherung, daran festzuhalten und auf
       tägliches Programm zu setzen, statt auf einzelne Festivals.
       
       „Das Theater muss nicht durch die Kunst gerettet werden“, begegnete er der
       Angst, mit ihm könne die Volksbühne in einen kunstmarktkompatiblen Laden
       verwandelt werden, „sondern vielleicht kann das Theater die Kunst vor ihrer
       Durchökonomisierung retten“. Eine schöne steile These, mit der Dercon sein
       Publikum unterhielt.
       
       Geschickt griff Dercon die Stichworte seiner Kritiker auf. Die
       vorausgegangene Debatte habe ihm gezeigt, wie wichtig es sei, zu fragen, wo
       das Theater hingeht. „Kollaboriere oder scheitere“, ein Zitat von Ulrich
       Beck, nimmt Dercon als Motto und verspricht, nicht einsam, sondern
       gemeinsam mit anderen das Theatermodell der Volksbühne zu entwickeln.
       
       Fünf Künstler konnte er dafür schon als „Komplizen“ nennen: Die
       Schauspielregisseurin Susanne Kennedy, die grade wieder zum Theatertreffen
       eingeladen ist, den französischen Choreografen Boris Charmatz, der ebenso
       wie der Filmemacher Romuald Karmakar für sich neue Arbeitsformen mit
       Schauspielern auf der Bühne ausprobieren will, die dänische Choreografin
       Mette Ingvartsen und Alexander Kluge.
       
       Für mehr Verknüpfung mit der Stadt sind eine temporäre Bespielung eines
       Hangars in Tempelhof geplant und Kooperationen mit dem Kino Babylon.
       Staatssekretär Tim Renner, der in den letzten Wochen für die Entscheidung
       hinter geschlossenen Türen die meisten Prügel bezogen hatte, saß in der
       Pressekonferenz neben Dercon, schwieg und lächelte erleichtert, dass
       endlich ein anderer die Kommunikation übernahm.
       
       24 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
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