# taz.de -- Kommentar zu Protesten in Israel: Tel Aviv ist nicht Baltimore
       
       > Nicht die Hautfarbe, sondern das Judentum ist in Israel entscheidend.
       > Äthiopische Juden können Rassismus deshalb wirkungsvoller anprangern.
       
 (IMG) Bild: So machtlos wie diese Demonstrantin sind jüdische ÄthiopierInnen nicht immer
       
       Ein paar Ohrfeigen und Fußtritte waren Auslöser für die Proteste der
       Israelis mit äthiopischen Wurzeln. Ohne erkennbaren Grund und vor laufender
       Kamera wurde der Soldat Damas Pakada von einem Polizisten angegriffen. Die
       Bilder lösten einen Aufschrei der Entrüstung in der gesamten Gesellschaft
       aus. Ausgerechnet ein israelischer Soldat, also „einer von uns“, ist hier
       unschuldig Opfer einer Misshandlung geworden, einzig aufgrund seiner
       Hautfarbe. Der Polizist erklärte später, er habe Pakada für einen
       Flüchtling ohne Aufenthaltserlaubnis gehalten: Als seien damit die Prügel
       eben gerechtfertigt.
       
       Die Israelis mit äthiopischen Wurzeln befinden sich im sozialen Vergleich
       am unteren Ende der jüdischen Hierarchie, was nicht heißt, dass die Tabelle
       hier schon aufhört. Noch weniger im Staat gelitten sind die arabischen
       Israelis, wie Umfragen danach zeigen, wen man nicht gern zum Nachbarn
       hätte. Als Nächstes kommen die legalen Arbeitskräfte aus Afrika und Fernost
       und noch dahinter die afrikanischen Flüchtlinge, die ohne Erlaubnis in
       Israel leben und die die Liste der Popularität abschließen. Der
       gewalttätige Polizist hatte gute Gründe, als er davon ausging, er komme mit
       seiner Erklärung durch.
       
       Die Frustration der äthiopischen Juden ist verständlich, trotzdem ist Tel
       Aviv nicht Baltimore, und in Israel geht es letztendlich nicht um schwarz
       oder weiß, sondern darum, wer Jude ist. Je stärker die Äthiopier auf
       gesellschaftlich relevanter Bühne vertreten sind, desto weniger spielt die
       Hautfarbe eine Rolle.
       
       Schon jetzt sitzen die äthiopischen Juden in den Medien, in der Knesset und
       in den Anwaltskanzleien, wo sie selbst ihre Rechte vertreten und die
       Rassisten vor Gericht zitieren. Jede Verurteilung wird Nachahmer
       abschrecken. Ein strenges Verfahren gegen den übergriffigen Polizisten wäre
       jetzt das richtige Signal.
       
       4 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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