# taz.de -- Kommentar Bürgermeister Tröglitz: 25 Jahre sind genug
       
       > Schluss mit der Ossi-Versteherei: Der Rücktritt des Tröglitzer
       > Bürgermeisters zwingt die Politik zum demokratischen Handeln.
       
 (IMG) Bild: Damit der „Friedensplatz“ in Tröglitz den Namen wert ist, muss Schluss sein mit dem Verständnis für Fremdenfeinde.
       
       Tröglitz ist zu einer Chiffre geworden. Das Dorf in Sachsen-Anhalt, dessen
       Bürgermeister unter massivem Druck der örtlichen Fremdenfeinde zurücktrat,
       hält her als typisch für den Osten Deutschlands. Dort habe man, so wird
       immer gern argumentiert, seit dem Ende der DDR erst 25 Jahre Zeit gehabt,
       um zivilgesellschaftliche Strukturen aufzubauen. So zu denken ist aber ein
       schwerer Fehler.
       
       Denn wovon reden wir hier eigentlich? 25 Jahre sind ein Vierteljahrhundert.
       Den Leuten im Osten gönnerhaft zu bescheinigen, sie hätten seit 1989 andere
       Sorgen gehabt, als über die eigene Haltung gegenüber Menschen in Not
       nachzudenken, nimmt nicht nur jene aus der Verantwortung, die – als
       harmlose Spaziergänger getarnt – ihre menschenverachtende Gesinnung auf die
       Straßen tragen. Fremdenhass als gesellschaftliche Währung akzeptabel zu
       finden stärkt diese Leute noch zusätzlich.
       
       Zum anderen schadet dieses paternalistische Ossis-Streicheln jenen, die
       sich für die Flüchtlinge vor Ort einsetzen. Wer öffentlich darüber
       spekuliert, dass man als Demokrat in Ostdeutschland irgendwie damit rechnen
       muss, bedroht zu werden, versagt den vielen Unterstützern der Asylbewerber
       jene Anerkennung, die sie dringend brauchen.
       
       Zugleich werden jene abgeschreckt, die gerade noch überlegt hatten, in der
       nahen Asylbewerberunterkunft Deutschunterricht anzubieten oder das
       überzählige Kinderfahrrad vorbeizubringen. Wer weiß, wer mich sieht? Das
       ist das Prinzip Kleinstadt.
       
       Die Politik kann und muss hier gegensteuern. Landespolitiker, Bürgermeister
       und Ortsvorsteher sind gut beraten, sich in Gesellschaft der Demokraten zu
       begeben – und sich zu zeigen. So, nur so überzeugen sie die demokratische
       Mehrheit. Und ja, die gibt es. Auch im Osten.
       
       12 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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