# taz.de -- Wehrbeauftragte sieht Personalprobleme: Högl gegen Wiedereinführung der alten Wehrpflicht
       
       > Die Wehrbeauftragte Eva Högl befürwortet das Wehrdienst-Modell von
       > Verteidigungsminister Pistorius. Sie fordert noch mehr Geld für die
       > Bundeswehr.
       
 (IMG) Bild: Eva Högl, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, stellt den Jahresbericht 2024 zur Lage der Bundeswehr vor
       
       Berlin epd/dpa/afp | Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD),
       hält eine Wiedereinführung der alten Wehrpflicht für nicht umsetzbar. „Das
       würde die Bundeswehr überfordern“, sagte Högl [1][bei der Vorstellung ihres
       Jahresberichts am Dienstag in Berlin]. Es gebe aktuell nicht genügend
       Stuben sowie Ausbilderinnen und Ausbilder. Es sei daher „keine gute Idee“,
       die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht für junge Männer wieder einzuführen. Högl
       wiederholte ihren Vorschlag, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für
       Frauen und Männer einzuführen, das bei den Streitkräften, aber auch in
       anderen gesellschaftlichen Bereichen absolviert werden könnte.
       
       ## Unterstützung für Pistorius
       
       Gleichzeitig lobte sie den vor der Bundestagswahl nicht mehr beschlossenen
       Vorschlag von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für ein
       Wehrdienstmodell, das junge Männer dazu verpflichten soll, über ihre
       Bereitschaft für einen Dienst in der Bundeswehr Auskunft zu geben. Man
       müsse erst einmal bei der Erfassung weiterkommen, sagte Högl. Es sei dann
       richtig, in einer Größenordnung von 5.000 neuen Rekrutinnen und Rekruten
       pro Jahr zu beginnen. Damit wäre gewährleistet, dass sie eine gute
       Ausbildung bekommen, sagte sie.
       
       Wie aus Högls Bericht hervorgeht, ist der Personalbestand der Bundeswehr,
       [2][der eigentlich wachsen soll], im vergangenen Jahr erneut geschrumpft.
       Ende 2024 gab es dem Bericht zufolge 181.174 aktive Soldatinnen und
       Soldaten, gut 300 weniger als im Jahr zuvor. Zudem altert die Truppe
       weiter. Das Durchschnittsalter stieg Högl zufolge auf 34 Jahre. „Leider
       weiterhin verschlechtert hat sich die sehr hohe Anzahl unbesetzter
       Dienstposten“, schreibt die SPD-Politikerin in ihrem in Berlin vorgelegten
       Jahresbericht für 2024.
       
       ## Unbesetzte Dienstposten
       
       Im Jahr 2020 – dem Beginn ihrer Amtszeit – seien rund 18 Prozent der
       militärischen Personalstellen in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften
       unbesetzt gewesen. Ende 2024 seien es sogar knapp 20 Prozent gewesen. Bei
       den Mannschaften waren im vergangenen Jahr sogar rund 28 Prozent aller
       Dienstposten unbesetzt gewesen. Ursachen seien neben dem allgemeinen
       Personalmangel auch Vakanzen – wie durch Ausbildung, Elternzeit, Krankheit
       oder Freistellung. Die Streitkräfte liefen aber Gefahr, dass die personelle
       Einsatzbereitschaft erheblich leide, wenn fast jede fünfte Kraft bei
       Unteroffizieren und Offizieren und mehr als jede vierte Kraft bei den
       Mannschaften fehle.
       
       „Genügend und vollständig einsatzbereites Personal ist der Schlüssel zur
       Verteidigungsfähigkeit. Dem ursprünglich bis zum Jahr 2025 gesteckten,
       jedoch später zeitlich angepassten Ziel, eine Personalstärke von 203.000
       Soldatinnen und Soldaten bis zum Jahr 2031 zu erreichen, ist die Bundeswehr
       im Berichtsjahr erneut nicht nähergekommen“, stellt Högl fest. Die Zahl der
       Männer und Frauen in der Bundeswehr sei auf 181.174 sogar leicht gesunken.
       Högl warnt: „Gleichzeitig wird die Bundeswehr immer älter. Während das
       Durchschnittsalter Ende 2019 noch 32,4 Jahre betrug, ist es bis Ende 2024
       auf 34 Jahre gestiegen.“
       
       ## Wehrbeauftragte mahnt bessere Ausstattung an
       
       „Die personelle, materielle und infrastrukturelle Ausstattung der
       Bundeswehr muss schnell besser werden“, schreibt Högl in ihrem am Dienstag
       veröffentlichten Jahresbericht 2024. „Ungeduld ist geboten und Erwartungen
       sind gerechtfertigt.“ Die Bundeswehr müsse „vollständig einsatzbereit
       sein“, schreibt Högl vor dem Hintergrund der neuen sicherheitspolitischen
       Herausforderungen Deutschlands. Högl sieht aber, dass es „überall (…)
       endlich Bewegung“ gebe.
       
       Die Bundeswehr erhalte mehr Geld und Waffen, auch gebe es [3][Initiativen
       zur Personalgewinnung] und Strukturreformen zur Fokussierung auf den
       Kernauftrag. „Diese Anstrengungen waren enorm, die Ergebnisse jedoch (noch)
       nicht überall sichtbar, spürbar oder messbar“, schreibt Högl. Sie verglich
       die Bundeswehr mit einem Tankschiff, das lange Zeit zum Kurswechsel
       braucht. „Zeit, die wir nicht haben“, mahnte Högl.
       
       Ihr Bericht bescheinigt der Bundeswehr in den zurückliegenden fünf Jahren
       „die wechselvollsten Jahre ihrer fast 70-jährigen Geschichte“. In diesen
       fünf Jahren habe sich der Kernauftrag der Bundeswehr vor dem Hintergrund
       des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hin zur Landes- und
       Bündnisverteidigung verändert. Die Bundeswehr sei „bereit, durch Stärke
       potenzielle Aggressoren abzuschrecken“. Nun werde „mit Hochdruck“ daran
       gearbeitet, „die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen zu
       bewältigen, die nicht selten auch auf Versäumnissen in der Vergangenheit
       beruhen“.
       
       ## Hoher Investitionsbedarf
       
       Damit die deutschen Streitkräfte ihre „vielfältigen neuen Aufgaben“
       erfüllen können, mahnt Högl eine „auskömmliche finanzielle Grundlage“ der
       Bundeswehr an. Im vergangenen Jahr seien nur 50,3 Milliarden Euro aus dem
       insgesamt 52 Milliarden Euro umfassenden regulären Verteidigungshaushalt
       genutzt worden. „Das Ministerium sollte in Zukunft sicherstellen, dass zur
       Verfügung stehende Gelder auch ausgegeben werden“, schreibt Högl. Zudem
       seien rund 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen bereitgestellt
       worden.
       
       Das Verteidigungsministerium von Högls Parteigenosse Boris Pistorius könnte
       künftig noch deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Union und
       SPD hatten in den Sondierungen über eine mögliche neue Bundesregierung
       zuletzt die Aussetzung der Schuldenbremse für Wehrausgaben über 1 Prozent
       der Wirtschaftsleistung beschlossen. Unklar ist noch, ob die dafür nötige
       Grundgesetzänderung im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit bekommt.
       
       Das Geld würde [4][laut Högl dringend benötigt]. Allein im Bereich der
       Infrastruktur habe der Gesamtinvestitionsbedarf Ende 2024 bei rund 67
       Milliarden Euro gelegen. Kasernen und Liegenschaften seien „immer noch
       teilweise in einem desaströsen Zustand“. Es mangele aber auch an
       funktionstüchtigem Großgerät und Ersatzteilen, „was zum Teil auch aus der
       so wichtigen Abgabe von Material an die Ukraine resultiert“, schreibt Högl.
       
       ## Rechtsextreme Vorfälle
       
       Högl berichtet in ihrer Jahresbilanz auch von rechtsextremistischen
       Vorfällen bei der Truppe, die aber nur „eine kleine Minderheit“ der
       Soldatinnen und Soldaten betreffe. So habe es „diverse“ Vorfälle gegeben,
       bei denen Soldatinnen und Soldaten das umgedichtete Lied „L'amour toujours“
       mit der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben –
       nachdem im Sommer ein ähnliches Video von Urlaubern auf Sylt bekannt
       geworden war. Die Bundeswehr sei dagegen mit Disziplinarmaßnahmen wie
       Geldbußen bis zu Entlassungen vorgegangen. Zudem werden einzelne Vorfälle
       von Bundeswehrangehörigen aufgeführt, die den Hitlergruß zeigten.
       
       11 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundestag.de/resource/blob/1056744/d6b1b9216af9ef4cc4d2d39494ac6a36/jahresbericht_2024_11maerz.pdf
 (DIR) [2] /Personalwerbung-fuer-die-Bundeswehr/!5938670
 (DIR) [3] /Wehrbeauftragte-will-Musterung-zurueck/!5938205
 (DIR) [4] /Die-Wahrheit/!5937606
       
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