# taz.de -- Serie Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Stillstand ist keine Option
       
       > Keine Frage, der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird gebraucht. Aber
       > brauchen wir gleich so viel davon? Vorschlag für ein Sparprogramm.
       
 (IMG) Bild: Zu viel Programm für viel zu viel Geld?
       
       Kein öffentlicher Rundfunk der Welt ist so aufgebläht wie der deutsche. Mit
       über 20 Fernseh- und 63 Radiosendern, 16 eigenen Orchestern sowie einem
       Finanzbedarf von jährlich über acht Milliarden Euro übertrifft er damit
       seine ausländischen Pendants um Längen. Zum Vergleich: Die britische BBC
       benötigt für ein qualitativ mindestens gleichwertiges Programm gerade
       einmal 60 Prozent dieses Budgets.
       
       Trotz dieser Zahlen haben ARD und ZDF letztes Jahr erneut einen
       zusätzlichen Finanzbedarf von über 200 Millionen Euro angemeldet und somit
       neue Beitragserhöhungen in Aussicht gestellt. Doch Berechnungen ergaben
       nun: Tatsächlich werden die Sender wohl bis 2020 sogar einen Überschuss von
       545 Millionen Euro generieren.
       
       Diese Meldungen sind besorgniserregend: Denn sie schaden dem ohnehin
       angeknacksten Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland
       weiter. Wenn trotz groß angekündigter Kostensparmaßnahmen am Ende doch
       wieder die Beiträge erhöht werden sollen, obwohl eigentlich genug Geld da
       wäre, sinkt ihre Akzeptanz in der Bevölkerung enorm.
       
       Dabei könnten wir einen öffentlichen Rundfunk, der die Bevölkerung mit
       hochwertigen Informationen versorgt, grundsätzlich gut gebrauchen – in
       einer Zeit, in der Fakten beliebig geworden sind und ein Informationskrieg
       der Deutungshoheit tobt, kann ein verlässlicher öffentlicher Rundfunk, der
       Inhalte bereitstellt, die andere nicht liefern können, zur Stabilisierung
       unserer Gesellschaft beitragen.
       
       ## Lieber Infos als Unterhaltung
       
       Umso weniger verstehe ich jedoch, wieso der öffentliche Rundfunk immer noch
       versucht, in Konkurrenz zum privaten Angebot zu treten. So zum Beispiel bei
       den Übertragungsrechten für Sportveranstaltungen: Warum muss hier der
       gebührenfinanzierte Rundfunk unbedingt mitbieten und dadurch die Preise in
       die Höhe treiben, wenn die Spiele genauso gut von privaten Sendern gezeigt
       werden könnten?
       
       Wieso nutzt der öffentliche Rundfunk seinen strukturellen
       Wettbewerbsvorteil, nämlich nicht auf Einschaltquoten und die damit
       verbundenen Werbeeinnahmen angewiesen zu sein, nicht lieber dafür, sein
       Programm auf jene Inhalte zu konzentrieren, welche eben nicht ohne weiteres
       auch von Privaten übernommen werden können? Stattdessen werden 60 Prozent
       der Rundfunkbeiträge für Unterhaltung verwendet – die im Zweifel auch mal
       Vorrang vor einer wichtigen Plenardebatte genießen.
       
       Über 30 Jahre nach Einführung der ersten privaten Sender brauchen wir daher
       endlich eine Generalsanierung unseres Rundfunksystems. Es gibt inzwischen
       ein so vielfältiges Angebot an privaten Sendern, dass die
       öffentlich-rechtliche Konkurrenz vielfach unnötig geworden ist.
       
       ## Ein Sender reicht
       
       Wir benötigen deshalb keine Dutzenden öffentlich-rechtlichen Sender mehr,
       die im Grunde dasselbe Angebot bereitstellen wie ihre privaten Pendants.
       
       Stattdessen bräuchten wir im Prinzip nur noch einen werbefreien
       öffentlichen Sender pro Ausstrahlungsform (also Radio und TV), der uns rund
       um die Uhr mit hochwertigen Nachrichten, Dokumentationen und Kultur
       versorgt – und zwar ohne Werbeunterbrechung. Das würde letztlich sowohl die
       Qualität unseres Rundfunks als auch die Akzeptanz in der Bevölkerung
       erhöhen.
       
       Und wir brauchen dafür auch keine derart horrenden Rundfunkbeiträge. Gerade
       für junge Menschen, die vielleicht in ihre erste eigene Wohnung (in der
       Regel ohne Fernseher) ziehen, ist es ohnehin nicht nachvollziehbar, wieso
       sie 17,50 Euro im Monat für ein Angebot bezahlen müssen, das sie oftmals
       überhaupt nicht nutzen – zumal ein monatliches Abonnement bei Netflix
       gerade einmal 7,99 Euro kostet. Durch echte Strukturreformen könnte man
       diesen Beitrag erheblich senken, mittelfristig hoffentlich sogar ganz
       abschaffen und dadurch vor allem Geringverdiener spürbar entlasten.
       
       Es gibt also viel zu tun. Und auch hier gilt: Stillstand ist keine Option.
       Denn andernfalls wird sich der öffentliche Rundfunk angesichts stetig
       sinkender Einschaltquoten (gerade bei jungen Zuschauern) langfristig
       ohnehin nicht erhalten können.
       
       Wir dürfen diese Reformdebatte nun aber nicht allein populistischen
       Schreihälsen überlassen, die in Wahrheit nur im Sinn haben, einen neutralen
       Rundfunk mundtot zu machen. Stattdessen müssen wir diese notwendige Debatte
       endlich selbst führen, und zwar ehrlich, offen und selbstkritisch. Nur so
       werden wir unseren vielfältigen Rundfunk retten: indem wir ihn grundlegend
       reformieren.
       
       Bisher erschienen: 
       
       [1][Die Gebühren-Diskussion nervt] 
       
       [2][Eine Gesellschaft braucht Fiktion] 
       
       [3][Radikal digital]
       
       13 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Phil Hackemann
       
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       Rundfunk, der alle erreicht. Dazu müssen die vielen Barrieren im Netz weg.
       
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       informieren, unterhalten und bilden. Machen sie das noch zeitgemäß?
       
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       Die Schweizer haben zwar deutlich für die Öffentlich-Rechtlichen gestimmt.
       Aber „NoBillag“ hat Probleme aufgezeigt, die auch in Deutschland
       existieren.
       
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       Patricia Schlesinger über die Rundfunkgebühr-Abstimmung in der Schweiz und
       den Druck auf die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland.