# taz.de -- Schweizer Auftakt bei der Fußball-EM: Rausch und Ernüchterung
       
       > Die Gastgeberinnen lassen sich beim EM-Auftakt von der positiven Stimmung
       > beflügeln und verlieren doch. Die Gefühlslage ist deshalb zwiespältig.
       
 (IMG) Bild: Ernüchternder Rückschlag: Torhüterin Livia Peng greift daneben und Ada Hegerberg trifft zum Ausgleich
       
       Glückliche Verliererinnen gibt es natürlich nicht. Aber die Schweizer
       Nationalspielerinnen hatten [1][nach der 1:2 Auftaktniederlage] gegen
       Norwegen schon erhebliche Probleme, ihre Gefühlslage zu sortieren. Denn vor
       der großen Enttäuschung war dieser große Rausch, der irgendwie immer noch
       nicht verebbt war. Und davor wiederum die vielen Berichte von der angeblich
       miesen Stimmung beim Gastgeberteam vor dem nahenden Eröffnungsspiel dieser
       EM.
       
       Angefangen hatte es in Basel schon, als die Schweizer Nationalspielerinnen
       in der späten abendlichen Bruthitze von über 30 Grad zur Vorbereitung auf
       die Partie erstmals den Rasen des St. Jakob-Parks betraten und vom Publikum
       mit euphorischer Begeisterung empfangen wurden. „Ich habe das Strahlen in
       den Augen meiner Mitspielerinnen gesehen“, erzählte Geraldine Reuteler. Und
       von sich selbst berichtete sie, Gänsehaut gar über das ganze Spiel gehabt
       zu haben.
       
       Die positive Energie übertrug sich in der ersten Halbzeit ohne die
       geringsten Reibungsverluste auf das Fußballspiel der Gastgeberinnen. Mit
       begeisterndem Schwung übernahmen sie die Regie. Und spätestens als Nadine
       Riesen den Führungstreffer erzielte, wähnte man sich in einem Spielfilm,
       der sich doch trotz eventueller Rückschläge unweigerlich auf ein Happy End
       zubewegen musste.
       
       Eine Europameisterschaft vor heimischem Publikum eröffnen zu dürfen, so
       etwas erlebe man nie mehr, sagte Riesen nach der Partie. Sie habe sich
       vorgenommen, etwas zurückzugeben. Das war nicht nur wegen ihres Treffers
       nicht zu übersehen. Die linke Außenverteidigerin hatte einen enormen
       Vorwärtsdrang und wurde immer wieder gesucht.
       
       ## Teamspirit von der Ersatzbank
       
       Von der schlechten Energie, die sich vor dem Eröffnungsspiel im Team
       breitgemacht haben soll, weil Trainerin Pia Sundhage gerüchtehalber zu hart
       habe trainieren lassen, waren nicht die geringsten Spuren wahrzunehmen. Im
       Gegenteil, die Ersatzspielerinnen wirkten in der ersten Halbzeit an der
       Seitenlinie wie ein verlängerter Arm des Publikums und beklatschten
       frenetisch jede gelungen Angriffsaktion ihrer Teamkolleginnen.
       
       So führte Riesens Weg nach ihrem Treffer auch schnell an den Spielfeldrand:
       „Wir haben einen unglaublich tollen Teamspirit“, hielt die 25-Jährige fest.
       „Ich bin schon einige Jahre in der Nati. Aber die Zeit vor der EM hat uns
       mega zusammengeschweißt. Ich wollte mit alle zusammen jubeln.“
       
       Lia Wälti, deren Einsatz zuvor in Frage stand, war aus Sicht von
       [2][Trainerin Pia Sundhage] sehr bedeutsam für diesen Abend: „Sie hat das
       Team so viel besser gemacht.“ An der ersten Halbzeit hatte die Trainerin
       nichts auszusetzen. „Es war wirklich ein gutes Spiel von unserer Seite.“
       Aber auch Reuteler fiel auf, weil sie an fast allen torgefährlichen
       Aktionen beteiligt war.
       
       Von den norwegischen offensiven [3][Weltklassespielerinnen Ada Hegerberg]
       und Caroline Graham Hansen war wiederum lange nichts zu sehen. In der
       ersten Hälfte gelang ihnen nicht ein Schuss aufs Tor. Bei den von der
       Schweiz begünstigten, siegbringenden Treffern Norwegens waren beide
       wiederum beteiligt. Hegerberg konnte nach einer Ecke einköpfen, weil sich
       die ansonsten gute Torhüterin Livia Peng verschätzte, und den scharfen Pass
       von Graham Hansen grätschte Julia Stierli unglücklich ins eigene Tor.
       
       Für ein paar wenige Minuten herrschte geschockte Stille im St. Jakob-Park.
       Die Fantasien waren bereits geweckt, welche Vibrationen ein schwungvoller
       Schweizer Auftaktsieg auch für dieses Turnier bedeuten könnten. Doch binnen
       kürzester Zeit hatten die Schweizerinnen sich selbst neutralisiert.
       
       Sundhage kündigte an, man werde diese unglücklichen Szenen nach der
       Halbzeit noch einmal genau analysieren, um die Spielerinnen für die Partie
       am Sonntag gegen Island, die möglicherweise schon über das Ausscheiden in
       der Vorrunde entscheidet, „in ihrer Zuversicht zu stärken“.
       
       Analyse und Emotion sind im schweizerischen Team eng miteinander verbunden.
       Sundhage kündigte mit Blick auf das nächste Spiel am Sonntag in Bern an:
       „Wir werden Island ein hartes Spiel bieten. Das kann ich versprechen.“
       
       3 Jul 2025
       
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 (DIR) Johannes Kopp
       
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