# taz.de -- Westukraine: Nirgendwo Sicherheit vor Angriffen
       
       > Auch im Westen der Ukraine sind immer häufiger Städte und Ortschaften
       > Ziele russischer Luftschläge. So soll die Bevölkerung weiter zermürbt
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Zerstörte Wohnungen in Tscherniwzi nach einem russischen Angriff am 12. Juli
       
       Tscherniwzi taz | In Tscherniwzi gibt es am vergangenen Wochenende nur ein
       Thema: In der Nacht zu Samstag wurden die Stadt und die gleichnamige Region
       zum Ziel der bislang [1][massivsten russischen Luftangriffe seit dem Beginn
       von Russlands Großinvasion] in die Ukraine. „Alle wollen schlafen, aber was
       soll man tun?“, sagt eine Frau auf dem Markt, während sie ihre Waren auf
       einem Verkaufsstand platziert.
       
       Die Region Tscherniwzi in Südwesten des Landes, die an Rumänien und die
       Republik Moldau grenzt, gilt als eine der sichersten in der Ukraine und ist
       zu einem wichtigen Zufluchtsort für Binnengeflüchtete aus den östlichen
       Teilen des Landes geworden. Bisher blieb sie von [2][russischen
       Luftangriffen] weitgehend verschont – doch damit scheint es jetzt auch hier
       vorbei zu sein.
       
       Der Luftalarm begann um halb drei Uhr morgens. Bereits von Weitem war bei
       der Anfahrt mit einem Bus grelles Leuchten zu sehen, ausgelöst von der
       ukrainischen Luftabwehr, die versuchte die russischen Geschosse zu
       eliminieren. Gegen 3.30 Uhr war im Stadtzentrum das typische laute,
       [3][unheilvolle Brummen einer Shahed-Drohne] und die ukrainische Luftabwehr
       zu hören, letztere auch zu sehen – dasselbe wiederholte sich gegen 4.15
       Uhr. Kurz nach fünf Uhr war es vorbei.
       
       Der Gouverneur [4][der Region Tscherniwzi] Ruslan Saparanjuk richtete sich
       noch in der Nacht in seinem Telegram-Kanal mit Nachrichten an die Menschen,
       die mit roten Ausrufezeichen versehen sind: „!! Gefahr durch den Einsatz
       von Drohnen! Begeben Sie sich in Luftschutzkeller!“ „!! Tscherniwzi –
       SOFORT in Deckung gehen!! Luftabwehr im Einsatz!!“ „!! ACHTUNG!!
       Raketengefahr!! Region Tscherniwzi – alle in die Luftschutzkeller!“
       
       ## Die Zermürbungstaktik wirkt
       
       Der Gouverneur erinnerte auch daran, auf keinen Fall Foto- oder
       Video-Aufnahmen von der Luftabwehr zu machen und sie in den sozialen
       Netzwerken zu verbreiten, das könnte dem Feind wichtige Hinweise geben.
       
       Am nächsten Morgen teilte Saparanjuk mit, dass vier Shahed-Drohnen und eine
       Rakete [5][auf die Region Tscherniwzi] abgeschossen worden seien. Demnach
       kamen durch Trümmerteile zerstörter Geschosse zwei Zivilist:innen ums
       Leben, ein 43-jähriger Mann und eine 26-jährige Frau. Zahlreiche Menschen
       wurden verletzt, zwei davon befinden sich laut des öffentlichen regionalen
       Rundfunks Suspile Tscherniwzi im künstlichen Koma.
       
       „Derzeit setzen alle zuständigen Dienste ihre Arbeit am Ort des Einschlags
       der abgeschossenen Rakete fort: Sie räumen Trümmer weg und
       [6][dokumentieren die Kriegsverbrechen] der Russischen Föderation gegen die
       Zivilbevölkerung“, so der Gouverneur. Mehrere Wohnhäuser, Geschäfte,
       Verwaltungsgebäude, ein Kindergarten und Autos wurden beschädigt.
       
       Vielen Bewohner:innen ist anzusehen, dass sie kein Auge zugetan haben.
       Anders als in östlichen Landesteilen und in der [7][Hauptstadt Kyjiw sind
       hier nächtliche Luftangriffe] noch nicht zur Routine geworden. „Zwei
       Leichen“, „Shaheds“, „Scheiß Russen“ heißt es. „So etwas Schlimmes hatten
       wir bisher nicht“, sagt die Mitarbeiterin eines städtischen Museums
       gegenüber der taz.
       
       ## Pause vom Krieg
       
       Südwestlich von Tscherniwzi liegt das Karpatengebirge, das ein beliebtes
       Urlaubsziel ist. Dort finden aktuell zahlreiche Sommercamps für Kinder und
       Jugendliche statt – einige speziell für Kinder aus frontnahen oder von
       Russland besetzten Gebieten. Sie sollen hier [8][eine Pause vom Leben im
       Krieg] bekommen.
       
       Mit seiner Attacke hat Moskau ein weiteres unheilvolles Signal an die
       Menschen in der Ukraine gesandt: Nirgends ist man sicher, der [9][Terror
       aus der Luft] kann jede/n überall treffen.
       
       14 Jul 2025
       
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