# taz.de -- Reichsbürger-Razzia: Noch mehr durchsuchte Polizisten
       
       > Zu den terrorverdächtigen Reichsbürgern gehören noch mehr Polizisten als
       > bisher bekannt. Waren sie vorab über die Ermittlungen informiert?
       
 (IMG) Bild: Einsatzkräfte der Polizei laufen zum Jagdschloss Waidmannsheil
       
       Berlin taz | Der Polizist soll beim Landeskriminalamt in Niedersachsen just
       für den Bereich Rechtsextremismus zuständig gewesen sein – und wurde nun am
       Mittwoch ebenso [1][bei der bundesweiten Reichsbürgerrazzia] durchsucht.
       Gleiches traf eine Polizistin im Landkreis Minden-Lübbecke (NRW). Beide
       Fälle werfen eine heikle Frage auf: Waren die Beamten vorab über die
       Ermittlungen und Durchsuchungen informiert – und damit vielleicht auch
       weitere Mitstreiter?
       
       Niedersachsens Innenminister [2][Boris Pistorius] (SPD) bestätigte den
       Vorgang. Dem Beamten wurde das Ausführen der Dienstgeschäfte untersagt: Er
       darf die Dienstwaffe nicht mehr führen und das Landeskriminalamt nicht mehr
       betreten. Der Polizist sei seit November krank und dienstunfähig gewesen,
       sagte Pistorius dem NDR. Auch davor habe er sich nur in einer kurzen
       Wiedereingliederungsmaßnahme befunden. Vollwertige Ermittlungsaufträge habe
       er nicht bearbeitet. Ob er dennoch von den Reichsbürger-Ermittlungen
       mitbekam, dazu äußerte sich Pistorius nicht.
       
       In Nordrhein-Westfalen soll wiederum eine Polizistin in Petershagen
       durchsucht worden sein. Sie soll sich laut Medienberichten zuvor an
       Coronaprotesten beteiligt haben und ist nun ebenso suspendiert. Sowohl sie
       als auch der niedersächsische LKA-Beamte gehören nicht zu den
       Festgenommenen, sollen die Terrorpläne aber unterstützt haben.
       
       Beide Festnahmen sind heikel, denn die Ermittlungen beschäftigten die
       Polizei an diversen Stellen über Monate. Allein an den Durchsuchungen am
       Mittwoch waren 3.000 Beamte beteiligt. Schon an dem Tag kamen Fragen auf,
       ob einige Durchsuchte [3][vorab informiert gewesen] sein könnten – und
       womöglich Beweismittel beiseiteschafften. Die Linken-Bundestagsabgeordnete
       [4][Martina Renner] nannte die Razzia „ein offenes Geheimnis“ seit Tagen.
       
       ## Ein Polizist gehört zu den Hauptbeschuldigten
       
       Die Bundesanwaltschaft wirft den 25 Festgenommenen und 29 Durchsuchten aus
       der Reichsbürger- und Coronaverharmloserszene die [5][Bildung einer
       terroristischen Vereinigung und einen Putschversuch] vor. Unter den
       Festgenommenen ist ebenso ein Polizist, [6][Michael Fritsch aus Hannover].
       Er war bei der Kriminalpolizei unter anderem zuständig für die Sicherheit
       der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen. 2020 radikalisierte er sich dann
       auf den Coronaprotesten, trat zur Bundestagswahl für die
       „Querdenken“-Partei „Die Basis“ an. Die Polizeidirektion klagte ihn zuletzt
       aus dem Dienst, im April verlor er seinen Beamtenstatus. Laut
       Bundesanwaltschaft gehörte Fritsch nun zum „militärischen Arm“ und
       „Führungsstab“ der Terrorgruppe.
       
       Innenminister Pistorius forderte einen „Kulturwandel“ bei der Polizei. Die
       Beamten müssten gegen Kontakte in die Reichsbürgerszene „immunisiert“
       werden. Solche Vorgänge müssten gemeldet und besprochen werden. Alles
       andere schade sonst der Polizei im Ganzen, so Pistorius.
       
       ## Faeser will eine Verschärfung des Disziplinarrechts
       
       Festgenommenen wurden am Mittwoch auch mehrere frühere Soldaten – neben
       einem [7][Adelsnachfahren, Juristen, Koch, Sänger oder einer Ärztin]. Fast
       alle waren zuvor an Coronaprotesten beteiligt. Bundesinnenministerin Nancy
       Faeser (SPD) kündigte als Konsequenz erneut [8][eine Verschärfung des
       Waffen- und Disziplinarrechts] an, um extremistische Beamte schneller aus
       dem Dienst zu entfernen. Statt langwierige Disziplinarklagen zu führen,
       sollen Behörden die Beschuldigten erst mal rauswerfen dürfen – die
       Entscheidung würde dann erst im Nachgang von Gerichten geklärt. Beide
       Projekte sollen „zeitnah“ ins Kabinett gehen.
       
       Auch der Bundestag wird sich mit den Razzien beschäftigen. In
       Sondersitzungen des Innen- und Rechtsausschusses am Montag soll die
       Bundesanwaltschaft über die Festnahmen und den Ermittlungsstand
       informieren.
       
       11 Dec 2022
       
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