# taz.de -- Proteste der Israelis gegen Netanjahu: Magie auf den Straßen
       
       > Die ökonomische Not vieler Israelis ist nicht nur eine Folge von Corona.
       > Netanjahu hat sie jahrelang ermöglicht.
       
 (IMG) Bild: Die Wut der Israelis auf Netanjahu ist groß, lange hat er die ökonomische Not der Bürger ignoriert
       
       Diejenigen, die Revolutionen mögen, kriegen in Israel gerade leuchtende
       Augen. Kaum eine Straßenkreuzung, an der in den letzten Wochen nicht
       demonstriert wurde. [1][Demonstrant*innen versuchen die Barrikaden zur
       Residenz Netanjahus zu durchbrechen], Mülltonnen brennen, mindestens eine
       Scheibe einer Bank ging zu Bruch. Israel hat die Magie nötig. Denn etwa ein
       Viertel der Israelis ist, mitten in der zweiten Welle des Coronavirus,
       arbeitslos; Menschen berichten, kein Geld für Lebensmittel zu haben.
       
       Die Reaktion der Regierung kommt spät, ist beschämend und chaotisch. Viele
       Hilfsgelder, die die Regierung versprochen hat, sollen sich entweder in den
       bürokratischen Mühlen verirrt haben und nie angekommen sein oder geringer
       ausgefallen sein als angekündigt. Und die am Mittwoch von Netanjahu
       willkürlich angekündigten Einmalzahlungen zwischen 180 und 500 Euro sind
       wohl eine panische Reaktion auf die landesweiten Proteste. Mit der
       Gießkanne über den Israelis ausgegossen, wären die Zahlungen ein Hohn für
       die, die es brauchen, und bedeutungslos für die Reichen. Netanjahus
       Wirtschaftspolitik schlägt nun, in der größten ökonomischen Krise in
       Israels Geschichte, wie ein Bumerang auf ihn zurück.
       
       Aus einem Land, das einst als sozialistisches Projekt begann, machte
       Netanjahu in seiner Regierungszeit einen neoliberalen Staat par excellence.
       Unter seiner Ägide wurde die Fluggesellschaft El Al privatisiert, genauso
       Banken und die Kommunikationsfirma Bezeq. Netanjahu sah dabei zu, wie
       Rechte der Arbeitnehmer immer mehr ausgehöhlt wurden, das Arbeitslosengeld
       wurde gekürzt.
       
       2011 gab es in Israel gigantische, friedliche Proteste gegen steigende
       Lebenshaltungs- und Wohnkosten. Netanjahu richtete daraufhin ein Komitee
       ein, um den sozioökonomischen Problemen zu begegnen. Verändert aber hat
       sich nichts. Vielleicht wird die Energie auf den Straßen diesmal für
       Veränderung sorgen. [2][Für Netanjahu könnten endlich unmagische Zeiten
       anbrechen].
       
       20 Jul 2020
       
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