# taz.de -- Müllproblem in Afrika: Schnorchel gegen Plastikflut
       
       > Treibende Plastiktüten, verendete Fische: Der Victoriasee in Afrika
       > erstickt im Abfall. Mülltaucher tun etwas dagegen – doch das Problem
       > liegt tiefer.
       
 (IMG) Bild: Beim Tauchen in der giftgrünen, schleimigen Suppe: Müllfischer Agrey Dravule
       
       Guda taz | Ehe er in seine Flossen steigt, taucht Agrey Dravule vorsichtig
       seinen Zeh ins Wasser. Dann prüft er die Pressluftflasche, die er auf dem
       Rücken trägt, und blickt sich um: „Bevor ich ins Wasser gehe, muss ich mich
       erst einmal orientieren“, sagt er. „Das ist wichtig für meine Sicherheit.“
       Dravule ist Mülltaucher. Auf dem Grund des Victoriasees sammelt er alte
       Fischernetze, Schrott und sonstigen Müll ein. Den größten Anteil macht
       dabei: Plastik.
       
       Das kleine ugandische Fischerdorf Guda, von wo aus Dravule tauchen geht,
       ist rund 20 Kilometer von der Hauptstadt Kampala entfernt. Es liegt in
       einer kleinen Bucht, über der die Vögel kreisen. Die rund 500 Einwohner
       leben direkt am Ufer des gewaltigen Victoriasees: die meisten in
       selbstgebauten Holzbaracken mit Wellblechdächern, ohne Wasseranschluss oder
       Toiletten – vor allem aber ohne Müllentsorgung. Die schmalen und matschigen
       Gassen sind voller Unrat. Fliegen summen umher, es stinkt nach Abfällen.
       
       Die meisten Einwohner von Guda sind Fischer, ihre Existenzgrundlage ist der
       See. Der Victoriasee im Herzen Afrikas ist der größte des Kontinents und
       der zweitgrößte der Welt, flächenmäßig ungefähr so groß wie Bayern. Er
       spendet rund 50 Millionen Menschen entlang seiner Ufer Wasser, er liefert
       Fisch und er dient als Transportweg. Aus diesem gewaltigen Gewässer
       entspringt der Nil, der sich bis nach Ägypten ins Mittelmeer schlängelt.
       
       Doch der See ist mehr und mehr dabei, sich in eine gigantische Müllkippe zu
       verwandeln. Bereits 2005 wurde das riesige Gewässer von der internationalen
       Umweltschutzorganisation Global Nature Fund zum am stärksten gefährdeten
       See der Welt erklärt. Die Ursachen dafür sind vielfältig, die meisten aber
       hausgemacht.
       
       Da ist zum Beispiel eine Wasserlilien-Art, in Europa als Gartenteichblume
       bekannt, die sich im Victoriasee seit den 1980er Jahren rasant vermehrt
       hat. Ursprünglich von belgischen Kolonialherren nach Ruanda und Burundi
       eingeschleppt, ist sie über zahlreiche Zuläufe in den Victoriasee gelangt,
       wo sie sich ausgebreitet hat. Die Hyazinthen schwimmen auf der Oberfläche,
       inzwischen sind 90 Prozent der ugandischen Ufer davon bedeckt. An einigen
       Abschnitten schwimmen ganze Pflanzenteppiche. Darin verheddern sich
       unzählige bunte Plastiktüten, -flaschen, ausgediente Fischernetze und was
       die Leute sonst noch so im See entsorgen.
       
       ## „Die größte Müllkippe des Landes“
       
       Die Wasserlilien sind auch der Grund dafür, dass der See einer giftgrünen,
       schleimigen Suppe gleicht. Agrey Dravule rümpft die Nase, weil das Wasser
       faulig riecht. Die Pflanzen rauben den im See lebenden Tieren den
       Sauerstoff. Fische und Insekten, die in Ufernähe an den Sandbänken ihre
       Eier legen, bekommen keine Luft mehr – und sterben. Für Dravule,
       engagiertes Mitglied in Ugandas einzigem Tauchverein, sind sie ebenfalls
       ein Problem. „Der See ist meist so trübe und grün, dass ich unter Wasser
       nicht einmal einen Meter weit sehen kann“, klagt er. „Das macht meine
       Mission besonders schwierig.“
       
       Auch am sandigen Ufer, wo der 25-Jährige seine Flossen anzieht, findet sich
       neben den Hyazinthen Plastikmüll in allen Erscheinungsformen, einzelne alte
       Schuhe, ein alter Autoreifen. „Als Taucher und Umweltaktivist sehe ich auf
       den ersten Blick, dass der See nicht so sauber ist, wie er sein sollte“,
       sagt er. „Wenn es hier am Strand schon so aussieht, dann kann ich mir
       ausrechnen, dass unter Wasser meist noch mehr Unrat herumliegt.“
       
       Als einer von nur wenigen ausgebildeten Tauchern im Land kümmert sich
       Dravule im Auftrag von Fischereifirmen um die zahlreichen
       Fischzuchtanlagen. Manchmal beauftragt ihn auch die Marine, gesunkene Boote
       und gar Leichen zu bergen. An Wochenenden schnappt er sich jedoch seine
       Ausrüstung und fährt in eines der zahlreichen kleinen Fischerdörfer im
       Umkreis der Hauptstadt, um in seiner Freizeit nach Abfall zu tauchen, vor
       allem nach Plastik. Mit großen, netzähnlichen Säcken fischt er den Müll.
       Wie viel er schon aus dem See geholt hat, kann Dravule nicht sagen, er
       führt keine Statistik.
       
       Die Idee zum Müllfischen sei ihm vor rund einem Jahr gekommen. „Wenn ich in
       den Fischfarmen arbeite, lege ich oft weite Strecken unter Wasser zurück“,
       berichtet er. „Dabei verfange ich mich immer wieder in alten,
       zurückgelassenen Fischernetzen.“ Was ebenfalls in den Netzen hängen bleibt,
       ist aber auch der ganze Müll, vor allem Plastiktüten und -flaschen. Und
       Fische, die elend zugrunde gehen. „Dann dachte ich mir: Wie lässt sich so
       so was vermeiden? Und wie kann ich vielleicht etwas verändern?“ Also fing
       Dravule an, entlang der dicht besiedelten Uferabschnitte nach Müll zu
       tauchen und andere Tauchkollegen aus seinem Verein zu motivieren, ihn zu
       begleiten. „Ich dachte, wir können gemeinsam sicher etwas bewirken“,
       erzählt er.
       
       Seitdem tauchen sie jedes Wochenende. Säckeweise Plastikflaschen,
       Plastiktüten, alte und kaputte Fischernetze: Dravule kann gar nicht alles
       aufzählen, was er schon aus dem See gefischt hat. Ist die Sicht unter
       Wasser mal klar, dann stellt er bei seinen Tauchgängen immer wieder fest:
       „Der See ist die größte Müllkippe des Landes.“
       
       In der Regel begleiten ihn seine Tauchkameraden, rund zwölf Mitglieder hat
       der Verein, dazu einige Trainees. Doch sie haben nur eine Handvoll
       Taucheranzüge, Masken und Pressluftflaschen – und die wenigen, die sie
       haben, sind meist leer. Deswegen sei er heute alleine unterwegs, denn nur
       eine der Flaschen habe noch etwas Luft für einen kurzen Tauchgang, sagt
       Dravule. Er stülpt sich die Taucherbrille über und steckt sich das
       Mundstück zwischen die Zähne. Mit großen Schritten watet der Ugander im
       Neoprenanzug in das grün schimmernde Wasser.
       
       Im kleinen Fischerdorf Guda hat sich indes herumgesprochen, dass ein
       Taucher zu Gast ist. Die Frauen, die am Ufer ihre Wäsche waschen, schauen
       neugierig. Fischer sitzen auf Bänken am Ufer neben ihren Booten und
       unterhalten sich. Unzählige barfüßige Kinder beobachten gespannt, wo der
       Taucher denn nun hinschwimmt – bis er endgültig absinkt und nur noch ein
       paar Luftblasen zu sehen sind.
       
       Ramadan Bukenya ist einer der Fischer, die hier leben. Der kleine Mann in
       Hemd und Flipflops beobachtet das Schauspiel mit großem Interesse. Er
       kennt Dravule, fährt ihn manchmal mit seinem Boot hinaus. Der Fischer hat
       den Taucher auf das Müllproblem in Guda aufmerksam gemacht. „Das Problem
       mit dem Müll hier in unserer Gemeinde ist enorm“, sagt er. „Wir Fischer,
       wir wissen das, denn in unseren Netzen verfängt sich einiges davon.“ Nur:
       Die Leute, die hier wohnen, die wüssten gar nicht, was sie dem See und dem
       Ökosystem durch ihr Verhalten antun, so Bukenya.
       
       Mit einer Handbewegung deutet er auf das dicht besiedelte Ufer. In der Nähe
       waschen Frauen zuerst ihr Geschirr, dann ihre Wäsche, das seifige
       Restwasser kippen sie zurück in den See. Daneben reparieren Fischer den
       Außenbordmotor ihres Bootes. Sie füllen Hydraulikflüssigkeit nach und
       werfen die leeren Plastikbehälter anschließend ins Wasser. Dort schwimmen
       sie zunächst, füllen sich mit Wasser und gehen dann unter. Auf der
       Oberfläche hinterlassen sie einen schimmernden Ölfilm.
       
       Fischer Bukenya schüttelt den Kopf: „Seit einigen Jahren haben wir das
       Problem, dass sehr viele Fische sterben, aber wir wissen nicht, warum.“ Um
       einen guten Fang nach Hause zu bringen, müsse er mit dem Boot immer weiter
       hinausfahren, denn in Ufernähe gebe es kaum mehr Fisch, sagt er: „Das
       Problem ist, dass wir hier alle Fischer sind. Wir brauchen den See, um zu
       überleben.“ Für die vielen Millionen Menschen, die am Ufer des Victoriasees
       in Uganda, Kenia und Tansania leben, ist Fisch das Hauptnahrungsmittel und
       dessen Verkauf ihr einziges Einkommen.
       
       Doch der Verzehr wird immer mehr zum Risiko. Eine im Jahr 2021 gestartete
       Untersuchung von Biologen und Biologinnen aus allen drei Ländern zeigt eine
       größer werdende Konzentration von Mikroplastik in den Fischen. Mitunter
       verschlucken die Tiere auch ganze Plastiktüten, die dann den Magen
       verstopfen und sie eingehen lassen, so die Studie. Biologen der staatlichen
       Makerere-Universität in Kampala warnen bereits vor den [1][Folgen von
       Mikroplastik für die Menschen] – ob nun durch den Fischkonsum oder durch
       das Trinkwasser, das ja auch aus dem See gewonnen wird.
       
       Doch wie kann sich so viel Plastikmüll im Victoriasee ansammeln? Das liegt
       vor allem an der Geografie der Region. Das riesige Gewässer im Herzen des
       Kontinents wird aus Abertausenden kleinen Zuflüssen aus den umliegenden
       Ländern gespeist. Doch fast alle diese kleinen Flüsse führen durch Dörfer
       oder gar Städte, wo Menschen ihren Unrat einfach ins Wasser werfen.
       
       So auch in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Mit zwei Millionen
       Einwohnern zählt die Metropole zu den kleineren Hauptstädten Afrikas.
       Dennoch produzieren die Einwohner jede Menge Abfall, vor allem Plastikmüll.
       Laut Statistiken der nationalen Umweltbehörde Nema werden landesweit pro
       Tag rund 600 Tonnen Plastikmüll weggeworfen, der Großteil davon in der
       Hauptstadt. Und es wird stetig mehr, weil aufgrund der hohen Geburtenrate
       die Bevölkerung rasant wächst – und somit auch das Plastikproblem.
       
       ## Nur 40 Prozent des Abfalls sammelt die Müllabfuhr ein
       
       Nur 40 Prozent des Abfalls wird allerdings von der Müllabfuhr eingesammelt
       und auf einer Müllhalde am Stadtrand entsorgt. 20 Prozent wird meist privat
       verbrannt, was jedoch zur Luftverschmutzung beiträgt. Der Rest endet in
       Straßengräben und Abwasserkanälen, wo er beim nächsten Regenschauer
       davongespült wird.
       
       Von Kampalas Innenstadt aus verläuft entlang der Eisenbahnlinien, die zum
       Hafen führen, ein offener Abwasserkanal. Er zieht sich durch zahlreiche
       Armenviertel und das Industriegebiet bis zum See hinunter. Unterwegs
       sammeln sich tonnenweise Abfälle an, die vom Regenwasser in den See gespült
       werden – wo Taucher Dravule sie dann im Idealfall wieder zutage fördert.
       
       In der Regenzeit wird dieser Plastikmüll zur tödlichen Falle. Denn er
       verstopft die Abwasserkanäle, das Regenwasser kann nicht abfließen. In den
       vergangenen Jahren häufte sich in Kampala die Zahl der Toten durch
       Ertrinken, denn die Straßen werden bei Starkregen überschwemmt, Autos und
       Menschen die Hügel hinuntergespült. Mit dem Klimawandel wird der Regen
       stärker und das Problem größer. Mittlerweile hat Ugandas Umweltbehörde die
       Verschmutzung der Abwasserkanäle durch Plastik zum größten Risiko für die
       städtische Bevölkerung erklärt.
       
       Ein Problem: Kampala verfügt über keine öffentliche Müllabfuhr. Die meisten
       Lastwagen, die einmal die Woche den Hausmüll einsammeln, gehören privaten
       Unternehmen. Und das kostet: Bei umgerechnet weit über 100 Euro liegt die
       jährliche Gebühr. Das können sich nur die wenigsten Haushalte leisten. Die
       Müllfirmen operieren deswegen nur in jenen Stadtvierteln, wo Menschen
       wohnen, die das Geld dafür haben. Für den Unrat in den Armenvierteln oder
       entlang der Straßen und öffentlichen Plätze sehen sie sich nicht
       verantwortlich.
       
       Bereits 2016 hat die Ostafrikanische Gemeinschaft, kurz: EAC, deren
       Mitglied Uganda ist, eine Initiative gestartet, den Victoriasee zu retten,
       und ein Gesetz erlassen, um vor allem den Gebrauch von Einwegplastik zu
       verbieten und mehr Plastik zu recyclen. Bis auf Uganda haben alle
       Mitgliedstaaten seither diese Verordnung umgesetzt. Im kleinen Nachbarland
       Ruanda wurden bereits 2003 die Produktion, der Import und Gebrauch von
       Plastiktüten verboten. Seitdem durchsuchen Zollbeamte an den Grenzen jeden
       Koffer und jede Tasche, damit bloß keine Tüte ins Land kommt. 2018 folgte
       das Verbot von Einwegplastik: In Restaurants gibt es Strohhalme aus Bambus
       und Flaschen aus Glas, im Supermarkt bekommt man Einkaufstaschen aus
       Baumwolle.
       
       ## Aufklärungskampagnen? Fehlanzeige
       
       Auch Uganda hat 2018 die entsprechenden Gesetze erlassen, aber an der
       Umsetzung mangelt es. Nach wie vor werden auf Märkten Äpfel und Mangos in
       Plastik abgepackt. Auch, weil die Plastikindustrie hier eine große Lobby
       hat, denn hochrangige Politiker sind zum Teil Inhaber oder Anteilhaber von
       plastikproduzierenden Firmen oder Abfüllfabriken, die Kunststoff- statt
       Glasflaschen nutzen. Zudem hat Nema keine ausreichenden Befugnisse und auch
       kein Budget, das Verbot durchzusetzen. Aufklärungskampagnen, die auf das
       Problem aufmerksam machen, gibt es in den Nachbarländern – in Uganda
       hingegen nicht.
       
       Dafür steht das Land in der Kritik. Denn die nationalen Verbote der
       Nachbarn stoßen so an ihre Grenzen. Mittlerweile haben sich in Ostafrika
       mafiaartige Strukturen etabliert, die Plastiktüten quer durch die Region
       schmuggeln. So finden sich in Kenias Supermärkten immer wieder illegal
       eingeführte Tüten aus Uganda, Ruandas Grenzbeamte verhaften Tütenschmuggler
       aus Uganda und dem Kongo. Kenia und Ruanda sind deswegen eifrige Verfechter
       eines globalen Abkommens, das langfristig Einwegplastik weltweit untersagt
       und Ländern wie Uganda finanziell und technologisch hilft, das
       Plastikproblem in den Griff zu bekommen.
       
       Nach einer halben Stunde unter Wasser ist Agrey Dravule inzwischen wieder
       aufgetaucht. Er schaut enttäuscht unter seiner Taucherbrille hervor. Gerade
       einmal eine Handvoll Plastikflaschen hat er einfangen können. „Die
       Sichtweite ist gleich null“, klagt er, während er mit großen Schritten aus
       dem See watet. Am Strand sammelt er noch ein kaputtes Fischernetz ein, in
       dem er sich fast mit seinen Flossen verfängt.
       
       Während sich der 25-Jährige aus seinem Neoprenanzug schält, kommen immer
       mehr Leute angelaufen. Einige klatschen und jubeln ihm zu. Dass er heute
       keine großen Säcke voller Unrat vom Seeboden bergen konnte, ist für den
       Aktivisten kein Problem, sagt er. Denn: „Was langfristig einen Unterschied
       macht, ist, dass mein Tauchgang bei der Bevölkerung ein Umdenken bewirkt“,
       sagt Dravule. Dann schleppt er seine Pressluftflasche durch die engen
       Gassen bis zu einer kleinen Holzhütte, wo der Dorfvorsteher sein Büro hat.
       
       Unterwegs begegnen ihm junge Männer, die auf Schubkarren Sandsäcke zum Ufer
       karren, um dort einen Schutzwall zu errichten. In den vergangenen Jahren
       ist der Wasserspiegel des Sees auf ein Rekordhoch gestiegen, was
       Überflutungen zur Folge hatte. Ein Grund: Unterhalb des einzigen Abflusses
       des Sees, wo der Nil entspringt, [2][hat Uganda drei Staudämme errichtet,
       die Strom erzeugen.]
       
       ## So viel Regen, dass es zur Katastrophe kam
       
       Zudem fiel in den vergangenen Jahren in der ganzen Region des
       Victoriabeckens viel Regen. Im Jahr 2020 kam es zur Katastrophe: Damals
       löste sich Marschland aus Wasserhyazinthen, fast so groß wie zehn
       Fußballfelder, und trieb in den Nilabfluss. Der Morast verstopfte die
       Staudämme. Infolgedessen wurden Dörfer in Kenia, Uganda und Tansania
       überflutet und zum Teil zerstört. Mehr als 200.000 Menschen verloren ihre
       Häuser.
       
       Auch den Einwohnern von Guda stand fast drei Jahre lang das Wasser bis zum
       Hals. Die in dieser Gegend berühmte „Toronto Beach Bar“ mit Strand,
       Beachvolleyballfeldern und Liegestühlen war überschwemmt. Jetzt wird sie
       von fleißigen Handwerkern renoviert. Die prall gefüllten Sandsäcke, die die
       Männer ankarren, stapeln sie zu einem Wall, um das Wasser fernzuhalten.
       
       Mittlerweile sinkt der Pegel wieder, weil Uganda die Dämme offenlässt. Das
       hat allerdings zur Folge, dass mit dem abziehenden Wasser sämtlicher Müll
       zutage tritt, der durch das Hochwasser in den See gespült wurde. Dravule
       kennt das Problem aus anderen Dörfern, wo er schon tauchen war. Deswegen
       klopft er nun bei Dorfvorsteher Henry Kyemba an und fragt ihn, wo die
       Einwohner von Guda denn ihren Müll abladen. „Ich versuche die Leute schon
       lange zu überzeugen, ihren Müll nicht in den See zu werfen“, betont Kyemba.
       
       Mit einer Handbewegung fordert der greise Dorfvorsteher den Taucher auf,
       mitzukommen. An der Toronto-Bar vorbei, etwas versteckt hinter kaputten
       alten Fischerbooten, türmt sich am Strand ein Berg voller Unrat: Plastik-
       und Glasflaschen, Mülltüten, Essensabfälle – alles liegt kunterbunt auf
       einem Haufen, nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Drei Ziegen laben sich an
       Bananenschalen. „Wir haben in unserer Gemeindekasse kein Budget für
       Müllentsorgung“, klagt er.
       
       Dravule seufzt: „Dieser ganze Müll kann in den See hineingespült werden,
       wenn die Wellen kommen oder das Wasser wieder steigt.“ Der Dorfvorsteher
       nickt zustimmend. „Als Fischer verdienen die Leute hier doch ihren
       Lebensunterhalt mit dem See, oder?“, fragt Dravule. Kyamba nickt erneut.
       „All dieser Müll hier führt langfristig dazu, dass die Menschen kein
       Einkommen mehr haben, weil die Fische an all dem Plastik zugrunde gehen“,
       mahnt der Taucher. Dann drückt er dem älteren Mann die Telefonnummer von
       der örtlichen Müllentsorgungsfirma in die Hand. „Lassen Sie den Abfall
       entsorgen“, rät der Mülltaucher. „Sonst finde ich ihn eines Tages im See
       wieder.“
       
       23 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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