# taz.de -- Geschichte des Deutschraps: Deutsche Hip-Hop-Evolution
       
       > In einer Dokuserie zeichnet der HR die Geschichte des Deutschraps nach.
       > Aus Zitaten entsteht ein Mosaik aus Wut, Sehnsucht, Aufbegehren.
       
 (IMG) Bild: Dunkelheit in seiner schönsten Form: Rapper Azad
       
       „Um es mal auf gut Deutsch zu sagen: Das war einfach ein Kanake, der kam
       so, und alle anderen Kanaken haben sich gefreut“, sagt der Hanauer Rapper
       Azzi Memo über Azad. „Mit Azad kam im Deutschrap die Dunkelheit, und zwar
       in der schönstmöglichen Form“, sagt der Frankfurter Musiker Chima. „Es ist
       echt, was passiert ist. Meine Gefühle, die Wut auch, die ich in mir trage,
       die Emotionen, die sind echt“, sagt die Frankfurter Rapperin Liz.
       
       Und so geht es die ganze Zeit weiter. Deshalb ist die Hip-Hop-Doku
       „Dichtung und Wahrheit“, die aktuell in der ARD-Mediathek zu sehen ist, vor
       allem eine Aneinanderreihung starker Zitate von Hip-Hop-Menschen in und
       rund um Frankfurt am Main. Mariska Lief und Wero Jägersberg haben sie für
       den Hessischen Rundfunk eingefangen.
       
       Aber gerade das ist die Stärke des Vierteilers, der in seiner Aufmachung an
       die Netflix-Serie „Hip-Hop Evolution“ über die US-Rapgeschichte erinnert:
       Die Menschen, die Hip Hop machen, erzählen ihre Geschichten selbst. Aus
       ihren Zitaten entsteht ein Mosaik aus Wut, Trauer, Sehnsucht,
       Identifikation, Aufbegehren. Nur so versteht man Deutschrap, den man nicht
       mit Zeitstrahlen in Geschichtsbüchern darlegen und erfassen kann. Denn er
       ist vor allem etwas, das Menschen fühlen.
       
       Es bleibt aber nicht bei diesen Gefühlen. Durch das Erzählte kommt man auch
       dem sozialen, kulturellen, politischen Phänomen Hip Hop näher. Die Doku
       beginnt bei den Einflüssen der in Frankfurt stationierten GIs wie Rico
       Sparx, der Deutschrap-Urgestein Moses Pelham in den 1980ern in seine Crew
       „We wear the Crown“ aufgenommen hat. Später, Anfang der 1990er, als Rappen
       auf Deutsch vorstellbar wurde, öffnete Pelham mit seiner Gruppe Rödelheim
       Hartreim Projekt deutschrapmäßig Türen. Sabrina Setlur erzählt ihrerseits,
       wie die Zusammenarbeit mit Pelham ihr als Frau eine Tür zum Genre geöffnet
       hat.
       
       ## Identifikationsmöglichkeit geben
       
       Azad, der 1999 bei Pelham einen Vertrag unterschrieb und der als Vater des
       Straßenraps gelten kann, sagt, dass er Menschen mit ähnlicher Geschichte
       eine Identifikationsmöglichkeit geben wollte. Und [1][Haftbefehl] erzählt,
       wie er als Fan immer in den Saturn gegangen ist, um dort Azads Album
       „Leben“ zu hören. Die Geschichten des Türenöffnens und Durch-die-Tür-Gehens
       rahmt Autor Murat Güngör mit klugen gesellschaftspolitischen Beobachtungen
       ein. 2002 veröffentlichten er und Hannes Loh mit „Fear Of A Kanak Planet“
       das Standardwerk schlechthin zur Geschichte des Deutschraps.
       
       Hin und wieder kommen dann auch Ambivalenzen des Genres zu Wort: [2][Was
       hat der Mainstream mit der Subkultur gemacht]? Welche Konsequenzen haben
       Grenzüberschreitungen, die dem Genre irgendwie immanent, aber in einer
       ohnehin sexistischen, homophoben und rassistischen Welt schwer zu
       ignorieren sind? Und was bedeutet es, dass sich das Feuilleton Deutschrap
       zu eigen macht? Die Doku geht hier über das Abfeiern hinaus, auch wenn sie
       das ruhig viel umfangreicher hätte tun können.
       
       6 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neues-Album-von-Haftbefehl/!5770258
 (DIR) [2] /Einfluss-von-Rapmusik/!5765147
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Volkan Ağar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rap
 (DIR) Gangsta-Rap
 (DIR) Musik
 (DIR) Migration
 (DIR) Rap
 (DIR) Deutscher Hip Hop
 (DIR) Deutscher Hip Hop
 (DIR) Rap
 (DIR) Kanye West
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lieblingsstück 2022: Immer noch geiler linker Rap
       
       Das Album „Rolex für alle“ des Hamburger Rappers Disarstar war
       experimenteller als die Vorgänger. Thematisch blieb er seiner Linie treu.
       
 (DIR) Klassiker des Straßenrap: Leben in Parallelen
       
       Vor zehn Jahren erschien „Hinterhofjargon“. Das Album des Rap-Duos Celo &
       Abdi hat den postmigrantischen Blick auf die deutsche Gegenwart geprägt.
       
 (DIR) Rapper Matondo Castlo über sein Leben: „Ich habe HipHop-Kultur inhaliert“
       
       Matondo Castlo setzt sich für Jugendliche ein, die Musik machen wollen,
       aber kein Geld dafür haben. Ein Gespräch über seinen harten Lebensweg.
       
 (DIR) Eistees der Deutschrapper: Pures Bratan-Destillat
       
       Kaum ein Begriff ist so beliebt in den verschiedensten Bubbles wie
       Authentizität. Warum ihn also nicht auch mal sippen: mit BraTee, DirTea,
       HafTea.
       
 (DIR) Rezeption von Rapper Kanye West: Seine Widersprüche
       
       Rapper Kanye West steht immer wieder für sein Verhalten in der Kritik. Als
       Künstler wird er aber weiterhin fast ausnahmslos gefeiert. Warum?
       
 (DIR) Rapper über Hip-Hop gegen Rassismus: „Wir brachen das Schweigen“
       
       Toni-L rappte schon in den 90ern über Rassismus. Mit „Fremd im eigenen
       Land“ löste er eine Debatte aus, die knapp 30 Jahre später noch aktuell
       ist.