# taz.de -- Flucht: Gestrandet im Industriegebiet
       
       > Hamburg ist bei der Schaffung neuer Flüchtlingsplätze im Plan, doch es
       > hagelt Kritik. Dabei geht es um die Standortauswahl und um die Größe der
       > Unterkünfte.
       
 (IMG) Bild: Kann erst ab Februar von Flüchtlingen bewohnt werden: Das Wohnschiff "Transit"
       
       HAMBURG taz | Zielzahl erreicht. Nach Auskunft der Sozialbehörde hat
       Hamburg im vergangenen Jahr mit Hilfe des Trägers „Fördern & Wohnen“ 4.600
       neue Plätze zur langfristigen Unterbringung von Flüchtlingen geschaffen.
       Bereits im Jahr zuvor konnte das Kontingent um 3.100 Plätze aufgestockt
       werden. Auch bei der Erstaufnahme gab es laut Innenbehörden-Sprecher Frank
       Reschreiter mit 3.600 am Jahresende zur Verfügung stehenden Plätzen eine
       Punktlandung.
       
       Dieser Kapazität standen 3.500 Flüchtlinge gegenüber, die in der
       Erstaufnahme untergebracht waren, teils aber deutlich länger als die
       vorgesehene Höchstdauer von drei Monaten. „Wir haben hier noch immer einen
       Stau“, räumt Reschreiter ein, doch zumindest die „vorübergehende
       Unterbringung der Neuankömmlinge in Zelten“ gäbe es nun nicht mehr. Zum
       Jahreswechsel hätten noch vereinzelt Asylsuchende „für ein bis zwei Nächte“
       in Zelten untergebracht werden müssen, bis sie in einer der über die Stadt
       verteilten Erstaufnahmeeinrichtungen einen Platz zugewiesen bekamen.
       
       Doch diese Erfolgsmeldungen sind kein Grund zur Entwarnung: Die Zahl sich
       auf der Flucht befindender Menschen nahm im vergangenen Jahr stetig zu.
       Heute leben knapp 22.000 Flüchtlinge in Hamburg – Tendenz steigend. „Wir
       hatten am Jahresanfang 2014 rund 300 Neuankömmlinge pro Monat, im November
       waren es schon 700“, weiß Reschreiter.
       
       Dementsprechend müssen die Kapazitäten weiter aufgestockt werden. So sind
       in den nächsten Tagen 168 Erstaufnahme-Plätze auf einem ehemaligen
       Parkplatz der Internationalen Gartenschau bezugsbereit; weitere 448 Plätze
       in der Schlachthofstraße (Harburg) und 320 in der Niendorfer Straße
       (Eimsbüttel) sollen im März folgen.
       
       Und auch bei der Folgeaufnahme wird kräftig zugelegt. Am gestrigen Dienstag
       zogen die ersten von insgesamt 600 Flüchtlingen in die Berzeliusstraße
       mitten im Industriegebiet von Hamburg-Billbrook ein. Die meisten von ihnen
       kommen aus Syrien, Eritrea, Tschetschenien und den Balkan-Staaten. Doch der
       Standort ist umstritten: Wegen seiner unwirtlichen Lage abseits einer
       vernünftigen Infrastruktur und einer benachbarten Einrichtung, die
       ebenfalls 700 Menschen beherbergt, bezweifelt die vereinte politische
       Opposition des Bezirks Hamburg-Mitte, dass hier eine vernünftige
       Integration möglich ist. „Wir versuchen, kleinere Unterkünfte zu errichten.
       Aber dann brauchen wir noch mehr Flächen“, verteidigt Sozialsenator Detlef
       Scheele (SPD) die angelaufene Zusammenballung der Asylsuchenden.
       
       Probleme gibt es auch bei der Belegung der „Transit“, dem einzigen
       „Wohnschiff“, das in Zukunft Flüchtlinge beherbergen soll. Nicht wie
       geplant im Januar, sondern frühestens Anfang Februar ist hier eine Belegung
       mit gut 220 Asylsuchenden möglich. Zudem streiten die Sozialbehörde, die
       das Schiff im Harburger Binnenhafen andocken will, und der Bezirk, der es
       lieber im Ziegelwiesenkanal vertäuen würde, noch immer heftig über einen
       geeigneten Liegeplatz.
       
       Insgesamt aber will die Sozialbehörde im laufenden Jahr noch einmal 5.000
       neue Folgeunterbringungsplätze schaffen, um den Stau in den
       Erstaufnahmeunterkünften abzubauen und auf den ungebremsten
       Flüchtlingszuzug zu reagieren.
       
       13 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
 (DIR) Marco Carini
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Asylsuchende
 (DIR) Unterkunft
 (DIR) Geflüchtete
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Geschichtspolitik
 (DIR) Nordrhein-Westfalen
 (DIR) Asyl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Protest in Hamburger Unterkunft: Geflüchtete drohen mit Hungerstreik
       
       Bewohnende eines Camps für Geflüchtete in Harburg protestieren gegen miese
       Zustände. Bei einer Kundgebung kommt plötzlich jemand vom Träger vorbei.
       
 (DIR) Industriegebiet aufmöbeln: Gentrifizierung mal anders​
       
       Der Senat hat große Pläne zur Entwicklung des Hamburger Ostens: den
       „Industriestandort von morgen“ in Billbrook.
       
 (DIR) Hafenklappe neu genutzt: Auf den Spuren der Arbeiter
       
       Harburgs ältester Kiosk ist gerettet und wird zum Binnenhafenfest mit neuem
       Inhalt eröffnet. DARIJANA HAHN
       
 (DIR) Kommentar Flüchtlinge in Schwerte: So geht Geschichtsklitterung
       
       Flüchtlinge in früherer KZ-Außenstelle: Die Weigerung der Stadt Schwerte,
       die Entscheidung zu überdenken, ist borniert und geschichtsvergessen.
       
 (DIR) Flüchtlinge in KZ untergebracht: Weltoffen und tabulos
       
       Flüchtlinge in einer ehemaligen KZ-Außenstelle: Trotz scharfer Kritik der
       Landesregierung bleibt die Stadt Schwerte bei ihrem Plan.
       
 (DIR) Privatasyl statt Flüchtlingsheim: „Hier sind Sie leider falsch“
       
       Warteschleifen, Absagen, bürokratische Hürden: Ein Zimmer privat an
       Flüchtlinge zu vermieten ist nicht so einfach. Ein Erfahrungsbericht.