# taz.de -- Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble: „Prügeln sollten wir uns hier nicht“
       
       > Der neue Bundestagspräsident heißt Wolfgang Schäuble. Er fordert Respekt
       > für Mehrheitsentscheidungen im Bundestag. AfD-Kandidat Glaser fällt als
       > Vize durch.
       
 (IMG) Bild: Wolfgang Schäuble im Kreise seiner Liebsten
       
       Berlin afp | Mit großer Mehrheit ist der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble
       bei der konstituierenden Sitzung des Bundestages zum Parlamentspräsidenten
       gewählt worden. Der bisherige Finanzminister mahnte in seiner Antrittsrede
       eine respektvolle Debattenkultur in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche an.
       Die Abgeordneten bestimmten am Dienstag auch fünf Stellvertreter Schäubles
       – nur der umstrittene AfD-Kandidat Albrecht Glaser fiel im ersten und
       zweiten Wahlgang durch. Die Partei beantragte einen dritten.
       
       Schäuble erhielt 501 von 704 abgegebenen gültigen Stimmen. Mit Nein
       votierten 173 Abgeordnete, es gab zudem 30 Enthaltungen sowie eine
       ungültige Stimme. Jede Fraktion hat außerdem Anrecht auf einen
       Bundestagsvizepräsidenten: Für die Union wurde der CSU-Abgeordnete
       Hans-Peter Friedrich gewählt, für die SPD der ehemalige Fraktionschef
       Thomas Oppermann und für die FDP Parteivize Wolfgang Kubicki.
       
       Als Vertreterin der Grünen erhielt die bisherige Bundestagsvizepräsidentin
       Claudia Roth im ersten Wahlgang eine Mehrheit. Für die Linksfraktion wurde
       erneut Petra Pau gewählt, die das Amt bereits seit 2006 innehat.
       
       Wie erwartet verfehlte dagegen der AfD-Kandidat Glaser mit 115 Stimmen
       zunächst die nötige Mehrheit von 355 Abgeordneten. Die Nominierung des
       Abgeordneten, der den Islam wiederholt als politische Ideologie bezeichnet
       und die Religionsfreiheit für Muslime in Frage gestellt hatte, war bei den
       anderen Parteien bereits im Vorfeld der Sitzung auf Widerstand gestoßen.
       
       „Demokratischer Streit ist notwendig, aber es ist Streit nach Regeln“, gab
       Schäuble den Abgeordneten für die anstehende Legislaturperiode mit auf den
       Weg. Ohne direkt auf Wahlkampfäußerungen der AfD Bezug zu nehmen, beklagte
       er „Töne der Verächtlichmachung und Erniedrigung“ in den vergangenen
       Monaten. Diese hätten „keinen Platz in einem zivilisierten Miteinander“,
       sagte er.
       
       Mit Blick auf seine 45-jährige Erfahrung als Parlamentarier fügte der neue
       Bundestagspräsident aber hinzu, dass „Erregung und Krisengefühle“ in der
       bundesdeutschen Politik „so neu nicht wirklich sind“. Auch deshalb sehe er
       „mit Gelassenheit“ auf die Auseinandersetzungen der kommenden Jahre.
       
       Als dienstältester Abgeordneter hätte Schäuble die konstituierende Sitzung
       auch als Alterspräsident eröffnen können, wegen seiner erwarteten Wahl zum
       Bundestagspräsidenten verzichtete er aber darauf. Stattdessen fiel die
       Aufgabe dem FDP-Abgeordneten Hermann Otto Solms zu, der in seiner
       Eröffnungsrede angesichts der Rekordzahl von 709 Abgeordneten eine „rasche“
       Wahlrechtsreform forderte. „Die Größe dieses aufgeblähten Parlamentes trägt
       eher dazu bei, dass die Arbeitsfähigkeit des Bundestages genauso wie sein
       Ansehen bei den Bürgern leidet“, sagte er.
       
       Der Bundestag hatte im Sommer seine Geschäftsordnung geändert, um einen
       AfD-Politiker als Alterspräsidenten zu verhindern. Zuvor war diese Rolle
       dem Abgeordneten mit dem höchsten Lebensalter zugefallen. Der
       AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann verglich diese Neuregelung in
       seiner Bundestagsrede am Dienstag mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten:
       In den dreißiger Jahren habe der damalige Reichstagspräsident Hermann
       Göring wegen der KPD-Politikerin Clara Zetkin die damalige Regel zum
       Alterspräsidenten gebrochen.
       
       „Wir sind mit einer Fraktion konfrontiert, die sich heute nicht mal
       entblödet hat, sich in eine Reihe zu stellen mit den Opfern des
       Nationalsozialismus“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Jürgen Trittin.
       Auch der FDP-Politiker Marco Buschmann sagte, dass die AfD sich mit den
       Opfern Görings vergleiche, damit habe sich die Partei „an
       Geschmacklosigkeit selbst übertroffen“.
       
       24 Oct 2017
       
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