# taz.de -- Abschluss der WHO-Generalversammlung: Die Blockade der Kritiker
       
       > Zu viel Einfluss privater Geldgeber, zu wenig Kontrollen vor Ort – doch
       > ausgerechnet die schärfsten Kritiker der WHO blockieren Reformen.
       
 (IMG) Bild: Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, spricht auf der 73. Generalversammlung
       
       Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eine Marionette Chinas. Beide
       gemeinsam sind verantwortlich für die weltweite Verbreitung des
       Coronavirus, das in einem chinesischen Labor gezüchtet wurde. Mit diesen
       Falschbehauptungen rechtfertigt US-Präsident Donald Trump seine
       finanziellen Boykottmaßnahmen und Austrittsdrohungen gegenüber der WHO und
       versucht von seinen eigenen gravierenden Fehlern im Umgang mit der Pandemie
       abzulenken. Denn diese Fehler könnten ihn durchaus die Wiederwahl im
       November kosten.
       
       Das Coronavirus wurde von US-Milliardär [1][Bill Gates] gezüchtet. Er
       kontrolliert die Weltgesundheitsorganisation und will im Interesse der
       Pharmakonzerne einen weltweiten Impfzwang durchsetzen. Diese
       Falschbehauptungen verbreiten Verschwörungstheoretiker und
       Rechtsextremisten, um ihre Ablehnung von Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus
       zu rechtertigen und ihre Verachtung des demokratischen Staates zu
       demonstrieren.
       
       Gemeinsamer Nährboden für all diese höchst widersprüchlichen
       Falschbehauptungen sind zwei zentrale, sehr kritikwürdige und
       reformbedürftige Mängel der WHO. Zum einen hat die Organisation bislang
       keinerlei Handhabe, um in einem Mitgliedsland eigenständige Nachforschungen
       über Gesundheitskrisen anzustellen, wenn die Regierung – so wie in den
       ersten Monaten der Coronakrise die [2][chinesische Führung –] falsche oder
       unvollständige Informationen liefert. Notwendig wären neue,
       rechtsverbindliche Befugnisse für die WHO, die der Präsident Südkoreas Moon
       Jea In am Dienstag bei der Generalversammlung der Organisation gefordert
       hat. Etwa die Stationierung ständiger WHO-Beobachter*innen in allen 194
       Mitgliedsländern mit uneingeschränkten Kompetenzen zur
       Informationsbeschaffung bei Regierungsbehörden wie bei nichtstaatlichen
       Akteuren.
       
       Doch würde die lautstark nach Reformen der WHO rufende Trump-Administration
       die dauerhafte Anwesenheit von internationalen Beobachter*innen im eigenen
       Land akzeptieren? Auf die Gefahr hin, dass diese dann möglicherweise
       Informationen über die krankheits- und epidemiefördernden Mängel im
       US-Gesundheitssystem sammeln würden? Wahrscheinlich nicht. Bereits gegen
       die Formulierung in der am Dienstag von der WHO-Generalversammlung
       verabschiedeten Forderung nach einer „unparteiischen, unabhängigen und
       umfassenden Evaluierung“ der Reaktion auf die Corona-Pandemie nicht nur in
       China, sondern „weltweit“ – und damit auch in den USA – hatte Washington
       Bedenken.
       
       ## Problematische Abhängigkeit
       
       Zum Zweiten ist die WHO in den letzten 30 Jahren tatsächlich in eine höchst
       problematische finanzielle und damit auch gesundheitspolitische
       Abhängigkeit von der Gates-Stiftung, von Pharma- und Lebensmittelkonzernen
       sowie anderen privaten Akteuren geraten. Infolge dieses Einflusses hat die
       WHO ihr ursprüngliches Kernanliegen, die Unterstützung von
       Gesundheitssystemen in armen Ländern, zunehmend vernachlässigt. Diese
       problematische Entwicklung lässt sich nur wieder korrigieren, wenn die
       Mitgliedstaaten ihre seit 1993 eingefrorenen Pflichtbeiträge an die WHO
       endlich wieder deutlich hochfahren und den Einfluss privatwirtschaftlicher
       Akteure auf die Organisation reduzieren.
       
       Aktuell ist aber zunächst einmal sicherzustellen, dass ein künftiger
       Impfstoff gegen Covid-19 unter der Koordination der WHO allen Menschen
       dieser Erde schnell und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung gestellt
       wird. Vorausetzung dafür ist, dass die Patenschutzrechte der großen
       Pharmakonzerne für diesen Fall außer Kraft gesetzt werden, damit dann
       schnell in möglichst vielen Ländern preiswerte Generika hergestellt werden
       können. Die entsprechende Forderung in der am Dienstag von der
       [3][WHO-Generalversammlung] verabschiedeten Resolution stieß jedoch auf
       Ablehnung der USA. Washington möchte die Gewinninteressen des weltgrößten
       US-Pharmakonzerns Pfizer schützen. Das macht Trumps Kritik an der WHO über
       all seine Falschbehauptungen hinaus zusätzlich unglaubwürdig.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel, Präsident Emmanuel Macron und andere
       europäische Politike*innen haben die maßlose Kritik und Drohungen Trumps
       gegen die WHO zwar zurückgewiesen. Aber noch ist keineswegs sicher, dass
       sich die Regierungen der Staaten, in denen die großen europäischen
       Pharmakonzerne und Pfizer-Konkurrenten Roche und Novartis (beide Schweiz),
       Sanofi (Frankreich) und GlaxoSmithKline (Großbritannien) ihren Sitz haben,
       auch gegen die Patentschutzinteressen dieser Konzerne für eine gerechte und
       schnelle globale Verteilung eines Covid-19-Impfstoffs zu bezahlbaren
       Preisen unter Koordination der WHO engagieren.
       
       20 May 2020
       
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