# taz.de -- Corona in den USA: Der Toten gedenken
       
       > Die „New York Times“ räumt ihre Titelseite für die fast 100.000 in den
       > USA an Corona gestorbenen Menschen frei. Es gehe um einen unfassbaren
       > Verlust.
       
 (IMG) Bild: Die „New York Times“ berichtet in der Sonntagsausgabe auf der Titelseite über die Corona-Toten
       
       Berlin taz | 97.059 Corona-Opfer wurden in den USA in der Nacht zum Sonntag
       gezählt. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, bis die traurige Marke von
       100.000 Pandemie-Toten erreicht ist. Hinter der abstrakten Zahl verbergen
       sich ebenso viele Einzelschicksale, die sich unmöglich nacherzählen lassen.
       
       Um den Schock dennoch irgendwie [1][nachempfindbar zu machen], hat die
       Redaktion der New York Times für die Titelseite ihrer [2][Sonntagsausgabe
       zu einer ungewöhnlichen Darstellung] gegriffen: Auf sechs Spalten stehen
       nur Namen der Toten, ihr Alter, ihr Heimatort und eine Charakterisierung in
       nicht mehr als vier oder fünf Worten, so wie sie auf den Todesanzeigen zu
       finden war. Sie wurden von der Redaktion aus Zeitungen und Online-Medien
       aus dem gesamten Land zusammengetragen.
       
       Darüber nur eine Titelzeile: „Nahezu 100.000 Tote in den USA. Ein
       unabschätzbarer Verlust“. Marc Lacey, leitender Inlandsredakteur der
       Zeitung, erklärt in einem online veröffentlichten Begleittext: „Ich wollte
       etwas, das sich die Leute in 100 Jahren anschauen können und durch das sie
       verstehen, wie hoch der Verlust in der von uns durchlebten Zeit war.“
       
       Die Namen in ihrer schieren Menge für sich sprechen zu lassen, hat ein
       berühmtes Vorbild im Zentrum der US-Bundeshauptstadt Washington: Das 1982
       vollendete Vietnam Veterans Memorial, das aus zwei abgewinkelten
       Granitmauern besteht, in die die Namen der fast 59.000 im Vietnamkrieg
       getöteten oder vermissten US-Soldaten eingraviert sind. Die emotionale
       Dramatik des Monuments erfasst jeden Menschen, der einmal davor gestanden
       hat.
       
       ## Präsident Trumps Parallelwelt
       
       Die USA haben weltweit die höchste Gesamtzahl an Opfern der Pandemie zu
       verzeichnen. Die Debatte über den Umgang mit dem Virus prägt die Medien
       seit März und hat die Präsidentschaft von Donald Trump in ihre bisher
       größte Krise gestürzt. Er selbst hat immer wieder öffentlich die Ratschläge
       von Experten beiseitegewischt und offen missachtet oder die von
       Institutionen wie der Johns-Hopkins-Universität ermittelten Opferzahlen
       angezweifelt.
       
       Die ausführliche Berichterstattung von Medien wie der New York Times oder
       von CNN, die Trump kritisch gegenüberstehen, kontrastiert er in täglichen
       Twitter-Botschaften mit einer selbst geschaffenen Parallelwelt, in der die
       Schuld an der Pandemie [3][mal bei China, mal bei der
       Weltgesundheitsorganisation WHO] liegt. Trump treibt die Furcht, dass er im
       November nicht wiedergewählt wird, weil die US-Wirtschaft sich nicht aus
       der steilen Talfahrt erholt, in die die späte Reaktion auf das Virus sie
       gestürzt hat.
       
       24 May 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Die-US-Metropole-im-Griff-des-Virus/!5678693
 (DIR) [2] https://www.nytimes.com/2020/05/23/reader-center/coronavirus-new-york-times-front-page.html?action=click&module=Spotlight&pgtype=Homepage
 (DIR) [3] /Corona-Streit-zwischen-USA-und-China/!5677109
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Schaaf
       
       ## TAGS
       
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