# taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Honduras: Zwischen Verfassungskrise und Gewalt
> In Honduras gibt es 18 Tage nach den Wahlen noch kein Endergebnis. Nun
> fordern die USA vom Wahlrat (CNE) die erneute Auszählung aller Stimmen –
> per Hand.
(IMG) Bild: Die Anhänger der amtierenden Präsidentin Xiomara Castro sprechen von einem Wahlputsch
Ismael Moreno Soto glaubt, dass es auf einen Kompromiss hinauslaufen wird:
„Man wird nicht alle Stimmen erneut auszählen, sondern nur die strittigen
Wahlbezirke. Das werden auch die USA so akzeptieren“, meint der Mann, der
in Honduras nur als Padre Melo bekannt ist.
Der Jesuit ist eine kritische Stimme der Zivilgesellschaft des von
Korruption und Auswanderung geprägten Landes und sieht das Parteiensystem
vor dem Kollaps. „Wir werden Zeugen, wie der Wahlrat (CNE), an dessen
Spitze je ein Vertreter oder eine Vertreterin der drei großen Parteien
sitzt, an Glaubwürdigkeit verliert. Keine Partei kann oder will
eingestehen, dass sie verloren hat“, kritisiert der Geistliche aus der
Mittelstadt El Progreso.
Fehlende Unabhängigkeit attestiert er der Institution, um die sich viele
Gerüchte ranken. Dubiose Telefonmitschnitte kursieren, in denen von
Wahlmanipulation die Rede ist, Dutzende von Computerpannen hat es gegeben
und das sind nur einige der Gründe, weshalb auch 18 Tage nach den Wahlen
noch kein Endergebnis vorliegt.
Nun sollen wahrscheinlich erneut die strittigen Wahlkreise, etwa fünfzehn
Prozent aller Kreise insgesamt, ausgezählt werden. Das ist widersprüchlich,
denn eigentlich hätte das in den letzten Tagen bereits passieren müssen und
ist auch ein Grund dafür, dass es am Dienstag und Mittwoch erstmals zu
Zusammenstößen zwischen militanten Parteianhänger:innen kam.
## Relative Ruhe
Bisher, und das ist recht untypisch für ein Land, in dem Gewalt an der
Tagesordnung ist, blieb es landesweit recht ruhig – anders als im Vorfeld
der Wahlen. Da war es laut der Menschenrechtsorganisation Cristosal zu 67
Gewaltvorfällen, darunter 13 direkten Attentaten gekommen.
Karen Valladares von Cristosal plädiert daher auch dafür, strukturelle
Probleme im honduranischen Wahlsystem zu beseitigen: „In den Nachbarländern
gibt es aus gutem Grund einen 1. und 2. Wahlgang, das war auch das Ziel
einer Reform des Wahlsystems, aber sie blieb stecken“, so die Analystin.
Konservativer Roll-Back
Unstrittig ist, dass es in Honduras einen konservativen Rollback nach vier
Jahren linker Libre-Regierung unter Xiomara Castro geben wird. Nach
Auszählung von 99,4 Prozent der Stimmen führt der von US-Präsident Donald
Trump protegierte konservative Kandidat der Nationalen Partei Nasry Asfura.
Er hat einen Vorsprung von rund 42.000 Stimmen vor Salvador Nasralla von
der Liberalen Partei. Beide gelten als konservativ und setzen auf eine
neoliberale Wirtschaftsstrategie. Nasralla kritisiert allerdings einen
„monumentalen Wahlbetrug“, sah sich zwischenzeitlich schon als Wahlsieger.
Die Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen und die lange Kette
von Computerpannen hat auch die noch amtierende Präsidentin Xiomara Castro
angeprangert und von einem „laufenden Wahlputsch“ gesprochen. Sie erkennt
die Auszählung nicht an, fordert Neuwahlen.
Kein Wunder, denn Libre, die Partei Castros, ist die große Wahlverliererin.
Deren Kandidatin Rixi Moncada kam mit ihrem extrem linken Diskurs nur auf
19,3 Prozent der Stimmen. „Sie war schlecht beraten, hat in einem sehr
konservativen Land auf die Nähe zu Kuba und Venezuela gesetzt. Das war ein
Eigentor“, urteilt Donny Reyes.
## Nachweislicher Wahlbetrug
[1][Der Koordinator der queeren Menschenrechts-Organisation Arcoíris] weist
allerdings auch darauf hin, dass in einer ganzen Reihe von Wahlkreisen
betrogen wurde – auch in seinem, im Departamento La Paz. „Dort gibt es 279
Wahlberechtigte, 209 von ihnen haben gewählt und die Nationale Partei hatte
dort die Mehrheit der Stimmen. Doch laut dem digitalen
Schnellauszählungssystem wurden dort nicht die von uns ausgezählten 209,
sondern 700 Stimmen abgegeben. Das ist Betrug“, so Reyes, der ein Anhänger
von Libre ist. Für ihn hat die offene Fürsprache von Donald Trump für den
Kandidaten der Nationalen Partei, Nasry Asfura, zwei Tage vor der Wahl den
Wahlausgang massiv beeinflusst. „Hier geht die Angst vor der Rückkehr zur
Narco-Diktatur von Juan Orlando Hernández um“, sagt er. Juan Orlando
Hernández (JOH) war zwischen 2014 und 2022 Präsident von Honduras und wurde
im Februar 2022 an die USA ausgeliefert. Dort verurteilte ihn ein
Geschworenengericht in New York im März 2024 wegen illegalen Drogen- und
Waffenhandels zu 45 Jahren Haft. Nachgewiesen wurde JOH, dass sein
kriminelles Kartell auf staatliche Ressourcen zurückgriff, um über 360
Tonnen Kokain in die USA zu schmuggeln.
[2][Am 1. Dezember wurde er von US-Präsident Donald Trump begnadigt].
Joaquín Mejía, Mitarbeiter des jesuitischen Forschungszentrums ERIC-SJ,
hält es für denkbar, dass er nun sein Kartell innerhalb der Nationalen
Partei mit Nasry Asfura als Marionette an der Spitze reorganisieren könnte.
Dieses Szenario geht Dina Meza allerdings zu weit. Die Journalistin warnt
davor, den Wahlrat (CNE) zu attackieren. Man solle die Neuauszählung der
strittigen Urnen transparent gestalten. Schließlich habe der CNE noch bis
zum 30. Dezember Zeit, das amtliche Ergebnis vorzustellen.
18 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Knut Henkel
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