# taz.de -- Anschlag in Australien: Die möglichen IS-Verbindungen der Sydney-Attentäter
       
       > Die mutmaßlichen Attentäter vom Bondi Beach waren im November wohl in den
       > Südphilippinen, wo die IS-Terrormiliz aktiv ist. Das ist über die
       > Hintergründe bekannt.
       
 (IMG) Bild: Brücke am Tatort in Bondi Beach, Sydney
       
       Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die mutmaßlichen Attentäter von
       Sydney Verbindungen zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hatten. Sie
       dürften nicht nur zu ihrer Tat vom IS „inspiriert“ worden sein, wie dies
       Australiens Polizeichefin Krissy Barrett am Dienstag erklärte, sondern
       waren womöglich sogar dafür angeleitet und trainiert worden. [1][Ein
       50-jähriger Vater und sein 24-jähriger Sohn hatten am Sonntag am berühmten
       Bondi Beach 15 Menschen erschossen], die dort das jüdische Lichterfest
       Chanukka feierten.
       
       Die philippinische Einwanderungsbehörde bestätigte am Dienstag, dass die
       beiden am 1. November gemeinsam in das südostasiatische Land ein- und am
       28. wieder ausgereist seien – 16 Tage vor dem Attentat. Ihr Reiseziel sei
       die Großstadt Davao auf der südlichen Insel Mindanao gewesen. Der Vater sei
       mit einem indischen, der Sohn mit einem australischen Pass gereist.
       
       Nach Medienberichten prüfen die australischen Ermittler nun die Gründe der
       Reise und den genauen Aufenthaltsort. Unter Berufung auf ungenannte
       australische Sicherheitskreise [2][berichtete der Sender ABC], die
       mutmaßlichen Täter hätten dort eine „militärnahe Ausbildung“ erhalten.
       
       Davao grenzt an mehrheitlich von Muslimen bewohnte Gebiete. Seit 1970 kommt
       es im Süden der Philippinen immer wieder zu bewaffnetem Widerstand der
       Moros genannten Muslime gegen die Zentralregierung in Manila. Sie lockte
       christliche Siedler nach Mindanao. Die dortigen Muslime wurden schon zur
       US-Kolonialzeit wirtschaftlich marginalisiert und ihr Widerstand immer
       wieder gewaltsam unterdrückt.
       
       ## Befriedung und Radikalisierung muslimischer Rebellen
       
       Ab 1970 kam es zum bewaffneten Aufstand. 1976 ließ sich die bis dahin
       führende MNLF auf Autonomieversprechen ein. Das führte zur Abspaltung der
       MILF, in der auch eine andere Ethnie dominiert. Zugleich degenerierten
       Moro-Kämpfer auch zu kriminellen Banden. Ab 1991 kamen philippinische
       Mudschaheddin aus Afghanistan zurück und gründeten die islamistische
       Terrorgruppe Abu Sayyaf mit den Hochburgen Basilan und Jolo südlich von
       Mindanao.
       
       Das Bekenntnis zum Terrornetzwerk al-Qaida wie auch Enthauptungen waren
       zwar auch eine Methode, bei Erpressungen den Preis hochzutreiben. Doch
       wurden bei Abu Sayyaf schon 1995 Pläne entdeckt, gekaperte Linienflugzeuge
       für Anschläge zu verwenden, wie dies später die Attentäter vom 11.
       September 2001 auf das World Trade Center machten. Zu diesen sind auch
       Verbindungen belegt wie auch zur indonesischen Terrorgruppe Jemaah
       Islamiyah. Sie ist für den Anschlag in Bali 2002 mit 202 Toten
       verantwortlich.
       
       Ab 2014 erklärte die nach verlustreichen Entführungsfällen geschwächte
       Abu-Sayyaf-Gruppe dem IS ihre Treue. Der IS steht in Konkurrenz zu
       al-Qaida. Auch andere Splittergruppen wie die Maute-Gruppe aus der Provinz
       Lanao del Norte oder die Bangsamoro Islamic Freedom Fighters (BIFF) aus
       Maguindanao bekennen sich heute zum IS, während die einst dominierende
       [3][MILF nach ihrem Frieden mit der Regierung] sogar gegen diese Gruppen
       vorging.
       
       [4][Im Mai 2017 griffen Abu Sayyaf und Maute die 200.000-Einwohnerstadt
       Marawi an]. Sie kontrollierten fast fünf Monate lang einen Großteil der
       Stadt, die bei der Rückeroberung durch die Armee stark zerstört wurde. Mehr
       als 1.200 Menschen starben, Zehntausende flohen.
       
       Abu Sayyaf und Maute sind weiter eine Gefahr, [5][wie die International
       Crisis Group schon 2002 feststellte], auch wenn sie schwächer als früher
       sind. Maute nannte sich in Dawlah Islamiyah um, soll aber ab 2023 wieder
       stärker geworden sein. Zwar hielt das Friedensabkommen mit der MILF und die
       Regierung reformierte ihr Autonomieprogramm, sie hat aber weiterhin nicht
       die volle Kontrolle über die Region. Deshalb ist es gut möglich, dass sich
       die mutmaßlichen Attentäter dort aufhielten.
       
       ## Fragen an die australischen Behörden
       
       Verbindungen zum IS legen zwei selbstgemachte IS-Fahnen nahe, die laut
       Australiens Premier Anthony Albanese im Auto der mutmaßlichen Attentäter
       gefunden wurden. Die Behörden müssen sich fragen lassen, wieso der Vater,
       der beim Polizeieinsatz am Sonntag getötet wurde, sechs Schusswaffen
       besitzen durfte.
       
       Über den schwer verletzen Sohn sind Videos aufgetaucht, wie er schon mit 17
       Jahren in Westsydney radikal-islamistische Reden schwang. 2019 soll der
       Geheimdienst Asio mögliche Verbindungen des Sohnes zu einer IS-Terrorzelle
       untersucht haben, was nach sechs Monaten eingestellt wurden, räumte
       Albanese ein. Auch soll der Sohn Kontakte zu einem radikalen Prediger
       gehabt haben, der als geistlicher Führer eines Pro-IS-Netzwerkes galt. Die
       Regierung ist inzwischen mit Forderungen nach einer Untersuchungskommission
       konfrontiert.
       
       16 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-dem-Terroranschlag-in-Australien/!6138286
 (DIR) [2] https://www.abc.net.au/news/2025-12-16/bondi-gunmen-went-to-philippines-for-military-style-training/106148662
 (DIR) [3] /Abkommen-auf-den-Philippinen/!5045531
 (DIR) [4] /Kaempfe-im-Sueden-der-Philippinen/!5420090
 (DIR) [5] https://www.crisisgroup.org/asia-pacific/philippines/323-addressing-islamist-militancy-southern-philippines
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Australien
 (DIR) Philippinen
 (DIR) „Islamischer Staat“ (IS)
 (DIR) Milf-Rebellen
 (DIR) Terrorismus
 (DIR) Australien
 (DIR) Australien
 (DIR) Anschlag
 (DIR) Juden
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Terrorangriff auf Chanukka-Fest: Sydney-Attentäter des 15-fachen Mordes angeklagt
       
       Der Angriff galt Juden und Jüdinnen beim Chanukka-Fest. Der Schütze wurde
       in insgesamt 59 Fällen angeklagt. Der Inlandsgeheimdienst steht in der
       Kritik.
       
 (DIR) Antisemitischer Anschlag in Australien: Die anderen Helden von Sydney
       
       Nicht nur der Händler Ahmed al-Ahmed hat versucht, die Täter vom Bondi
       Beach in Australien zu stoppen. Drei weitere Menschen wagten es – und
       wurden erschossen.
       
 (DIR) Trauer in Australien: Tränen am schwarzen Sarg
       
       Rabbi Eli Schlanger, der erste Tote des Terroranschlags von Bondi Beach,
       wird beigesetzt. Der überlebende Attentäter verweigert die Aussage.
       
 (DIR) Reaktionen in Israel auf Terroranschlag: Die Politik mit der Angst
       
       Der Anschlag am Bondi Beach schürt Sorgen vor antisemitischer Gewalt.
       Derweil nutzt Regierungschef Netanjahu den Angriff für seine Zwecke.
       
 (DIR) Chanukka-Feiern: Ein Licht am Tag des Terrors
       
       Ernste Gesichter und fröhliche Kinder: Ein Blick auf zwei Chanukka-Feiern
       in Berlin am Tag des Attentats auf jüdische Feiernde in Sydney.
       
 (DIR) Der „Islamische Staat“ auf den Philippinen: Die Ruinen von Marawi
       
       Es schien, als wäre der IS am Ende. Dann tauchte er plötzlich auf den
       Philippinen wieder auf. Unsere Autorin hat dort drei Kämpfer getroffen.