# taz.de -- Von IDF getötete Journalist:innen: Wer setzt sich für sie ein?
       
       > 2024 wurden erneut mehr Journalist:innen in Gaza getötet als sonst wo
       > auf der Welt. Wer glaubt, die Folgen blieben auf den Ort beschränkt, irrt
       > sich.
       
 (IMG) Bild: Fotojournalist:innen protestieren im Oktober in Madrid gegen die Tötung ihrer Kolleg:innen in Gaza
       
       Hinter den 29 [1][laut Reporter ohne Grenzen] im vergangenen Jahr im
       Gazastreifen getöteten Journalistinnen und Journalisten stehen Namen und
       Geschichten.
       
       Etwa die von [2][Mariam Abu Dagga], einer Fotojournalistin unter anderem
       für die Nachrichtenagentur AP. Die Mutter eines damals 13-jährigen Jungen
       machte Ende August noch Bilder vom Einschlag einer Panzergranate in das
       Al-Nasser-Krankenhaus, bevor sie Minuten später von einem zweiten Schuss
       getötet wurde.
       
       Oder [3][Anas al-Scharif]. Der Korrespondent des katarischen Fernsehsenders
       Al Jazeera wurde Anfang August mit seinem gesamten Fernsehteam durch einen
       Luftangriff getötet. In einem Pressezelt. Neben einem Krankenhaus.
       
       Das humanitäre Völkerrecht wird die meisten dieser Angriffe kaum decken,
       unabhängig davon, ob wie bei al-Scharif möglicherweise eine Nähe zur Hamas
       bestand. Nicht nur blieb Israel fast immer belastbare Belege über eine
       Hamas-Mitgliedschaft schuldig, den Schutz von Journalisten würde eine
       solche nicht aufweichen, wenn sie nicht militärisch aktiv sind. Stattdessen
       sprechen mehrere Angriffe in schneller Abfolge auf Presseleute und
       Ersthelfer wie im Nasser-Krankenhaus eher für mehrfache Kriegsverbrechen.
       
       Wir sollten uns an die Getöteten erinnern, nicht nur, weil sie Menschen mit
       Eltern, Geschwistern und Kindern waren, sondern weil ihr Tod nicht ohne
       Konsequenzen bleiben darf. „Ich fürchte, dass ich genauso enden könnte“,
       sagte Malak Tantesh, die bis zu ihrer Ausreise auch für die taz aus Gaza
       berichtete, im September im Interview und fragte sich: „Wenn ich getötet
       würde, würde sich die Welt für mich einsetzen?“ Wenn wir erlauben, dass
       palästinensische Journalisten ohne Strafe getötet werden, wird es früher
       oder später alle treffen. Das ist bereits jetzt deutlich zu spüren.
       
       Israel hat die Regeln über den Einsatz militärischer Gewalt in einem
       bewaffneten Konflikt in den zwei Jahren seit dem Hamas-Terror am 7. Oktober
       mit Füßen getreten. Spürbare internationale Konsequenzen gab es kaum.
       
       ## Luftangriffe wegen Müllverbrennung
       
       Wo diese Entgrenzung hinführt, lässt sich nun beinahe täglich beobachten:
       Ende November wurden israelische Soldaten dabei gefilmt, wie sie im
       Westjordanland zwei unbewaffnete, gefangene militante Palästinenser
       exekutierten. Polizeiminister Itamar Ben Gvir beförderte den
       befehlshabenden Offizier.
       
       Vergangene Woche schlug der rechtsextreme Knessetabgeordnete Zvi Sukkot im
       Umweltausschuss vor, Müll verbrennende Palästinenser im Westjordanland mit
       Luftangriffen zu töten. Die anwesende Umweltministerin Idit Silman
       pflichtete ihm bei und nannte Müllverbrennung eine „Form von Terrorismus“.
       
       Die Radikalisierung trifft auch die eigene Bevölkerung. Eine Vision von
       Israel mit Todesstrafe, schwachen Bürgerrechten und eingeschränkter
       Pressefreiheit ist längst keine ferne Dystopie mehr. Die ideologische
       Härte, mit der Israels rechte Regierung ihre antidemokratischen
       Vorstellungen durchdrückt, macht auch vor israelischen Journalisten nicht
       Halt.
       
       Mit einigen Ausnahmen haben viele von ihnen das Vorgehen gegen ihre
       palästinensischen Kollegen schweigend hingenommen, wenn nicht gar offen
       gerechtfertigt. Doch Pressefreiheit lässt sich nicht auf der einen Seite
       schützen, auf der anderen ignorieren.
       
       ## Es braucht internationalen Druck
       
       Zwar droht ihnen nicht der Tod, doch eine Reihe von Gesetzesvorschlägen
       dürfte massive Einschränkungen bringen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk
       soll abgewickelt, Verbote von Medien leichter werden. Selbst der populäre
       Armeesender Galei Zahal soll abgeschaltet werden. Kulturerbe-Minister
       Amichai Eliyahu sagte jüngst: Medien in Israel stünden „nicht unter
       Artenschutz“.
       
       Auch Angriffe und Behinderungen gegen internationale Reporter durch Siedler
       und israelische Sicherheitskräfte im Westjordanland häufen sich und zeugen
       von einer um sich greifenden Akzeptanz, dass Angriffe auf Journalisten
       vertretbar sein können.
       
       Die jüngste Diffamierungskampagne mehrerer Springer-Medien und offizieller
       israelischer Stimmen gegen die [4][ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann]
       zeigt: Die Delegitimierung von Berichterstattung macht auch vor
       internationalen Medien nicht halt.
       
       Die 220 seit Kriegsbeginn getöteten Journalistinnen und Journalisten in
       Gaza wurden nicht im Verborgenen, sondern manche von ihnen vor laufender
       Kamera getötet. Diese Fälle müssen aufgearbeitet und die Verantwortlichen
       zur Rechenschaft gezogen werden. Im heutigen Israel wird das nicht
       passieren, gefordert sind die internationale Gemeinschaft und
       internationaler Druck. Bleibt der aus, bestätigt es die Täter und trifft am
       Ende alle.
       
       9 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Journalismus-im-Gazastreifen/!6107699
 (DIR) [3] /Kritik-an-Journalisten-Toetung-in-Gaza/!6102974
 (DIR) [4] /Kritik-an-ARD-Israel-Korrespondentin/!6134451
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Wellisch
       
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