# taz.de -- Israel doch beim ESC in Wien: Sängerstreit ohne vier
       
       > Die Generalversammlung der Sender lehnt einen Ausschluss Israels ab.
       > Niederlande, Irland, Spanien und Slowenien wollen daher 2026 nicht
       > mitsingen.
       
 (IMG) Bild: Israel darf am ESC 2026 in Wien teilnehmen hat die Generalversammlung der Sender entschieden
       
       Der Stoff ist dem gewöhnlichen europäischen Publikum nur schwer zu
       vermitteln, selbst besser informierten Menschen: Obwohl Israel seit Oktober
       2023 als Folge der Hamas-Massaker in der dem Gazastreifen benachbarten
       Negevwüste einen vieltausendfach tödlichen Krieg gegen die Hamas führte,
       darf es am nächsten, dem 70. Eurovision Song Contest in Wien teilnehmen.
       
       Mehrere Mitglieder der öffentlich-rechtlichen Senderkette – der nicht nur
       Mitglieder der EU angehören, sondern auch TV- und Radioanstalten bis zum
       asiatischen Kaukasus und auch etliche Länder am arabischen Mittelmeer, etwa
       aus Algerien – hatten gefordert, Israel wegen seines militärischen Aktionen
       gegen die Hamas im Gazastreifen vom ESC auszuschließen. Dazu gehörten
       Sender aus den Niederlanden, Irland, Spanien und Slowenien.
       
       Die Generalversammlung der EBU sollte darüber am Donnerstag entscheiden,
       [1][und sie tat es auch], und dem Vernehmen nach fiel der Beschluss mit
       überwältigender Mehrheit: Israel darf im kommenden Mai in der
       österreichischen Hauptstadt mit einer Sanges- und Performancedelegation
       vertreten sein.
       
       Die vier Sender, [2][die den Ausschluss apodiktisch forderten], erklärten
       anschließend, im kommenden Jahr nicht dabei zu sein. Islands
       öffentlich-rechtlicher Sender überlegt noch, sich dem Boykott
       anzuschließen, ebenso sind solche Überlegungen in Norwegen und Belgien im
       Spiel.
       
       Als Argument zogen die bislang vier boykottierenden Sender heran, dass auch
       Russland und Belarus nach dem Beginn des russischen Kriegs gegen die
       Ukraine im Februar 2022 ausgeschlossen worden seien. Die Mehrheit der
       EBU-Mitglieder aber betonte, dass dies nicht wegen des Überfalls auf die
       Ukraine geschah, sondern weil die Sender jener zwei Länder nicht mehr
       staatsunabhängig agieren konnten, nicht mehr journalistisch arbeiten
       durften.
       
       Der israelische Sender KAN hingegen ist kein Staatssender, sondern alles in
       allem von der Netanjahu-Regierung unabhängig. Kritische Berichterstattung
       zur israelischen Regierung ist dort nach wie vor möglich, etwa zur
       Vernachlässigung der Geiselbefreiungsbemühungen durch die Regierung.
       
       ## TV-Lagerfeuer im Mai
       
       Der ESC ist eben ein – dem prinzipiellen Anspruch nach – politikfernes
       Projekt. Im Übrigen ist der ESC bei so gut wie allen angehörenden Sendern
       die erfolgreichste Show des Jahres, mit Einschaltquoten bis zu 70 Prozent,
       nah an Spitzenwerten aus dem Sportbereich, Fußball etwa. Ein europäisches
       (und, durch die ermöglichte Teilnahme Australiens und möglicherweise bald
       Kanadas, außereuropäisches) TV-Lagerfeuer im Mai eines Jahres.
       
       Das ESC-Management bei der EBU in Genf vermochte auch durch
       Regeljustierungen zu den Shows selbst die vier Boykott wünschenden Länder
       nicht zu überzeugen. Unter anderem hatte die EBU verfügt, dass auch in den
       Semifinals, den Qualifikationsrunden vor dem Grand Final eines ESC, Jurys
       werten sollen, also nicht nur die „Volxabstimmung“ via Televoting
       ausschlaggebend ist zu. Außerdem wird empfohlen, in den Werbepausen keine
       ESC-werbende Reklame mehr auszustrahlen, Israel hatte hier einschlägig viel
       Promotion betrieben.
       
       Der ganze Rumor in puncto Israel kam nicht erst nach dem 7. Oktober 2023
       auf. Schon seit 2020 mobilisieren antiisraelische Szenen auch in Fanforen
       des ESC massiv gegen Israel schlechthin. Da in allen eurovisionären Sendern
       Social-Media-Repräsentationen immer wichtiger werden, musste, etwa in
       Irland oder Spanien, auf die Followerschaften im digitalen Raum wohl
       Rücksicht genommen werden. In den boykottierenden Ländern wird der nächste
       ESC, immerhin im Stream zu sehen sein, Geoblocking wider die
       EBU-Übertragung ist nicht vorgesehen.
       
       ## Bundesregierung hatte mit Boykott bei Boykott gedroht
       
       Deutschland hat mehr oder weniger unsubtil, ohne je offiziell ein Statement
       mitzuteilen, bedeutet, dass, sofern Israel ausgeschlossen werden würde, es
       sich vom Wettbewerb zurückziehen würde. Kulturstaatsminister Wolfram
       Weimer, Kanzler Friedrich Merz und Familienministerin Karin Prien
       [3][äußerten sich in dieser Hinsicht schon vor Wochen eindeutig]. Italiens
       Sender RAI signalisierte gleichfalls: Boykott gegen Israel, zumal nach dem
       Waffenstillstand?Ausgeschlossen.
       
       Gerüchte im Netz spekulieren, ob nun der ESC finanziell ein Minusgeschäft
       werden könnte. Österreichs gastgebender Sender ORF dementierte schon vor
       drei Wochen: nein. Die Kalkulation bliebe sattelfest.
       
       Israel, last but not least, freut sich über den Beschluss der
       EBU-Generalversammlung. Ob es einen Beitrag schicken wird, der zu den
       favorisierten gehört, steht zu erwarten. In allen nichtboykottierenden
       Ländern haben die Vorauswahlprozeduren begonnen.
       
       Die EBU hat weise entschieden und sich einer Minderheit mit ihren Sorgen
       nicht gefügt. Es ist ein Zeichen der Inklusion, nicht ein politisches
       Desaster.
       
       Anm. der Redaktion: Ursprünglich war dieser Text mit „Sängerstreit ohne
       fünf“ betitelt. Der Ausstieg Islands ist aber noch unsicher. Daher gitl bis
       auf weiteres die neue Zeile: „Sängerstreit ohne vier“
       
       5 Dec 2025
       
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