# taz.de -- Verkauf von medizinischem Cannabis: Unternehmen warnen vor Änderungsplänen
> Das Gesundheitsministerium will den Zugang zu medizinischem Cannabis
> erschweren, um Missbrauch zu verhindern. Cannabisunternehmen kritisieren
> das.
(IMG) Bild: Im Labor des medizinischen Cannabis-produzenten Demecan in Ebersbach, Sachsen
Der Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen (BPC) kritisiert
Pläne von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU), die Beschaffung von
medizinischem Cannabis über das Internet zu erschweren. Demnach soll eine
Verschreibung nur noch nach persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt möglich
sein. Online könnten Rezepte dann nur noch zur Nachbehandlung im Laufe
eines Jahres ausgestellt werden.
BPC-Vorsitzende Antonia Menzel kritisiert, die Änderungen würden „die
Versorgungssicherheit gefährden, insbesondere für chronisch kranke und
mobilitätseingeschränkte Patient*innen und Menschen in ländlichen
Regionen“. Es gäbe bereits zu wenige Fachärzt*innen in Deutschland,
außerdem würden nur etwa 20 Prozent der Apotheken hierzulande überhaupt
Cannabis abgeben, so Menzel.
Sie sieht in den Plänen „eine starke Ungleichbehandlung gegenüber anderen
verschreibungspflichtigen Medikamenten mit deutlich höherem Missbrauch und
Abhängigkeitspotential“.
Menzel fordert stattdessen eine „medizinisch verantwortungsvolle
Telemedizin“, also Onlineplattformen, auf denen Ärztinnen und Ärzte per
Video Cannabis verschreiben können.
## Importboom von Cannabis
Das Medizinal-Cannabisgesetz hatte die Ampelregierung 2024 im Zuge der
Cannabis-Teillegalisierung eingeführt, um den Zugang zu medizinischem
Cannabis neu zu regeln.
„Das Gesetz war ein wichtiger Schritt hin zur Entstigmatisierung von
medizinischem Cannabis und hat den Zugang zu einer ärztlichen Behandlung
mit cannabinoidhaltigen Arzneimitteln in Deutschland deutlich vereinfacht“,
sagt Menzel der taz. Entscheidend ist für sie, dass Cannabis seither nicht
mehr unter das Betäubungsmittelgesetz fällt.
Die Wirkstoffe im Cannabis, verschiedene Verbindungen der Stoffgruppe der
Cannabinoide, können vielfältig therapeutisch eingesetzt werden. Viele
Anwendungsmöglichkeiten sind allerdings auch noch nicht hinreichend
erforscht.
Durch das Gesetz hat sich die Praxis, die Blüten [1][im Internet zu
bestellen und über Apotheken nach Hause versenden zu lassen], etabliert.
Für das auch im neuen Rechtsrahmen notwendige Rezept genügt vielfach das
Ausfüllen eines Onlineformulars, in welchem Patient*innen etwa über
ihre Lebenssituation und ihre Beschwerden Auskunft geben. Ausgestellt wird
es von Ärztinnen und Ärzten zumeist aus Osteuropa, die sich in ihrer
Entscheidung nur auf die Selbstauskunft beziehen.
Genau diese Verschreibungspraxis sieht die neue Bundesregierung kritisch.
Das Gesundheitsministerium hat eine „bedenkliche Fehlentwicklung“
beobachtet, heißt es in einem [2][entsprechenden Kabinettsbeschluss].
Der Import medizinischer Cannabisblüten ist laut Ministerium um mehr als
300 Prozent gestiegenen: vom ersten Halbjahr 2024 zum selben Zeitraum 2025
von 19 auf rund 80 Tonnen. Da die Kostenübernahmen der gesetzlichen
Krankenkassen nur im einstelligen Prozentbereich gestiegen seien, ließe
sich dieser Importboom nicht auf einen erhöhten Bedarf bei den Erkrankten
zurückführen. Das Ministerium geht deshalb von einem massiven Missbrauch
verschreibungspflichtigen Cannabis zum Freizeitkonsum aus.
## Versorgungsengpässe verhindern
Für Cannabidoid-Lobbyistin Menzel würden mit dieser Argumentation hingegen
„privatbezahlte Medizinalcannabis-Verordnungen“ unter Generalverdacht
gestellt: Viele Patient*innen seien Selbstzahler, „weil die
Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen sehr schwierig ist“.
Außerdem habe Deutschland sich zu einem zentralen [3][Logistik- und
Verarbeitungsstandort für Medizinal-Cannabis in Europa] entwickelt, wodurch
nur etwa 60 Prozent der Importe tatsächlich in den heimischen Apotheken
landen würden.
Zudem würden Teile des Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet
oder vernichtet, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. „Es gibt
auf jeden Fall einen Missbrauch, gegen den vorgegangen werden sollte.
Dieser ist aber nicht so hoch wie vom Gesundheitsministerium dargestellt“,
sagt Menzel.
Auch darüber hinaus differenziert die Vorsitzende des BPC bezüglich des
Missbrauchs zu Genusszwecken: „Wenn Konsumenten vom Schwarzmarkt auf legale
Bezugsquellen wechseln, hat das einen positiven Effekt auf den
Gesundheitsschutz. Der Missbrauch ist deshalb problematisch, weil es eine
klare gesetzliche Trennung zwischen medizinischem und nicht-medizinischem
Cannabis geben muss.“ Nur so könne gewährleistet werden, dass
Patient*innen bei Versorgungsengpässen Vorrang vor
Freizeitkonsument*innen erhalten würden.
Wenn die Politik legale Märkte schaffen würde, könnten laut Menzel
Unternehmen für medizinisches Cannabis den Markt für Freizeitkonsum
bedienen. Dann würden auch diese Konsumenten und Konsumentinnen von der
hohen Qualität profitieren.
Über die Änderungsvorschläge des Medizinal-Cannabis-Gesetzes aus dem
Gesundheitsministerium muss nun der Bundestag entscheiden.
1 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Neue-Cannabis-Nutzergruppe-geschaffen/!6127977
(DIR) [2] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/medizinal-cannabisgesetz-kabinett-pm-08-10-25.html
(DIR) [3] /Cannabis-Modellprojekte/!6133448
## AUTOREN
(DIR) Birger Stepputtis
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