# taz.de -- Vorfall im Abschiebeknast in Glücksstadt: Wenn unbeteiligte Zeugen fehlen
> Ein 19-Jähriger soll in Abschiebehaft von Angestellten verletzt und
> tagelang isoliert worden sein. Das Justizministerium stellt den Vorfall
> anders dar.
(IMG) Bild: Es wäre nicht der erste Vorfall: Wurde ein Mann in der Abschiebehaft Glückstadt von Angestellten verletzt?
Von einem „brutalen Übergriff“, spricht die Kampagne, „Kein
Abschiebegefängnis in Glückstadt und anderswo“: Ein 19-jähriger Häftling
sei in der Abschiebehaftanstalt in Glückstadt (AHE) von drei Angestellten
der Einrichtung geschlagen und verletzt worden, so schwer, dass ein Arzt
gerufen werden musste. Der junge Mann sei später für mehrere Tage in
Isolationshaft gesteckt worden.
Das für die Abschiebehaft zuständige Justizministerium stellt den Vorfall
anders dar. Der 19-Jährige habe Bedienstete der AHE beleidigt und versucht,
sie anzugreifen. Deswegen sei er über Nacht in einen „besonders gesicherten
Haftraum“ gebracht worden. Verletzt worden sei weder der Häftling noch ein
Angestellter, so ein Behördensprecher. Ein Arzt sei gerufen worden, weil
das Vorschrift sei bei Verlegungen in den „besonders gesicherten Haftraum“.
Es steht Aussage gegen Aussage, denn bei dem Vorfall waren keine
unbeteiligten Zeug:innen vor Ort. Mitglieder der Besuchsgruppe der
Kampagne gegen die Abschiebehaft hätten direkt mit dem 19-jährigen Rajan
gesprochen, berichtet Kaya Haller, eine Sprecherin der Gruppe. „Er hatte
sichtbare Verletzungen.“
Aus Sicht der Initiative reiht sich der Vorfall „in eine lange Liste
dokumentierter Gewalt, Einschüchterungen und entwürdigender Behandlung in
Abschiebehaft ein und zeigt erneut, wie gefährlich diese Orte für die dort
festgehaltenen Menschen sind“. [1][Auch die taz berichtete mehrfach von der
Lage der Betroffenen.]
## 19-Jähriger in Abschiebehaft isoliert?
Die gemeinsame Abschiebehaft für Schleswig-Holstein, Hamburg und
Mecklenburg-Vorpommern in Glückstadt entstand 2021, als in Kiel noch eine
Jamaika-Koalition regierte. Das ehemalige Kasernengelände ist mit einer
meterhohen Mauer und Stacheldraht gesichert, soll aber kein Knast sein:
[2][„Wohnen ohne Freiheit“ war das Versprechen der Landesregierung].
Aktuell ist [3][das CDU-geführte Justizministerium für die Abschiebehaft
zuständig].
Deren Sprecher Oliver Breuer bestätigt auf taz-Anfrage nur, dass der
19-Jährige nach dem Vorfall isoliert wurde. Der „Einschluss für die Dauer
von fünf Tagen“ sei „in seinem Zimmer durchgeführt“ worden, „so dass er
über seine privaten Gegenstände verfügen konnte“.
Kaya Haller von der Kampagne gegen die Abschiebehaft ist damit nicht
zufrieden. „Wie kann es sein, dass jemand für den Versuch sich zu wehren
auch noch tagelang in Isolation gesteckt wird?“, sagt sie. Wenn der junge
Mann durch die Angestellten der Einrichtung verletzt worden sei, handele es
sich um eine Straftat, gegen die vorgegangen werden müsse. Rajan habe nach
dem Arztbrief und nach den Namen der beteiligten Angestellten gefragt,
diese Informationen seien ihm verweigert worden.
## Aktivist:innen fordern unabhängige Aufklärung
„Dieser Fall zeigt einmal mehr, dass Abschiebegefängnisse systematisch
Gewalt hervorbringen“, sagt Haller. Es seien Räume, in denen Menschen
entrechtet würden und in denen Übergriffe nahezu folgenlos bleiben. „Dass
ein Mensch geprügelt wird und die Verantwortlichen behaupten, es sei nichts
passiert, ist ein unfassbarer Skandal.“
Die Kampagne fordert eine unabhängige Aufklärung des Vorfalls,
einschließlich Veröffentlichung aller internen Berichte,
Videoaufzeichnungen und Einsatzdokumentationen. „Wir werden die Sache auf
jeden Fall weiter verfolgen“, sagt Kaya Haller.
Dem 19-jährigen Rajan droht derweil die Abschiebung nach Dänemark. Er soll
nach Informationen der Kampagne gegen Abschiebehaft vor einigen Jahren als
unbegleiteter Minderjähriger über die spanische Exklave Ceuta in Nordafrika
nach Europa gekommen sein und hat in Jugendhilfe-Einrichtungen in Dänemark
und später in Hamburg gelebt. Zu einem Abschiebetermin macht der Sprecher
des Justizministeriums keine Angaben.
1 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Esther Geisslinger
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