# taz.de -- Ingrid van Bergen verstorben: Die Unverwüstliche
       
       > Sie war ein Star des bundesdeutschen Films und Fernsehens seit den
       > 1950ern. Mit 94 Jahren ist die Schauspielerin mit der rauchigen Stimme
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: Die Schauspielerin Ingrid van Bergen ist im Alter von 94 Jahren gestorben
       
       Um ihr Werk und Leben zu würdigen, braucht es keine womöglich umständlich
       kulturhistorische Herleitung: Ingrid van Bergen, die nun in der Nähe von
       Hamburg mit 94 Jahren gestorben ist, war seit den 1950er Jahren eine ewige
       Besetzung: manchmal ein Star des bundesdeutschen Films und Fernsehens,
       jüngere Menschen kennen sie allerdings auch gut.
       
       2009 etwa siegte sie im RTL-„Dschungelcamp“, das Publikum wählte sie zur
       Königin der Herzen. Ehrenhaft auch, dass Guido Maria Kretschmer sie 2014 in
       seiner Stylingdoku „Shopping Queen“ zur Preisträgerin wählte. Sie arbeitete
       bis vor wenigen Jahren, trat auch, noch ein Ritterinnenschlag der neueren
       TV-Geschichte, bei „Inas Nacht“ im Hamburger Schellfischposten auf, mit,
       wie von ihr gewohnt, schnodderig-ladyhafter Grandezza, und sang, [1][ein
       eher in ihrem Leben unterschätztes Talent], ein Lied, das sich wie ein
       Nekrolog in eigener Sache anhörte: „Wie ein Glas in meiner Hand“.
       
       1931 in Danzig als zweites von vier Kindern eines Lehrerpaares geboren, der
       Vater als Angehöriger der Naziwehrmacht in der Sowjetunion ums Leben
       gekommen, floh der Rest der Familie mit dem nahenden Kriegsende gen Westen,
       dazwischen sang sie als Hitlermädchen für Soldaten, machte schließlich,
       schon in Metzingen, Baden-Württemberg, das Abitur, danach eine Ausbildung
       zur Schauspielerin in Hamburg.
       
       Früh neigte sie in ihren Rollen – bzw. wurde für diese besetzt – zu
       Satirischem, Filmleute erkannten in ihr, versehen mit einer eher rauchigen,
       frivol timbrierten Stimme, ein Talent zur Frau, die sich nicht züchtig
       hinter den Kulissen des Männlich-Offiziellen (Familie, Ehe, Beruf)
       versteckt, sondern selbst eine tragende Rolle in ihrem Leben beansprucht.
       
       ## Krasses Futter für den Boulevard
       
       In etlichen Filmen des neuen bundesdeutschen Films der Fünfziger spielte
       sie zwar keine Hauptrolle, aber die Liste der Kinoproduktionen, in denen
       sie mitspielte, liest sich wie eine Agenda für die Hall of Fame der
       besseren Menschen, die ja in jenen Jahren gar nicht so häufig vorhanden
       waren: „Des Teufels General“ (1955), „Der eiserne Gustav“ (1958), vor allem
       jedoch „Wir Wunderkinder“ (1958), eine fast fröhlich-bittere Satire auf die
       verfehlte Entnazifizierungspolitik jener Zeit, ebenso „Rosen für den
       Staatsanwalt“ (1959) und im Jahr darauf „Wir Kellerkinder“.
       
       Dazwischen, bis zur [2][Mitte der Siebziger,] ein [3][steter Gast in Shows
       und TV-Filmen], ob nun eine Rolle im „Tatort“ (1972) oder „Vier gegen die
       Bank“ (1976). Fast durchweg spielte sie erwachsene, sich nichts bieten
       lassende Frauen, die vom Credo, dass das Leben weitergeht und das mit
       Karacho, lebten.
       
       Dass sie 1977 mit einem Revolver in einer Villa am Starnberger See ihren
       jüngeren Geliebten erschoss, bescherte ihr in einem Strafprozess wegen
       Totschlags eine Hauptrolle, die sie anzunehmen hatte. Es war das krasseste
       Futter für die Medien, vor allem die Bild-Zeitung, zumal Ingrid van Bergen
       ja in allem, was während der Gerichtsprozesstage zu vernehmen war, ihre
       erfolgreiche Lebensgeschichte mit sich trug.
       
       Verurteilt schließlich zu sieben Jahren Haft, die sie auf zwei Drittel
       wegen guter Führung in Haft verkürzen konnte, war es wie ein Wunder für
       sie, dass ihre Karriere irgendwann wieder zu laufen begann, Rosa von
       Praunheim hatte sie in einem seiner Filme 1984 besetzt, sie war wieder
       gesellschaftsfähig.
       
       Ingrid von Bergen, viermal verheiratet, Mutter zweier Kinder, hatte
       offenbar in den letzten Jahren ihres Lebens wenig Rente,
       erstaunlicherweise, mit einer Freundin, die sie in ihrer Haftzeit
       kennengelernt hatte, lebte sie in einer WG bei Hamburg zusammen. Am 28.
       November ist diese Schauspielerin, Künstlerin, diese sehr freundliche und
       kollegiale Frau, in ihrer Herberge in Eyendorf gestorben.
       
       28 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=nwKPwfhtNw4
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=hiutzfF1PWw
 (DIR) [3] https://www.youtube.com/watch?v=2PMMDrwIDRg
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
       ## TAGS
       
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