# taz.de -- Anti-AfD-Petition in Niedersachsen: Verbote können Leben retten
> Über 10.000 Bürger*innen fordern Niedersachsens Regierung auf, sich
> für ein AfD-Verbot einzusetzen. Ein Angriff in Gifhorn zeigt: Das täte
> not.
(IMG) Bild: Parlamentarisch ermutigt: Angriff auf das queere Zentrum Gifhorn
Manchmal müssen die Bürger*innen ihre Politiker*innen zum Jagen
tragen. Dafür [1][ist die Petition, die am Mittwoch in den
niedersächsischen Landtag eingebracht wurde], ein gutes Beispiel. Mehr als
10.000 Landeskinder fordern darin die Regierung in Hannover auf, sich für
ein AfD-Verbot einzusetzen.
Sie soll also sowohl im Bundesrat einen entsprechenden Antrag einbringen
als auch, [2][wie es der kleine Nachbar Bremen schon ganz vorbildlich tue,]
das Gespräch mit der Bundesregierung suchen.
Es ist höchste Zeit dafür. Denn allzu viele Chancen, ein solches Verbot auf
den Weg zu bringen, wird es nicht mehr geben. Dabei gibt es fast täglich
neue, schreckliche Argumentationshilfen. Denn parallel zum Erstarken der
AfD nehmen rechte Gewalttaten zu, auch in Norddeutschland.
So war [3][Anfang des Monats in Bargteheide bei Lübeck, also in
Schleswig-Holstein], mal wieder das Jugendzentrum überfallen worden. Blaue
Hakenkreuz- und AfD-Tags legen nahe, wo die Urheber des Anschlags sich
politisch selbst verorten.
## Angriff in Gifhorn
Vergangenes Wochenende war dann das queere Jugendzentrum Spektrum in
Gifhorn dran. Die Kreisstadt liegt zwischen Wolfsburg und Hannover, also im
Herzen von Niedersachsen. In der Nacht vom 22. auf den 23. November wurde
ein großflächiges Hakenkreuz aus Klebeband am Schaufenster des Zentrums
angebracht, direkt über der regenbogenfarbenen Stadtsilhouette aus
Fensterfolie.
Das sei ein „gezielter, hasserfüllter Angriff, der in seiner Form für uns
in Gifhorn beispiellos ist“, erklärten gemeinsam Landrat Philipp Raulfs
(SPD) und der Erste Kreisrat Dominik Meyer zu Schlochtern (parteilos).
Solche zumindest seit 1945 beispiellosen Angriffe mehren sich in dem Maße,
in dem eine politische Kraft sich in den Parlamenten breit macht, zu deren
Programm sie passen.
Wenn gewählte Volksvertreter*innen Minderheiten verächtlich machen,
gegen queeres Leben hetzen und Ressentiments auf Menschen mit globaler
Biografie schüren, dann adelt dieser Status ihren Hass. Und das freie
Mandat schützt ihn: Die Präsenz der AfD in den von ihr verachteten,
demokratischen Gremien des Staates entfaltet so appellative Wirkung.
Sie ist selbst ein Aufruf zur Gewalt – der eben nicht nur in Gifhorn
freudig aufgegriffen wird. Dafür müssen die Täter*innen noch nicht
einmal aus tiefster Überzeugung handeln. Sich abreagieren zu können,
angestauten Frust in Gewalt gegen Schwächere zu entladen – das verlockt
viele.
Und solange die AfD legal ist, signalisieren Gesellschaft und Staat: Sie
nehmen das hin. Dabei wäre ihre ureigenste Aufgabe, ihre grundlegendste
Funktion und ihre vornehmste Pflicht, bedrohte und verletzliche Menschen zu
schützen.
Das Grundgesetz stuft „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem
Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische
Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen“ [4][als
verfassungswidrig ein]. Das ziele darauf ab, erinnert der kluge
Petitionstext des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“, „nach der Maxime
‚Wehret den Anfängen‘ frühzeitig die Möglichkeit des Vorgehens gegen
verfassungsfeindliche Parteien zu eröffnen“.
## Die AfD verbreitet Angst und Schrecken
Für [5][frühzeitig ist es zwar zu spät]. Ein Verbot täte aber ringend not –
gerade im Lichte des Alltags, mit den sich brutalisierenden Übergriffen und
angesichts der Sorgen jener Bürger*innen, die wissen: Sie passen ins
Feindbild der Rechten.
Und nein, es ist kein Argument dagegen, dass die AfD inzwischen fast
regelhaft in Umfragen die höchsten Zustimmungswerte erhält; im Gegenteil:
Ab 1932 war [6][in fast allen Wahlen reichsweit die NSDAP klar die stärkste
Kraft]. Sie zu verbieten, hätte nicht nur die Republik gerettet. Es hätte
verhindert, was nie wieder gutzumachen ist.
Wenigstens den 128 Abgeordneten des niedersächsischen Landtags, von denen
gehofft werden darf, dass ihnen Demokratie wichtig ist, sollte das klar
sein. Gut, dass die Petition sie daran erinnert, was sie tun müssen, um sie
zu verteidigen.
Hinweis: In der ursprünglichen Version war dem Ersten Kreisrat von Gifhorn
fälschlich eine Parteizugehörigkeit zugeschrieben worden. Wir bitten den
Fehler zu entschuldigen, d.Red.
26 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.navo.niedersachsen.de/navo2/portal/nipetition/0/publicviewpetition?id=156
(DIR) [2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/afd-verbot-bremen-buergerschaft-100.html
(DIR) [3] /Rechter-Angriff-auf-Jugendhaus/!6126204
(DIR) [4] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_21.html
(DIR) [5] https://www.kurt-nelhiebel.de/gegen-vergessen/rechtsextremismus/
(DIR) [6] https://www.wahlen-in-deutschland.de/awrtw.htm
## AUTOREN
(DIR) Benno Schirrmeister
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