# taz.de -- Dieter Bohlen beim Crash-Propheten: Meltdown statt Goldene Schallplatte
       
       > Dieter Bohlen wirbt für einen verschwörungsideologischen Youtuber. Es
       > geht darum, gutgläubige Menschen zu verunsichern und ihnen Gold zu
       > verkaufen.
       
 (IMG) Bild: Der Stargast bei einem Webinar von Kettner Edelmetall: „Pop-Titan“ Dieter Bohlen
       
       Viel wurde von interessierter Seite (vor allem: Nius und AfD) zu den
       „Vorschlägen“ des nicht gerade als Politikwissenschaftler bekannten
       Pop-Gurus Dieter Bohlen geschrieben, als dieser letzte Woche mal eben das
       Ende der Brandmauer zur extrem rechten AfD forderte, prorussische
       Propaganda verbreitete und von „Woke-Scheiß“ fabulierte.
       
       Weniger beachtet blieb dabei, wo er das tat: beim [1][Crash-Propheten
       Dominik Kettner von „Kettner Edelmetall“], einem Youtube-Kanal, der
       facettenreich und verschwörungsideologisch vom bevorstehenden Kollaps der
       Bundesrepublik schwurbelt. [2][Das Geschäftsmodell ist einfach]:
       gutgläubige Menschen verunsichern und ihnen vermeintlich krisensicheres
       Gold verkaufen.
       
       Mit Bohlens jüngstem Meltdown (auch seiner goldenen Schallplatten?) schlägt
       der Kanal hohe Wellen, und damit nicht genug: Der „Pop-Titan“ ist am
       Mittwoch bei einem Webinar von Kettner Edelmetall der Stargast und reiht
       sich dort ein in eine Phalanx zur „finanziellen Selbstverteidigung“, macht
       jetzt also offenbar auch werbewirksam in Gold.
       
       Welche Überlegungen zu dem Titel des Seminars führten, ist nur eine von
       mehreren Fragen, die das Führungsduo des Goldhändlers, Jürgen A. Kettner
       und Dominik Kettner, der taz nicht beantworten möchte. Der „größten
       Edelmetallhändler Europas“ aus dem „Ländle“, so die Selbstbeschreibung,
       lässt auch offen, wer hier wen angreift oder was wie verteidigt werden
       muss.
       
       ## Bohlen: Bei Vermögensteuer „in sechs Stunden weg“
       
       Bohlen, bekannt als Jurymitglied von „Deutschland sucht den Superstar“ und
       Ex-Mitglied des Euro-Dance-Schlager-Duos Modern Talking, redet wiederum
       gerne und grundsätzlich. Im Video auf dem Kettner-Youtube-Kanal legte
       Bohlen dar, er sei „kein Freund“ der AfD sei, aber die Partei als
       „Faschisten“ zu schmähen, ginge auch nicht. Die Brandmauer sei letztlich
       undemokratisch, da „26 Prozent (…) nicht mitmachen“ dürften, behauptet er.
       
       Wirtschaftliche Kompetenz spricht er den „deutschen Politikern“ ab und lobt
       dafür unreflektiert Donald Trump. Der US-Präsident habe ein
       „wirtschaftliches Empfinden“ – „par excellence“. Marktradikal klingt er
       auch, wenn er feststellt, dass „unser Sozialstaat jenseits von Gut und
       Böse“ sei. Das Leistungsprinzip gelte nicht mehr, stattdessen müssten „wir
       alle anpacken. Wir müssen arbeiten wie die Galeerensträflinge.“
       
       Bis Dienstag wurde das Gespräch rund 900.000-mal aufgerufen und erhielt
       49.000 Likes. Das Interview wirkt letztlich wie eine stumpfe Werbung für
       das Webinar: „So ehrlich und unzensiert wie nie“ wird Bohlen vorgestellt,
       der sich auch zu Steuern positioniert: „Wenn jetzt irgendwie wirklich
       Vermögensteuer kommt, dann bin ich in sechs Stunden weg“. Er wisse aber
       auch, warum „Deutsche“ Deutschland verlassen: „Die guten Leute, wie ich,
       wir haben Optionen. Die ganze Welt sucht Leute, die was drauf haben … Aber
       wir hauen denen eigentlich immer nur in die Fresse“, so der 71-jährige
       Pop-Rentner. Wenig überraschend empfiehlt Bohlen dann, in Gold anzulegen.
       
       ## Unseriöse Goldverkäufer
       
       Kritische Fragen gibt es im Interview von Dominik Kettner keine. Das zeigt
       einmal mehr, wo das Unternehmen mit „knapp 40 Mitarbeitern“ und Sitz in
       Villingen-Schwenningen politisch steht. In ihrem Magazin, das auf der
       Webseite steht, beklagt Kettner, dass „Bargeld“ aussterbe und der Staat die
       „Bürger“ mit Gebühren abzocke, Demokratie-Bundesprojekte „Linksextreme“
       finanzierten und „Zensur“ bestehe. Sie fordern auf, dem Staat zu misstrauen
       und die „Antifa“ zu verbieten.
       
       Diese Verquickung antidemokratischer und marktradikaler Inhalte ist keine
       Überraschung: Seit Jahren heben Soziolog- und Politolog*innen hervor,
       dass neoliberale Wirtschaftskonzepte mit autoritären Gesellschaftsvisionen
       verschränkt sind.
       
       Das lässt sich auch an den weiteren Referent*innen für das
       Online-Webinar ablesen. Denn mit ökonomischer Kompetenz fielen Werner
       Patzelt, Peter Hahne und Gloria von Thurn und Taxis bisher eher wenig auf,
       dafür aber mit starken politischen Interventionen. Patzelt forderte schon
       2018, dass die CDU mit der AfD zusammenarbeiten solle, „um sich nicht von
       den Parteien links von der CDU erpressbar zu machen“. Der emeritierte
       Professor für Politik war bis vor Kurzem Forschungsdirektor des [3][Mathias
       Corvinus Collegium], eine dem ungarischen Autokraten Viktor Orbán
       nahestehende Denkfabrik.
       
       ## Eng im ultrakonservativen Christentum verankert
       
       Die Unfähigkeit der Politiker*innen im Allgemeinen und die
       Unannehmlichkeiten durch die „Gutmenschen“ beklagt auch Hahne schon lange.
       Mit dem Mantra, dass er sein „Zigeunerschnitzel“ auch weiter genau so
       bezeichnen möchte, landet der ehemalige ZDF-Moderator einen
       Spiegel-Bestseller nach dem nächsten. Die Titel sind Programm: „Seid ihr
       noch ganz bei Trost! Schluss mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror“ oder
       „Ist das euer Ernst?! Aufstand gegen Idiotie und Ideologie“.
       
       Und von Thurn und Taxis beklagt Abtreibungen als „Kultur des Todes und des
       Tötens“ und „gleichgeschlechtliche Ehe“ als „Verwirrung“. Die Fürstin,
       welche die „westliche Ideologie“ von Liberalität und Diversität als Gefahr
       für das „natürliche Leben“ sieht, ist eng im ultrakonservativen Christentum
       verankert.
       
       Auch die Edelmetallhändler gelten [4][als ökonomisch unseriös]. Bleibt noch
       die Frage, wie viele Leute auf die Geschäftspraxis hereinfallen: Mit wie
       vielen Gästen Kettner zu seinem Webinar rechnet, ist auch eine der Fragen,
       die unbeantwortet blieb. Auf ihrer Website werben sie mit angeblich „mehr
       als 200.000 zufriedenen Kunden“. Dank Bohlen dürften es nun ein paar mehr
       werden.
       
       25 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.fr.de/politik/crashprophet-trifft-poptitan-dieter-bohlen-wirbt-fuer-zwielichtigen-verschwoerungstheoretiker-zr-94041540.html
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=MNiIWyAxP7Q
 (DIR) [3] /Partner-der-Konrad-Adenauer-Stiftung/!5933797
 (DIR) [4] https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/gold-wie-ein-goldhaendler-mit-verschwoerungstheorien-geld-verdient-01/100093250.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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