# taz.de -- Zukunft des SEZ: Der Traum vom „SEZ Komplett“
> Lässt sich das ehemalige Sport- und Erholungszentrum SEZ doch noch
> retten? Auf jeden Fall, befanden seine Fans bei einem Treffen im Café
> Sibylle.
(IMG) Bild: Ein „Spaßbad“ war das SEZ laut seinen Fans nie. Seit der Schließung ist es jedenfalls definitiv vorbei mit Spaß
Rund 80 meist ältere Menschen drängten sich am Freitagabend auf Einladung
der Bürgerinitiative „SEZ für alle!“ in das traditionsreiche Café Sibylle
an der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain. Auf der Schaufensterscheibe
prangte das Motto der Veranstaltung: „SEZ retten“. Die meisten
Interessierten dürften als Kind oder junge Erwachsene selbst [1][im
einstigen „Sport- und Erholungszentrum“ an der Landsberger Allee]
geplanscht oder Sport getrieben haben.
Im Verlauf der zweieinhalbstündigen Podiumsdiskussion holte die umtriebige
Moderatorin Danuta Schmidt nacheinander ganze zehn geladene Gäste auf die
Bühne. Kontroversen waren eher nicht zu erwarten, und tatsächlich blieben
sie aus: Alle waren sich mit dem Publikum einig, dass das SEZ erhalten
bleiben muss.
So überraschte es auch kaum, dass der ebenfalls geladene Bausenator
Christian Gaebler (SPD) und der ihm unterstellte Landeskonservator
Christoph Rauhut der Veranstaltung fernblieben. An den Wänden hingen bunte
Fotos vom SEZ, Aktive trugen „SEZ für alle!“-Anstecker und sammelten
Unterschriften für ihre Petition „Das SEZ sanieren und als Sport- und
Freizeitfläche für alle wiedereröffnen“, die bereits über 13.000 Menschen
unterschrieben haben.
„Das SEZ war immer ein Mega-Highlight“, setzte Susanne Lorenz von der BI
gleich zu Beginn den Ton. Das Zentrum sei Teil einer sozialen
Infrastruktur, über dessen Zukunft alle gemeinsam entscheiden sollten, doch
der Senat habe von Anfang an versucht, das Gebäude loszuwerden.
## Vergleichbar mit dem Palast der Republik
Das 1981 eröffnete Sport- und Erholungszentrum zog die Massen an und war
weit mehr als ein Spaßbad: Neben Eislaufen und Wellenbaden gab es auch
zahlreiche Sportveranstaltungen, Unterhaltungsshows, Theater und Konzerte.
Viermal im Jahr fand das Event „SEZ Komplett“ mit bis zu 15.000
Besucher*innen statt. Die gesellschaftliche Bedeutung des SEZ in der
DDR war der des abgerissenen Palasts der Republik durchaus vergleichbar.
Nach der Wende sanken die Besucherzahlen. Der nun zuständige Berliner Senat
stellte notwendige Sanierungsmaßnahmen zurück, die Sportstätten und
Veranstaltungen wurden nach und nach eingestellt. 2002 wurde das SEZ
geschlossen und ein Jahr später für einen Euro an einen Investor verkauft.
Als dieser der Auflage nicht nachkam, den Bäderbetrieb und weitere
Teilbereiche wiederzueröffnen, und stattdessen plante, den Komplex
abzureißen, wurde er per Gericht zur Rückgabe gezwungen. Seit Oktober 2024
ist das SEZ wieder in der Landeshand.
Dennoch sieht es für eine Wiedereröffnung nicht gut aus: Auch der Senat hat
schon 2016 per Bebauungsplan festgelegt, den Komplex abzureißen und
stattdessen ein Stadtquartier mit über 500 Wohnungen bauen zu lassen. Für
die Umsetzung ist die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM
verantwortlich, die im Sommer einen städtebaulichen Wettbewerb durchführte.
Aus diesem ging ein Entwurf als Sieger hervor, der den Komplettabriss des
SEZ vorsieht.
Im September hat das Landesdenkmalamt zudem nach nur zweimonatiger Prüfung
einen Denkmalschutzstatus für das SEZ abgelehnt. Damit ist für Bausenator
Gaebler der Weg zur Bebauung des Geländes frei. Nach Informationen des
Tagesspiegel hat die WBM inzwischen den Strom abgestellt, sodass wegen
abgestellter Pumpen der Keller voll Wasser läuft. [2][Eine
Machbarkeitsstudie der WBM zur Umsetzung des siegreichen Entwurfs soll im
Dezember vorgestellt werden.]
## „Mein zweites Zuhause“
Das alles beeindruckte die Teilnehmer*innen der Veranstaltung im Café
Sibylle wenig. Die zahlreichen Wortbeiträge bewegten sich zwischen
nostalgischen Erinnerungen und Kampfgeist. „Das SEZ war mein zweites
Zuhause“, sagte Karl-Heinz Wendorff, SPU (Schallplattenunterhalter) und
Moderator von „Medizin nach Noten“, einer beliebten Sportveranstaltung im
SEZ.
Das SEZ sei kein Spaßbad gewesen, betonte Gesine Lötzsch (Linke). Der
Schutz der kulturellen Substanz stehe im Einheitsvertrag, so die
Politikerin, der Abriss sei politisch gewollt. „Man will Olympia und
schließt das SEZ“, kritisierte sie, dabei ginge es doch darum, was eine
Stadt ihren Bürger*innen biete. „Das SEZ ist eine soziale Infrastruktur
mitten in der Stadt“, sekundierte Karl von der Initiative Gemeingut. Es sei
ein verbindendes Element und könne mehrere Bezirke mit Sport und Erholung
versorgen: „Das Geld für das SEZ ist da!“ Applaus.
Die Entscheidung, das SEZ wie auch den Palast der Republik nicht unter
Denkmalschutz zu stellen, sei ungerecht gewesen, befand Theresa Keilhacker,
ehemalige Präsidentin der Architektenkammer Berlin. „Alle Fachleute, die da
drauf schauen, sind der Meinung, dass das SEZ erhalten bleiben sollte“, so
die Expertin. Die Initiative habe viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht, lobte
sie, und dürfe nicht nachlassen: „Wir kämpfen weiter.“
[3][Die mögliche Variante eines Teilerhalts mit Wohnungsbau] wurde zwar
erwähnt, aber nicht weiter diskutiert. Die meisten wünschten sich eine
Wiedereröffnung des guten, alten SEZ. Unerwähnt blieb dabei, dass es nach
der Wiedervereinigung an Anziehungskraft verloren hatte und dass ein Besuch
unter kapitalistischen Verwertungsgesichtspunkten für viele schlicht nicht
mehr bezahlbar wäre.
Vorschläge, wie das SEZ zu retten sei, gab es dennoch reichlich: Die
Initiative Gemeingut plant einen sechsten Runden Tisch im Januar, bei dem
sie sich angesichts des nahenden Wahlkampfs ein Statement von allen
demokratischen Parteien erhofft. Bereits am 5. Dezember beteiligt sich das
Bündnis am „lebendigen Adventskalender“ mit einer Kundgebung vor dem SEZ.
Zudem gibt es die Möglichkeit, die Petition zu unterschreiben und
Postkarten an Senator Gaebler und Konservator Rauhut zu schreiben. „Es geht
um Optimismus, positive Energie und Engagement für eine Sache“, fasste
Moderatorin Schmidt zusammen. Immerhin das wurde an diesem Abend erreicht.
23 Nov 2025
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(DIR) Darius Ossami
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