# taz.de -- Karlsruher Beschluss zu Rundfunkfreiheit: Durchsuchung bei Redakteur war verfassungswidrig
> Wegen eines Links ist die Wohnung eines Redakteurs des linken Radios
> Dreyeckland durchsucht worden. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet
> das nun.
(IMG) Bild: Radio Dreyeckland: Der Sender in Freiburg ist das älteste freie Radio Deutschlands
Die Wohnungsdurchsuchung bei dem Freiburger Journalisten Fabian Kienert hat
die Rundfunkfreiheit verletzt. Das entschied jetzt das
Bundesverfassungsgericht in einem noch nicht veröffentlichten Beschluss,
der der taz bereits vorliegt. Die Wohnung eines Journalisten dürfe nicht
aufgrund eines vagen Verdachts durchsucht werden.
Kienert ist Redakteur des [1][links-alternativen Freiburger Senders Radio
Dreyeckland (RDL)]. Im Juli 2022 hatte Kienert auf der RDL-Webseite
[2][einen kurzen Artikel] veröffentlicht, in dem es um die seit 2017
verbotene linksradikale Agitationsplattform [3][linksunten.indymedia] ging.
Der Text endet mit dem lapidaren Satz: „Im Internet findet sich
linksunten.indymedia.org als Archivseite.“ Dabei war die Archivseite auch
verlinkt.
Wegen dieses Links ließ die Staatsanwaltschaft Karlsruhe im Januar 2023
Kienerts Wohnung durchsuchen und erhob im April 2023 Anklage gegen ihn.
Kienert habe durch den Link die Fortführung der verbotenen Vereinigung
linksunten.indymedia unterstützt, was laut Paragraf 85 des
Strafgesetzbuches strafbar ist. Das Oberlandesgericht Stuttgart billigte im
Juni 2023 die Durchsuchung.
Kienert drohten bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.
[4][Doch das Landgericht Karlsruhe sprach Kienert im Juni 2024 in vollem
Umfang frei]. Weder sei die Fortexistenz von linksunten.indymedia
nachweisbar, noch sei ein bloßer Servicelink eine strafbare Unterstützung.
## Keine plausiblen Gründe für die Durchsuchung
Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ging es nun im Kern um die
Wohnungsdurchsuchung vom Januar 2023. Die Karlsruher Richter:innen
stellten klar, dass auch die Durchsuchung der Privatwohnung eines
Redakteurs ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit sein kann, zum Beispiel,
wenn der Redakteur dort seinen beruflich genutzten Laptop aufbewahrt, wie
es Kienert tat. Auch die Durchsuchung der Privatwohnung eines Journalisten
könne einschüchternde Wirkung haben.
Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt gewesen, so der BVerfG-Beschluss,
denn es habe keine plausiblen Gründe für die Durchsuchung gegeben. Die
bloße Existenz der seit Jahren nicht mehr aktualisierten Archivwebseite
reiche nicht für die Annahme, dass die Vereinigung, die die Plattform einst
betrieb, noch besteht. So sei bereits unklar gewesen, wer die Archivseite
überhaupt eingerichtet hatte. Die Rundfunkfreiheit schütze davor, dass
Radio-Redakteur:innen aufgrund vager Vermutungen strafverfolgt werden.
[5][Zur praktisch relevanten Frage, ob schon das bloße Setzen eines Links
als strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung gelten kann],
sagten die Verfassungsrichter:innen leider nichts.
„Ich hoffe, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu
beiträgt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft künftig weniger leichtfertig
mit Grundrechten umgehen“, erklärte RDL-Redakteur Kienert nach Erhalt des
Beschlusses. (Az.: 1 BvR 259/24)
Transparenzhinweis: Der Autor ist rechtspolitischer Korrespondent der taz
und produziert bei Radio Dreyeckland die Musiksendung „[6][Keine Heimat
(Euro-Folk)]“
19 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Freiburger-Radiosender/!5972923
(DIR) [2] https://rdl.de/beitrag/ermittlungsverfahren-nach-indymedia-linksunten-verbot-wegen-bildung-krimineller
(DIR) [3] /Indymedia/!t5011032
(DIR) [4] /Urteil-fuer-Radio-Dreyeckland/!6012022
(DIR) [5] /Prozess-Radio-Dreyeckland/!6004964
(DIR) [6] http://www.keine-heimat.de/
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
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