# taz.de -- Lesung von Alexandra Kleeman: Einer postkapitalistischen Welt entgegenschreiben
> Die US-Autorin Alexandra Kleeman gab in der American Academy Berlin einen
> Einblick in ihren Roman „The Taxon Cycle“. Ist das noch Quasi-Utopie oder
> schon Eutopie?
(IMG) Bild: Alexandra Kleeman: zeigen, dass Alternativen existieren
Wer einer postkapitalistischen Welt entgegenschreiben möchte, könnte wie
Alexandra Kleeman bei der Skorbut beginnen. Eine Krankheit der
Kolonialzeit, deren einfache Heilung durch Vitamin C vergessen und
wiederentdeckt wurde. Für die Schriftstellerin, die sonst an der Cornell
Universität in Ithaca/Upstate New York lehrt und derzeit Stipendiatin an
der American Academy in Berlin ist, wird dieser Rhythmus aus Wissen,
Verlust und Rekonstruktion zur Metapher für unsere Gegenwart. Auch wir
haben verlernt, uns das Ende des Kapitalismus vorzustellen.
Kleemans Romanprojekt „The Taxon Cycle“ bewegt sich durch Zeiten und Räume,
in denen Gesellschaften ökonomische Transformationen erproben. In der
[1][American Academy] gab sie am Dienstag Einblick in ihre Überlegungen.
Vergangenheit und Zukunft greifen ineinander, reale Praktiken stehen neben
fiktionalen Möglichkeiten. Ihr Ansatz: zeigen, dass Alternativen
existieren. Sie sucht nach einer Sprache jenseits der immergleichen
Kapitalismuskritik.
Gerade deshalb irritiert das Attribut der Quasi-Utopie, mit dem sie den
Roman versieht, wirkt es doch wie eine Verlegenheitsvokabel für
Gegenwartskritik. Wortgeschichtlich ein Nicht-Ort, verlagert die Utopie das
Wünschbare in ferne Zeiten, um sich nicht der Sentimentalität auszusetzen,
[2][die leicht in Zynismus kippt,] oder der Theorie, die sich in Fiktion
erschöpft. Die Utopie markiert das Mögliche als Jenseitiges und schafft
damit erst den Abstand zwischen Realität und Ideal. Dabei zeigt Kleeman
eigentlich Ansätze des Möglichen.
Die Inseln, die sie in ihrem Roman entstehen lässt, sind keine fernen
Projektionsflächen. Was sie entwirft, ist weniger Utopie als Eutopie: ein
besserer Ort, kein unmöglicher. Es gibt keinen Anlass zu rhetorischem
Sicherheitsabstand. Ihr Romanzyklus zeigt, dass das Mögliche schon da ist.
Nur die Utopie tut so, als läge es außerhalb der Wirklichkeit.
20 Nov 2025
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