# taz.de -- Stimme aus Venezuela: Wo Ökosozialismus draufsteht, ist Umweltzerstörung drin
       
       > Die venezolanische Regierung verliert gern Worte über Mutter Erde. Aber
       > tatsächlich unterstützt sie weiter Bergbau und Ölförderung.
       
 (IMG) Bild: Überschüssiges Gas wird am Industriepark für Erdöl und Petrochemie „Jose Antonio Anzoategui“ verbrannt, Venezuela, am 8. März 2022
       
       Die UN-Klimakonferenz findet dieses Jahr in Belém statt, einer
       brasilianischen Millionenstadt im Amazonas-Regenwald. Die taz Panter
       Stiftung hat zu diesem Anlass zehn Journalist*innen aus allen acht
       Staaten in Amazonien nach Berlin eingeladen, um sich zu vernetzen, an
       Seminaren teilzunehmen und voneinander zu lernen. In der Kolumne „Stimmen
       aus Amazonien“ berichten sie davon, wie sie und ihre Landsleute auf den
       Gipfel in Belém blicken. 
       
       Venezuela hat 2021 sein Klimaziel vorgelegt: Bis 2030 will das Land seine
       Treibhausgasemissionen um 20 Prozent reduzieren – aber nicht verglichen mit
       einem konkreten Jahr, sondern mit einem Szenario ohne
       Klimaschutz-Maßnahmen. Der Schwerpunkt liegt darauf, Gasflaring zu
       vermeiden – das Abfackeln von Gas bei der Ölförderung. Seit 2021 hat das
       Land jedoch keine Aktualisierungen oder Berichte vorgelegt. Während die
       internationale Gemeinschaft über Fortschritte diskutiert und
       Klimafinanzierung koordiniert, behält Venezuela einen ideologischen Ansatz
       bei.
       
       In den letzten Jahren hat Venezuela sich lieber politisch positioniert,
       statt über technische Themen wie Finanzierung, Anpassungsmechanismen oder
       Kohlenstoffmärkte zu diskutieren. Das hat dazu geführt, dass das Land
       klimapolitisch hinter lateinamerikanischen Volkswirtschaften wie Kolumbien,
       Chile oder Mexiko zurückgefallen ist, die in ihren
       Dekarbonisierungsprozessen Fortschritte machen.
       
       Der offiziellen Darstellung der Regierung zufolge sind es jedoch Sanktionen
       und Druck von außen, die es Venezuela erschweren, seine Ziele zu
       aktualisieren und das Land in multilaterale Mechanismen einzubinden.
       
       Während einer Vorbereitungskonferenz zum UN-Klimagipfel bekräftigte die
       venezolanische Delegation unter der Leitung des Ministers für
       Ökosozialismus, Ricardo Molina, diese Haltung. Er prangerte an, dass es
       „grüner Kolonialismus“ sei, Klimaschutz mit Regeln und Sanktionen
       durchzusetzen. Entscheidungen über CO₂-Ausstoß fielen „in die
       ausschließliche Zuständigkeit der einzelnen Staaten“.
       
       ## Die Rhetorik verträgt sich nicht mit der Realität
       
       Diese Haltung spiegelte sich auch auf einem Ministertreffen Lateinamerikas
       und der Karibik zur Umsetzung regionaler Klimaschutzmaßnahmen wider. Obwohl
       Venezuela die Erklärung unterzeichnete, fügte es eine Fußnote hinzu: „Wir
       sind der Ansicht, dass der Verweis auf fossile Brennstoffe zu Maßnahmen
       führen kann, die [1][in die Souveränität einzelner Staaten eingreift]“,
       heißt es in dem Dokument.
       
       Diese Distanz zum regionalen Konsens wird ergänzt durch eine Erzählung von
       „unterschiedlicher“ Verantwortung, Ökosozialismus und der [2][Verteidigung
       der Natur]. Die Rhetorik der Klimagerechtigkeit, die Venezuela seit der
       UN-Klimakonferenz 2021 vertritt, steht jedoch im Widerspruch zur Realität:
       Das Land legt keine Anpassungsberichte vor, berichtet nicht über seine
       CO₂-Emissionen und hält an Vorhaben wie [3][dem Bergbau in Amazonien] und
       der Wiederbelebung der Ölförderung fest, die dem Klimaschutz zuwiderlaufen.
       
       Dennoch beharrt die Regierung auf ihrem „ökosozialistischen Plan“, den Plan
       de la Patria 2025, der Nachhaltigkeit verspricht, ohne auf fossile
       Brennstoffe als Motor der Entwicklung zu verzichten.
       
       Während Lateinamerika gemeinsame Positionen vereinbart und Brasilien die
       Umweltpolitik global vorantreibt, bleibt Venezuela außen vor. Die Frage
       ist, ob das Land in Belém den Klimadiskurs weiter als Angriff auf seine
       Souveränität begreift oder ob es sich dem Prozess anschließt, der – mit
       oder ohne die Stimme Venezuelas – die Zukunft der Region bestimmen wird.
       
       20 Nov 2025
       
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 (DIR) Liliana Rivas
       
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