# taz.de -- Parlamentswahl im Irak: Der Balancekünstler
       
       > Der aktuelle Regierungschef Mohammed Schia al-Sudani gewinnt die Wahl im
       > Irak. Er gilt als gekonnter Vermittler zwischen Milizen und
       > US-Interessen.
       
 (IMG) Bild: Neuer alter Wahlsieger: der irakische Premierminister Mohammed Schia al-Sudani
       
       „Keine Seite kann den Irak in den Krieg ziehen“, ist der Satz, der Mohammed
       Schia al-Sudanis Amtszeit prägt. Er wurde vor drei Jahren durch einen
       Parlamentsblock pro-iranischer schiitischer Parteien zum Regierungschef
       gewählt. Dann kamen der 7. Oktober, der Krieg Israels gegen den Iran und
       die Hisbollah im Libanon, der Fall des Assad-Regimes in Syrien. Al-Sudani
       navigierte die Umbrüche in der Region, ohne den Irak mit hineinzuziehen.
       
       Al-Sudani ist gelernter Ingenieur. Er lebte sein ganzes Leben im Irak, auch
       unter Diktator Saddam Hussein. Nach dessen Sturz 2003 begann al-Sudanis
       politische Karriere. Erst im öffentlichen Dienst, darunter als
       Bürgermeister in der Stadt Amarah. Er war für drei Amtszeiten
       Parlamentsabgeordneter (2014–2021) und von 2014 bis 2018 Minister für
       Arbeit und Soziales sowie Finanzminister. Von 2010 bis 2014 war er Minister
       für Menschenrechte.
       
       Seine erste Amtszeit trat al-Sudani mit einem großen Versprechen an: „Die
       Bekämpfung der Korruption wird ganz oben auf der Prioritätenliste stehen“,
       [1][sagte er]. Er ernannte [2][Taif Sami] zur Finanzministerin. Die
       langjährige Beamtin wird als unerbittliche Bürokratin im Kampf gegen
       Korruption beschrieben.
       
       Unter al-Sudani gab es mehrere [3][Korruptions-Verurteilungen], darunter
       gegen ehemalige Provinzgouverneure oder Beamte auf mittlerer Ebene. Die
       einflussreiche politische Elite blieb aber verschont. Kritik erntete
       al-Sudani dafür, wie er mit dem „Jahrhundert-Raub“ umging. Kurz vor seiner
       Amtszeit wurde bekannt, dass der Finanzminister sowie hochrangige Beamte
       der Steuerbehörde umgerechnet mehr als zwei Milliarden Euro in bar aus der
       Zentralbank gestohlen hatten. Drei Verantwortliche wurden verurteilt, aber
       gegen eine geringe Kaution wieder entlassen. Al-Sudani feierte den Deal als
       Erfolg und behauptete, eine Rückzahlung von rund einer Milliarde Euro sei
       zugesagt worden.
       
       Al-Sudani versucht, sein Land zwischen dem Einfluss der USA und dem Iran zu
       balancieren. Zum Beispiel beim Thema militärische Präsenz: Pro-iranische
       Milizen wolle einen Truppenabzug der rund 2.500 US-Soldaten aus dem Irak.
       Washington wiederum fordert die Entwaffnung der Milizen. „Wenn die
       Situation so weitergeht wie bisher, sitze ich im Palast, während
       Botschaften angegriffen werden und unkontrolliert Waffen im Umlauf sind.
       Dann sehe ich keinen Sinn mehr in diesem Amt“, [4][sagte] al-Sudani dem
       kurdischen Sender Rudaw vor der Wahl. „Die Regierung muss diese Situation
       lösen.“
       
       Zwei Militärbasen in Erbil und Ain al-Assad in den kurdischen autonomen
       Gebieten sind übrig geblieben von der US-geführten globalen Koalition gegen
       die Terrororganisation „Islamischer Staat“.
       
       „Die bewaffneten Gruppierungen glauben, dass die Präsenz von 86 Ländern in
       der sogenannten globalen Koalition einer Besatzung gleichkommt“, sagte
       al-Sudani. Er selbst sehe die anfängliche Hilfe als beendet: „Wir wollen
       keine ausländischen Einflüsse im Land, damit es keinen Vorwand für
       irgendeine interne oder externe Partei gibt, den Irak in Konflikte zu
       stürzen.“ Al-Sudani übt aber auch Druck auf die bewaffneten
       nichtstaatlichen Milizen aus: „Erlauben Sie uns als Regierung, das Problem
       zu lösen. Sie können es nicht auf ihre Weise lösen, das unterminiert die
       Existenz des Staates.“
       
       Washington machte er kürzlich eine Ansage: Ende Oktober [5][entbrannte
       Streit] über den Einfluss der Milizen. Das US-Außenministerium hatte einige
       der Gruppen auf die US-Terrorliste gesetzt und öffentlich Druck aufgebaut,
       der Irak müsse diese entwaffnen. Al-Sudani ermahnte die USA, diese müssten
       die Souveränität des Irak wahren. Dennoch wünsche er sich
       selbstverständlich Zusammenarbeit: „Unsere Rüstung ist amerikanisch. Wir
       unterhalten Beziehungen zu europäischen Ländern wie Frankreich und
       Großbritannien. Wir werden mit ihnen Sicherheitspartnerschaften eingehen.“
       
       13 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://ina.iq/en/politics/22385-al-sudani-fighting-corruption-will-be-at-the-forefront-of-the-governments-priorities.html
 (DIR) [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Taif_Sami_Mohammed
 (DIR) [3] https://www.rudaw.net/english/opinion/07112023
 (DIR) [4] https://www.facebook.com/reel/835472676099237
 (DIR) [5] https://www.fdd.org/analysis/2025/10/24/iranian-backed-iraqi-militias-in-spotlight-after-secretary-of-state-rubios-call-with-prime-minister-sudani/
       
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 (DIR) Julia Neumann
       
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